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Morpheus #2

Morpheus #2

Titel: Morpheus #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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waren oder irgendwann einmal von einem von ihnen verhaftet worden waren. Das beinhaltete Familie, Freunde, Kollegen, Beklagte, Verteidiger, Richter und Ankläger. Auf der erweiterten Liste stand die halbe Menschheit. Zweifellos hatte es C.
    J. in die engere Auswahl geschafft. Selbst falls Lindemans Name nicht in den Cupido-Akten stand, Ribero und Chavez hatten beide offiziell ausgesagt.
    C. J. war am Montag zu Hause geblieben, hatte Telefon und Handy ausgestellt mit der Ausrede, sie müsse ungestört an einem Plädoyer arbeiten. In Wirklichkeit saß sie mit einer Flasche Wein und ei-

    nem Päckchen Zigaretten auf dem Balkon, starrte hinunter auf das plätschernde Wasser und überlegte verzweifelt, was sie tun sollte. Was sie tun konnte. Nach drei Tagen hatte sie immer noch keine Antwort. Denn es war die zentrale Frage, die sie nicht beantworten konnte: Warum tat er das? Warum sollte jemand die drei zum Schweigen bringen wollen? Und was zur Hölle hatte Bruce Angelillo damit zu tun?
    Jerry Tigler war stinksauer, weil C. J. sich weiterhin weigerte, Morpheus zu übernehmen, und Andy Maus, inzwischen aus Tampa zurück, war stinksauer, weil er am Samstagmorgen nicht am Tatort gewesen war und Tigler C. J. immer noch dabeihaben wollte. Dominick war ebenfalls sauer und – was das Schlimmste war – enttäuscht von ihr. Er war der Einzige, der sie durchschaute. Ihn konnte sie nicht täuschen, wenn sie log und behauptete, es sei alles in Ordnung. Das war der Grund, weshalb sie ihm aus dem Weg gehen, seine Anrufe ignorieren musste. Sie schlief, gelinde gesagt, schlecht, denn ihr Kopf machte Überstunden, um Antworten auf die Fragen zu finden, die seit Monaten an ihr nagten.
    Vor drei Jahren hatte sie die Konsequenzen ihrer Entscheidung bewusst in Kauf genommen. Doch auf das hier war sie nicht vorbereitet gewesen.
    Sie war nicht darauf vorbereitet, dass ihre Entscheidung drei Menschen das Leben kosten würde.
    Und noch immer wusste sie nicht, warum. Sie hatte im nassen Sand einen Graben ausgehoben, und jetzt fiel er über ihr zusammen. Begrub sie bei le-bendigem Leib.
    Doch sie konnte sich auch nicht einfach in ihrer Wohnung verschanzen und hoffen, dass die Antworten von allein kämen. Sie hatte einen Schrank voll anderer Fälle, die dringend ihre Aufmerksamkeit erforderten. Anträge, Prozesse, Recherchen, An-klageerhebungen, Voruntersuchungen, erste Anhörungen. Und die Liste wurde immer länger.
    Das Päckchen wartete auf dem Schreibtisch auf sie, als sie am Dienstagmorgen um sieben zur Arbeit erschien, oben auf dem Stapel mit der restlichen Post. Es hatte keinen Absender, doch das bemerkte C. J. erst, nachdem sie das Paketband aufgeschnitten und den Deckel geöffnet hatte.
    Styroporkügelchen verteilten sich auf dem Schreibtisch, als sie in die Schachtel griff. Sie erwartete einen Datenträger oder vielleicht ein Video, das man ihr mit der Hauspost oder vom
    Gericht herüberschickte. Als ihre Finger das kühle, glatte, harte Objekt berührten, war sie einen Moment irritiert. Doch als sie es dann in Händen hielt, erkannte sie es sofort.
    In der Hand hielt sie eine kleine Skulptur, die sie zuletzt vor fünfzehn Jahren gesehen hatte. Es war die kleine Jadeskulptur der drei weisen Affen, die mit großen Augen und gebleckten Zähnen in einer Reihe saßen. Der erste hielt sich die Ohren zu, der zweite die Augen, der dritte den Mund.
    Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.
    Es war eine Botschaft, an sie persönlich adressiert, hier in das Büro geschickt, wo die Verschwörung ihren Lauf genommen hatte. Die Verschwörung, die, jetzt war sie davon überzeugt, drei Männer das Leben gekostet hatte. Und als die fein ge-arbeitete Figur aus ihrer Hand glitt und auf dem Tisch in tausend Teile brach, wusste sie noch etwas anderes.
    Sie war sicher zu wissen, wer ihr die Figur geschickt hatte.

SIEBENUNDDREISSIG

    Im Jahr 1987 hatten ihre Eltern eine Ferienreise in den Fernen Osten gemacht. Ihr Vater wollte einmal auf der Chinesischen Mauer spazieren gegangen sein. Von dieser Reise hatten sie C. J. eine kleine Skulptur mit den drei weisen Affen mitgebracht, die sie in einem Souvenirladen in Peking erstanden hatten. Ihre Mutter hatte gesagt, die Affen würden C. J. Glück bringen.
    Es war eine grüne Jadeskulptur gewesen.
    Sie hatte auf dem Beistelltisch in ihrem Wohnzimmer in Bayside gestanden, damals, während des Jurastudiums. Damals, als sie vierundzwanzig Jahre alt war, bildhübsch, mit vielen Freundinnen und einem «tollen»

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