Mord Nach Maß
Spaziergang zu der Kate hinunter, wo die alte Zigeunerin wohnte. Ich spürte, dass es Ellie nur gut tun konnte, die Alte ihren Kohl anbauen zu sehen. Bisher hatte sie sie nur beim Wahrsagen kennengelernt. Aber wir trafen sie nicht an. Die Kate war verschlossen. Ich fragte eine Nachbarin, ob die Alte gestorben war, aber die schüttelte den Kopf.
»Wahrscheinlich ist sie nur wieder mal auf Achse«, sagte sie. »Das tut sie öfter. Sie ist nämlich eine Zigeunerin, deshalb hält sie’s nie lange in Häusern. Mal ist sie da, mal macht sie sich auf Wanderschaft.« Die Nachbarin tippte sich an die Stirn. »Die hat doch nicht alle Tassen im Schrank.«
Schließlich erkundigte sie sich in schlecht verhehlter Neugier: »Sie sind von dem neuen Haus da oben, nicht wahr?«
»Ganz recht«, sagte ich, »wir sind gestern erst eingezogen.«
»Es muss wunderschön sein«, meinte sie. »Als es gebaut wurde, waren wir alle mal oben und haben es uns angesehen. Was das doch für einen Unterschied macht, so ein Haus wie Ihres statt der düsteren alten Räume.« Verlegen fragte sie Ellie: »Sie kommen aus Amerika, Madam, wie man hört?«
»Ja«, antwortete Ellie, »ich bin Amerikanerin – ich war es vielmehr, denn jetzt bin ich mit einem Engländer verheiratet und Engländerin geworden.«
»Und Sie wollen sich für immer hier niederlassen, ja?«
Wir bestätigten das.
»Na ja, hoffentlich gefällt es Ihnen.« Das klang skeptisch.
»Warum sollte es nicht?«
»Ach, nur so. Es ist halt ein bisschen einsam da oben. Manche Leute halten es nicht lange aus, so allein mit all dem Wald.«
» Gipsy’s Acre« , sagte Ellie.
»Ach, Sie kennen den Namen? Das Haus, das vorher da stand, hieß The Towers, ich weiß auch nicht, warum. Es hatte keinen einzigen Turm, jedenfalls nicht, solange ich’s kannte.«
» The Towers ist mir zu albern«, sagte Ellie. »Wahrscheinlich werden wir es weiterhin Gipsy’s Acre nennen.«
»Darüber müssen wir noch der Post Bescheid geben«, erinnerte ich. »Sonst kriegen wir keine Briefe. Aber vielleicht wäre das gar nicht so übel, was?«
»Na ja, auf jeden Fall gäbe es eine Menge Scherereien. Mit unbezahlten Rechnungen und so. Und außerdem bekomme ich gern Briefe. Ich will wissen, wie Greta so lebt.«
»Ach was, Greta«, sagte ich. »Weiter geht’s mit dem Erforschen.«
So sahen wir uns Kingston Bishop an. Es war ein netter Ort mit sympathischen Leuten in den Läden. Er hatte wahrlich nichts Finsteres an sich. Unser Hauspersonal konnte sich zunächst nicht sehr dafür begeistern, aber wir richteten es so ein, dass ihnen Mietwagen für die Fahrt ins nächste Seebad oder nach Market Chadwell zur Verfügung standen, wenn sie frei hatten. Auch der Standort des Hauses sagte ihnen nicht sonderlich zu, aber nicht, weil sie abergläubisch gewesen wären. Ich setzte Ellie auseinander, dass es in Neubauten schließlich nicht zu spuken pflege.
»Nein«, sagte sie, »am Haus liegt es auch nicht. Es ist draußen. Diese Straße mit ihren Kurven, und dann die dunkle Stelle im Wald, wo damals diese Frau stand und mich so erschreckte.«
»Na ja«, meinte ich, »vielleicht sollten wir nächstes Jahr die Bäume dort fällen und ein paar Rhododendren setzen.«
So machten wir unsere Pläne.
Greta kam uns übers Wochenende besuchen. Das Haus versetzte sie in helle Begeisterung, und sie lobte unsere Einrichtung, die Bilder und Farbzusammenstellungen. Am Montag morgen sagte sie, nun wolle sie die Flitterwöchner nicht länger stören, und außerdem müsse sie wieder zurück in die Sielen.
Ellie hatte es Freude gemacht, Greta das Haus zu zeigen. Wieder wurde mir bewusst, wie sehr sie Greta liebte. Ich bemühte mich, vernünftig und höflich zu sein, aber dennoch atmete ich auf, als Greta nach London zurückfuhr; ihre Anwesenheit im Haus hatte mich belastet.
Nach einigen Wochen waren wir unter die Einheimischen aufgenommen und machten die Bekanntschaft des ungekrönten Königs. Er kam uns eines Nachmittags einfach besuchen. Ellie und ich fochten gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit über den besten Platz für eine Blumenrabatte aus, als unser überkorrekter Diener herauskam und meldete, Major Phillpot säße im Salon. Ich flüsterte Ellie zu: »Der liebe Gott«, und sie erkundigte sich, wie ich das gemeint hätte.
»Na ja, die Einheimischen behandeln ihn so«, erklärte ich.
Also begaben wir uns ins Haus, und da saß Major Phillpot. Er war nichts weiter als ein sympathischer, etwas farbloser Mann um die
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