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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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berücksichtigte, aber trotzdem so niedlich. »Den kenne ich nicht.«
    »Da gibt es die besten Karamelläpfel, die du dir vorstellen kannst«, schwärmte Sam. »Und diese klebrigen Dinger, ich weiß gar nicht, wie die heißen. Haben wahrscheinlich eine Million Kalorien. Und heiße Schokolade - oh Mann, Grace. Die ist so lecker.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war wie die letzte Idiotin total bezaubert allein von der Art, wie er »Grace« sagte. Dem Tonfall. Wie seine Lippen meinen Namen formten. Der Klang seiner Stimme begann in meinem Kopf wie Musik zu schwingen.
    »Ich hab sogar mal ein Lied über die Trüffel geschrieben, die es da gibt«, gestand er.
    Das brachte mich auf einen anderen Gedanken. »Ich hab dich neulich für meine Mom Gitarre spielen hören. Sie hat mir erzählt, dass das ein Lied für mich war. Warum singst du mir nie was vor?«
    Sam zuckte mit den Schultern.
    Ich sah an ihm vorbei auf die hell erleuchtete Stadt, jedes Gebäude und jede Brücke strahlte tapfer gegen die winterlich frühe Dunkelheit. Wir fuhren Richtung Innenstadt. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal hier gewesen war. »Das wäre so romantisch. Und du würdest ein paar Punkte auf deinem Klischee-auf-zwei-Beinen-Konto gutgeschrieben bekommen.«
    Sam wandte den Blick nicht von der Straße, aber seine Mundwinkel hoben sich. Ich grinste und sah aus dem Fenster, um zu beobachten, wie wir langsam in die Stadt vordrangen. Er sah kein einziges Mal auf die Straßenschilder, als er uns durch die abendlichen Straßen navigierte. Die Straßenlampen, die ihre Lichtstreifen durch die Windschutzscheibe warfen, und die weißen, unterbrochenen Linien der Fahrbahnmarkierung zeugten über und unter uns von der verrinnenden Zeit.
    Schließlich parkte Sam den Wagen am Straßenrand und deutete auf einen warm erleuchteten Laden ein paar Türen von uns entfernt. Er wandte sich zu mir um. »Willkommen im Paradies.«
    Gemeinsam stiegen wir aus dem Auto und legten die kurze Entfernung zum Laden im Laufschritt zurück. Ich wusste nicht, wie viel Grad es waren, aber mein Atem formte eine Wolke vor meinem Gesicht, als wir die Glastür des Süßigkeitenladens aufstießen. Sam huschte hinter mir in das warme gelbe Licht, die Arme um den Körper geschlungen. Das Glöckchen über der Tür bebimmelte noch immer unsere Ankunft, als Sam hinter mich trat und mich umarmte, die Arme vor meinem Bauch verschränkt. »Nicht gucken«, flüsterte er. »Mach die Augen zu und riech einfach. Aber richtig riechen. Ich weiß, du kannst es.«
    Ich lehnte meinen Kopf zurück an seine Schulter, spürte die Wärme seines Körpers an meinem und schloss die Augen. Meine Nase war nur wenige Zentimeter von seinem Hals entfernt, und das war alles, was ich roch. Erdig, wild, üppig.
    »Nicht an mir«, schimpfte er amüsiert.
    »Das ist alles, was ich rieche«, murmelte ich und öffnete die Augen wieder, um ihn anzusehen.
    »Sei nicht so stur.« Sam drehte mich langsam herum, sodass ich den ganzen Laden überblicken konnte. Ich sah Regale voller Dosen mit Plätzchen und Bonbons und dahinter den Schimmer einer gläsernen Süßigkeitentheke. »Versuch es doch wenigstens mal. Es lohnt sich.«
    Seine traurigen Augen flehten mich an, etwas auszuprobieren, was ich jahrelang verdrängt hatte. Mehr als nur verdrängt - etwas, das ich lebendig begraben hatte. Begraben, als ich gedacht hatte, ich sei allein damit. Jetzt aber stand Sam hinter mir, der mich eng an seine Brust drückte, als müsste er mich so aufrecht halten; sein Atem strich mir warm übers Ohr.
    Ich schloss die Augen, blähte meine Nasenflügel und ließ die Gerüche auf mich einströmen. Der stärkste von allen - Karamell und brauner Zucker, ein Duft so gelborange wie die Sonne - kam als erster. Das war einfach. Das würde jeder riechen, der den Laden betrat. Und dann Schokolade natürlich; die dunkle bittere und die zuckrige Milchschokolade. Ich dachte, dass das wohl alles war, was ein normales Mädchen riechen würde, und ein Teil von mir wollte an dieser Stelle aufhören. Doch ich spürte Sams Herzschlag hinter mir und ich ließ es geschehen, zum ersten Mal.
    Pfefferminz kroch mir in die Nase, scharf wie Glas, dann Himbeer, beinahe zu süß, wie überreifes Obst. Apfel, klar und knackig. Nüsse, buttrig, warm, erdig, so wie Sam. Der feine, zarte Duft weißer Schokolade. Mmh, irgendeine Art von Mokka, kräftig und dunkel, sündhaft. Ich seufzte vor Vergnügen, aber da war noch mehr. Die

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