Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
Vom Netzwerk:
den Raum verließ.
    Ronald schaute ihm skeptisch hinterher. »Du willst dich doch nicht ernsthaft mit diesem Mörder treffen?«
    Â»Nein, ich will keinen engeren Kontakt. Aber ich muss die Geschehnisse aufarbeiten, und ich glaube, die Gespräche mit ihm könnten mir helfen.«
    Ihr alter Schulfreund blickte sie stumm an, bevor er zögerlich sagte: »Ja du hast recht, wir sollten die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorne schauen. Mir ist auch eine gute Idee für die Zukunft eingefallen. Deshalb bin ich hier.«
    Er setzte sich Anna gegenüber und nahm ihre Hände in die seinen. »Ich habe über uns nachgedacht. Heute Morgen glaube ich, Zuneigung von deiner Seite aus gespürt zu haben. Du weißt, Anna, dass ich von einem Leben mit dir träume. Deshalb habe ich mich gleich umgehört. In der Nähe der Talsperre steht ein großes Bauernhaus zum Verkauf, wo wir gemeinsam einziehen könnten. Ich weiß, wie wichtig dir das Leben auf dem Hof …«
    Â»Ronald, Ronald …«, unterbrach ihn Anna. »Das ist lieb von dir. Allerdings ist es zu früh. Ich bin noch nicht bereit.«
    Â»Aber unser Spaziergang heute …«, widersprach Ronald.
    Â»War vielleicht ein zarter Anfang«, ergänzte Anna. »Und du bist noch verheiratet! Wir kennen uns doch gar nicht näher, ich meine, wir kennen uns lange, aber mehr nicht. Gib uns Zeit. Bitte.«
    Â»Anna, ich kenne dich jetzt seit fast 40 Jahren. Wie lange soll ich denn noch warten?«
    Â»Ronald, ich verstehe dich. Ich habe jedoch wirklich keinen Kopf dafür. Es ist in den letzten Tagen so viel passiert.«
    Â»Komm, fahr mit mir zu dem Hof und schau ihn dir wenigsten an. Du wärst alle Geldsorgen los. Und wir gehören zusammen, das fühlst du doch auch?«
    Â»Ich weiß momentan überhaupt nicht, was ich fühle. Das hat nichts mit dir zu tun. Tu mir einen Gefallen, beende erst mal deine Ehe, bevor wir weitersehen, okay?«
    Ronald ließ nicht locker. Er griff in die Innentasche seines Sakkos und holte ein Bündel Papier heraus. »Ich habe ein Geschenk für dich, quasi als Aussicht auf unseren Lebensbund«, sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln und zückte einen Kuli. »Den Kaufvertrag für den Hof.«
    Das war zu viel für Anna. »Komm, lass gut sein. Nimm den Stift und die Papiere wieder mit. Ich brauche wirklich Zeit. Ich möchte vorerst hier bei meinen Tieren bleiben. Auf meinem Hof. Hier gehöre ich hin. Bitte lass mich jetzt alleine.« Sie wollte nur noch ihre Ruhe. Sie musste nachdenken.
    Enttäuscht faltete Ronald den Vertrag zusammen und steckte ihn mitsamt dem Kuli wieder ein. »Bitte denk darüber nach. Mach es uns nicht so schwer. Du weißt, wo du mich findest«, sagte er leise. Dann stand er auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Wohnzimmer.
    Anna schaute ihm hinterher. Wie hatte das passieren können? Hatte sie ihm am Morgen wirklich derart Hoffnung gemacht, dass es diesen Schnellschuss rechtfertigen würde? Nein, Ronald hatte überstürzt gehandelt. Nie und nimmer hatte sie ihm signalisiert, dass sie gleich morgen mit ihm ein gemeinsames Leben anfangen wolle! Sie lehnte sich seufzend in ihrem Sofa zurück. Und dann auch noch die Sache mit Mazcevski! Ihr schwirrte der Kopf. Aber sie hatte keine Zeit zum Nachdenken. Sie hatte Dringliches zu tun. Eine Leiche wartete auf sie!
    Anna zog sich ihren schmutzigen Kittel an, schlüpfte in die mistbeschmierten Gummistiefel und machte sich auf den Weg, den Hügel hinauf. Auf einmal tauchte Mazcevski hinter dem Kuhstall auf und lief ihr entgegen. Mit großen, ungläubigen Augen blickte er Anna an.

    *

    In ihrem Quartier wartete Viktor mit seinen zwei Gehilfen vergebens auf eine Reaktion der türkischen Mafiabande. Mittlerweile war Özlem seit fast 48 Stunden in ihrer Gewalt. Auch der zweite Entführungstag war bereits zur Hälfte verstrichen und Mustafa hatte sie noch immer nicht geregt. Die Zeit schien zu kriechen.
    Viktor starrte abwechselnd auf sein Handy und zur Geisel hinüber. »Wenn er sich nicht bald meldet, müssen wir etwas unternehmen.«
    Er musste diese Täterin unbedingt ausfindig machen. Sollte Boris aus dem Koma erwachen, würde Viktor sie ihm präsentieren. Damit könnte er zu seinem gleichberechtigten Partner in der Organisation aufsteigen. Und wenn sein Boss das Zeitliche segnete, was er hoffte, hätte er als

Weitere Kostenlose Bücher