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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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früheren Tagen gemacht hatten, wenn seine Frau Arria Silvia ihn ausgesperrt hatte und ich ihm helfen musste, in sein Bett zu kommen. Wenn es keine dieser Nächte war, in denen wir einfach auf der Straße umgekippt waren …
     
    Irgendwo in der Stadt unter uns musste Veleda sein. Schlief sie, warf sie sich fiebernd herum? Oder wurde sie in der Stadt ihrer Feinde von Schlaflosigkeit geplagt, voller Furcht vor dem Augenblick, in dem ihre Götter oder unsere ihr Schicksal enthüllen würden? Sie war aus den endlosen Wäldern, durch die ein selbstgenügsamer Einzelgänger tagelang reiten konnte, ohne auf ein menschliches Wesen zu treffen, in diese wuselnde Metropole gekommen, in der sich niemand jemals mehr als zehn Fuß von anderen Menschen entfernt befand, selbst wenn zwischen ihnen eine Mauer stand. Hier in Rom, ob ihr nun eine Hütte oder ein Palast Schutz bot, würden sowohl Luxus als auch Armut ihre engsten Nachbarn sein. Selbst außerhalb der verrückten Saturnalienzeit überwogen Lärm und Streitigkeiten. Manche Menschen hatten alles, viele hatten nicht genug, um so zu leben, wie sie wollten, ein paar hatten einfach gar nichts. Ihr Kampf ums Leben schuf das, was wir, die wir hier geboren waren, den Charakter unserer Stadt nannten. Wir alle strebten nach Verbesserung oder klammerten uns fest, aus Furcht, dass das, was wir hatten – und damit jede Chance auf Zufriedenheit –, uns entschlüpfen könnte. Das war harte Arbeit und schloss Versagen und Verzweiflung für viel zu viele mit ein, aber für uns bedeutete es Zivilisation.
    Veleda hatte einst versucht, diese Zivilisation zu zerstören. Wenn es den alten germanischen Gardisten gelungen wäre, sie zu finden und als Galionsfigur unter Kontrolle zu halten, hätte sie es vielleicht wieder versuchen können. Möglicherweise brauchte sie die alten Knacker nicht, sondern würde uns allein zu bezwingen versuchen.
    »Was würdest du tun, Lucius, wenn die Barbaren tatsächlich vor den Toren stünden?«
    »Das werden sie.« Lucius Petronius Longus hatte einen Anfall von Verdrießlichkeit. »Nicht in unserer Zeit, nicht in der unserer Kinder, aber sie werden kommen.«
    »Und dann?«
    »Entweder wegrennen oder kämpfen. Die andere Alternative wäre«, meinte Petro und klang wieder wie ein Junge, der an jeder gefährlichen Idee interessiert ist, »selbst einer der Barbaren zu werden.«
    Ich dachte darüber nach. »Das würde dir nicht gefallen. Dafür bist du zu bieder.«
    »Sprich für dich selbst, Falco.«
    Wir blieben noch eine Weile sitzen, die Arme gegen die Kälte verschränkt, lauschten und beobachteten. Um uns herum schlief unsere Stadt, bis auf verzweifelte Seelen, die durch die Schatten schlichen und Unsägliches zu erledigen hatten, oder die letzten furchtlosen Festgäste, die kreischend nach Haus taumelten – wenn sie sich denn erinnern konnten, wo das Zuhause war. Petronius, der zwei Kinder durch eine tödliche Krankheit verloren hatte, wirkte bedrückt. Ich wusste, dass er sie nie vergaß, aber die Saturnalien, dieses verdammte Familienfest, riefen die Erinnerung an Silvana und Tadia am stärksten hervor. Der Dezember war auch nie mein Lieblingsmonat gewesen, doch ich stand ihn irgendwie durch. Er kommt unweigerlich. Wenn man es schafft, ihn zu ertragen, ohne sich umzubringen, folgt darauf der Januar.
    Petronius und ich wussten, wie man darüber hinwegkommt, und das auch ohne Wein. Bei einem Leben voller Aufregung braucht man mal eine Pause. Wir ruhten uns ein wenig aus, hier auf dem Balkon einer heruntergekommenen Wohnung, die so viele Erinnerungen in sich barg. Das hier war ein einsamer Ort, ein schäbiger Ort in einer lauten, halb verfallenen, herzzerreißenden Gegend – mehrere Blocks dreckiger Mietskasernen um einen Haufen betrügerischer Nachbarschaftsläden, ein Ort, an dem freie Männer feststellen, dass Freiheit nur dann etwas wert ist, wenn man Geld hat, und wo Menschen, die erkannten, dass sie nie Bürger werden würden, die Hoffnung vollkommen verloren. Aber in dieser düsteren Hinterhofgegend konnte ein Mann, der sich bedeckt halten musste, von der Welt ignoriert werden. Das war unsere Hoffnung für Justinus. Wir hatten unseren Schatz so unauffällig versteckt, wie es uns möglich war.
     
    Ich stand auf und drückte meine Hände in den schmerzenden Rücken. Es war Zeit zu gehen. Petronius streckte seine langen Beine aus und stieß sich die großen, harten Zehen in den schweren Stiefeln an der Balustrade. Da ich die Miete für diesen

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