Mord nach Liste
wusste nicht genau, was ich sagen sollte.«
Alec ließ Regan nicht aus den Augen. »Warum erzählen Sie mir nicht, was los ist?«
Bevor sie antworten konnte, platzte Henry heraus: »Wir wissen doch überhaupt nichts über diesen Kollegen von Ihnen. Das stimmt doch, Miss Madison, oder?«
»Was soll das auf einmal mit ›Miss Madison‹?«, fragte Regan.
Henry schämte sich. »Ich dachte, ich sollte dich vor der Polizei nicht Regan nennen.«
»Wie wäre es, wenn Sie sich an den Schreibtisch setzen, während ich mit Ihrer Chefin spreche?«, schlug Alec vor.
»Aber ich dachte …«
»Was denn?«, fragte Alec ungeduldig.
»Ich dachte, ich könnte dabei sein, wenn Sie sich das Foto angucken und sagen, ob es echt oder am Computer gemacht ist. Ich halte es für eine Fälschung, aber Regan meint, es wäre echt.«
Alec hatte keinen blassen Schimmer, wovon der junge Mann sprach. »Setzen Sie sich bitte hin«, wiederholte er. »Also, Miss Madison –«
»Nennen Sie mich doch Regan!«
»Gut, also Regan, wie wäre es, wenn Sie mir jetzt mal alles erzählen?«
»Ich habe meine E-Mails gelesen«, begann sie und ging zu ihrem Computer. Der Bildschirm war schwarz, dann bewegte sie die Maus. »Und auf einmal erschien das hier.«
Sie trat zur Seite, damit sie Alec nicht die Sicht versperrte. Er zuckte innerlich zusammen. Das Bild bot keinen schönen Anblick. Regan wandte sich ab, damit sie es nicht noch einmal sehen musste.
»Ich wusste nicht, was ich tun sollte«, sagte sie. »Ich hatte Angst, es abzuspeichern oder weiterzuleiten, weil ich dachte, dass der Absender vielleicht irgendeinen Virus eingebaut hat, so dass es sich selbst zerstört. Deshalb habe ich es einfach so gelassen.«
»Das war klug von Ihnen.«
»Was meinen Sie? Ist es echt oder gefälscht?«
»Es ist echt. Auf jeden Fall.« In Alecs Stimme war keine Spur eines Zweifels.
»Das scheint Sie nicht zu wundern oder zu stören.«
»Ich war früher in der Abteilung Gewaltverbrechen und habe schon öfter Tote gesehen«, erklärte Alec. Er trat näher an den Monitor heran, um das Bild genauer zu betrachten.
»Ja, sicher, aber …« Regan wies auf das Foto. Seine Lässigkeit empörte sie, sie versuchte, sich zusammenzureißen. »Aber er war doch auch Polizist, ein Kollege von Ihnen …« Sie verstummte.
»Ja, das stimmt.«
Soweit Alec über Sweeney Bescheid wusste, war er ein hinterhältiger Dreckskerl gewesen, der meistens alkoholisiert durch die Gegend lief. Außerdem wusste jeder, dass Sweeney sich bestechen ließ und es nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis man ihn geschnappt hätte.
»Kannten Sie ihn gut?«, wollte Regan wissen.
»Nein.«
Sie hoffte, dass das der Grund für seine ungerührte Reaktion auf Sweeneys Ableben war. Wenn nicht, dann besaß Detective Buchanan so viel Mitgefühl wie ein Fisch. Plötzlich war ihr unbehaglich, so nah neben ihm zu stehen, eingezwängt zwischen Schreibtisch und Kredenz. Wenn sie nicht den Rock hochziehen und über den Tisch springen wollte, würde sie warten müssen, bis er sie vorbeiließ. Allerdings roch er heute sehr viel besser. Nach frischer Luft.
Alec trat einen Schritt zurück. »Warum, glauben Sie, haben Sie das Bild bekommen?«
»Keine Ahnung«, antwortete Regan müde. Nachdenklich rieb sie sich die Arme. »Wenn Sie nach oben scrollen, können Sie sehen, dass es von Henrys Computer geschickt wurde, aber das geht ja gar nicht. Irgendjemand hat meine und seine E-Mail-Adresse. Ich habe mir wirklich den Kopf zerbrochen, aber ich verstehe es einfach nicht. Wie geht es nun weiter?«
»Wir brauchen einen Techniker«, erklärte Alec. Er zog sein Handy hervor, entfernte sich von Regan und sprach leise ins Telefon. Anschließend machte er ihr Zeichen, zu ihm zu kommen. Auf der anderen Seite des Zimmers standen zwei Sessel und eine Couch vor dem Fenster, mit Blick auf die Michigan Avenue. Dort saß Regan oft und arbeitete.
»Während wir auf den Techniker warten, könnten Sie mir von Ihrer Beziehung zu Detective Sweeney erzählen.«
»Dafür brauche ich nur fünf Sekunden. Ich hatte keine ›Beziehung‹ zu ihm.«
Allein die Vorstellung war widerlich. Auch wenn man nichts Schlechtes über Tote sagen sollte, war Sweeney doch einer der abscheulichsten Menschen gewesen, die Regan je kennengelernt hatte. Dennoch sollte niemand auf so eine Art und Weise sterben müssen.
»In Ordnung.« Alec lehnte sich ans Fensterbrett, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte: »Dann erzählen Sie mir, woher Sie ihn
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