Mozart - Sein Leben und Schaffen
den roten Mantel aus und schleicht sich selbst ins Haus des Gouverneurs. Als Donna Anna der Täuschung innewird, ruft sie um Hilfe. Ihr Vater vertritt mit gezücktem Degen Don Juan den Weg und fällt von seiner Hand. Auf seiner Flucht hat Ton Juan Zeit, seinem Freunde Mota den roten Mantel wieder zuzuwerfen, so daß dieser für den Mörder gehalten, ins Gefängnis geschleppt und zum Tode verurteilt wird. Inzwischen ist Don Juan mit seinem Diener aufs Land geflohen, wo er sich in die Hochzeit des Bauern Patrizio mit der schönen Aminta eindrängt. Rasch gewinnt er des Mädchens Herz, indem er ihr ein förmliches Eheversprechen gibt mit dem Schwur: »Wird mein Wort je im geringsten falsch befunden, so mag mich eine Leichenhand vernichten.« So fällt ihmauch dieses Weib zum Opfer. Als Don Juan wieder nach Sevilla zurückkehrt, erfährt er, daß die beiden verlassenen Geliebten, die Herzogin Isabella aus Neapel und die schöne Fischerin Tisbea, sich eingefunden haben, um seine Bestrafung zu fordern. Das macht ihm wenig Sorge, und als er auf dem inzwischen dem Komtur errichteten Denkmal die Inschrift liest: »Für erlittenen Schimpf und Spott harrt ein Edler hier auf Rache: den Verräter strafe Gott«, verleitet ihn der Übermut, die Statue am Barte zu zupfen und zu sich zum Abendessen einzuladen, damit sie dort Rache nehme. Schon bei der nächsten Mahlzeit, die Don Juan in seinem Hause einnimmt, erscheint der steinerne Gast. Schweigend sitzt er in der Runde, während die anderen um ihn herum durch verdoppelte Ausgelassenheit ihr inneres Grauen zu betäuben suchen. Als der Komtur mit Don Juan allein ist, ladet er diesen zu sich in seine Grabkapelle zum Abendessen, was Don Juan, wenn auch schaudernd, auf Ritterwort verspricht. Wieder wandelt sich die Szene. Wir sind im Palast des Königs und sehen, wie dieser das Unheil gutzumachen sucht, das Don Juan angerichtet hat. Don Juan soll – man bedenke immer, daß niemand ihn als den Mörder des Gouverneurs ansieht – um der Verdienste seines Vaters willen eine Standeserhöhung erfahren und der Herzogin Isabella sich vermählen. Der Marques de la Mota wird begnadigt und soll Donna Anna die Hand reichen. Dem Don Ottavio wird sein beabsichtigtes Duell mit Don Juan untersagt, doch wirft er sich nun als Beschützer auf für Tisbea und die eben eintreffende Aminta, die auch ihre Rechte auf Don Juan geltend zu machen sucht. Don Juan ist diese Lösung zufrieden; bevor er aber Isabella seine Hand reicht, muß er das der Statue gegebene Wort einlösen. Er tritt also in die Kirche ein, wo der Komtur ihn und den Diener, der ja immer dabei war, zum Essen nötigt. Skorpione und Schlangen sind die Gerichte, essigsaure Galle der Wein, Trauergesänge erschallen als Tafelmusik. Nach der Mahlzeit erfüllt sich das Strafgericht, das Don Juan selbst auf sich herabgerufen hat: eine Totenhand wird ihn bestrafen, umsonst verlangt Don Juan wenigstens nach einem Beichtiger; dieses Verlangen kommt zu spät. Unter der Steinhand brichtDon Juan tot zusammen und versinkt mit der Statue. – Noch einmal werden wir in den Königspalast versetzt, wo nun die gehäuften Greuel Don Juans erst recht klar werden, so daß der König trotz allem beschließt, gegen ihn die weltliche Gerechtigkeit walten zu lassen. Da kommt Don Juans Diener hereingestürzt und berichtet seines Herrn schreckliches Ende. Den Beschluß macht die Regelung der von Don Juan so schmählich gestörten Verhältnisse: Ottavio reicht Isabella die Hand, de la Mota Donna Anna, Patrizio der Aminta und die Tisbea bekommt einen Fischer, der sie seit langem liebte, zum Gatten. So viel vom spanischen Drama. Mit Recht bemerkt J. L. Klein in seiner genialen, wenn auch vollkommen verwilderten »Geschichte des Dramas« (XI, I) an dieser Stelle im Hinblick auf Mozarts Werk: »Wenn das deutsche dramatische Genie nicht in Schiller und Goethe gleich herrlich mit den höchsten dramatischen Spitzen der griechischen, englischen, spanischen, kurz, Allerweltsbühnen gipfeln sollte, so erreicht das deutsche dramatische Genie jene Höhepunkte der dramatischen Kunst in Mozart, wenn er sie nicht überragt.« Denn was ist nicht aus diesem wirren Spiel, bei dem sogar die mächtige Schlußkatastrophe durch die Teilung in zwei Gastmähler abgeschwächt wird, mit all der Häufung von Liederlichkeit, Schwächlichkeit, die dann immer wieder durch herkömmliche Schicklichkeit verdeckt wird, bei Mozart für ein einheitliches, großzügiges, das tiefste Empfinden aufwühlendes
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