Nachrichten aus Mittelerde
eher ihrem Vater Veantur als ihrem Gatten Meneldur nach.
Der Sohn Meneldurs und Almarians war Anardil, später unter den Königen von Númenor als Tar-Aldarion bekannt. Er hatte zwei jüngere Schwestern: Ailinel und Almiel, von denen die ältere Orchaldor heiratete, einen Abkömmling des Hauses Hador, Sohn Hatholdirs, der Meneldur in enger Freundschaft verbunden war. Der Sohn Orchaldors und Ailinels war Soronto, der später in dieser Geschichte eine Rolle spielen wird. 2
Aldarion, denn so wird er in allen Geschichten genannt, wuchs schnell zu einem großgewachsenen, an Leib und Seele starken und tatkräftigen Mann heran. Er war goldhaarig wie seine Mutter, zum Frohsinn neigend, großzügig, doch stolzer als sein Vater und von jeher stärker seinem eigenen Willen folgend. Von Anfang an liebte er das Meer, und sein Sinn richtete sich auf die Kunst des Schiffbaus. Für das Nordland bezeigte er wenig Neigung und verbrachte alle Zeit, die sein Vater ihm zugestand, an den Meeresküsten, besonders in der Nähe von Rómenna, wo sich der wichtigste Hafen und die größten Schiffswerften Númenors befanden und wo die geschicktesten Schiffbauer sich aufhielten. Viele Jahre lang tat sein Vater wenig, ihn davon abzuhalten, denn es freute ihn, dass Aldarion seine Kühnheit erproben und körperliche und geistige Arbeit kennenlernen konnte.
Aldarion wurde von seinem Großvater Veantur sehr geliebt, und oft wohnte er in dessen Haus auf der Südseite des Fjords von Rómenna. Dieses Haus hatte einen eigenen Anleger, andem immer viele kleine Boote festgemacht hatten, denn Veantur nahm niemals den Landweg, wenn er zu Schiff reisen konnte; dort erlernte Aldarion als Kind das Rudern und später das Segeln. Bevor er ganz erwachsen war, konnte er ein Schiff, das viele Seeleute erforderte, führen und von Hafen zu Hafen segeln.
Es trug sich zu, dass Veantur eines Tages zu seinem Enkelsohn sagte: »Anardilya, der Frühling kommt heran und damit auch der Tag deiner Volljährigkeit« (denn in diesem Monat April erreichte Aldarion sein fünfundzwanzigstes Jahr). »Ich habe mir etwas ausgedacht, um diesem Tag auf geeignete Weise Bedeutung zu verleihen. Ich bin viel älter an Jahren und ich glaube nicht, dass ich oft wieder das Herz haben werde, mein schönes Haus und die gesegneten Strände Númenors zu verlassen; aber noch einmal wenigstens möchte ich das Große Meer befahren und den Winden aus Norden und Osten die Stirn bieten. In diesem Jahr sollst du mit mir kommen, und wir werden nach Mithlond segeln, die hohen blauen Berge Mittelerdes sehen und die grünen Lande der Eldar zu ihren Füßen. Círdan, der Schiffbauer, und König Gil-galad werden dich herzlich willkommen heißen. Sprich mit deinem Vater darüber.« 3
Als Aldarion von diesem Abenteuer sprach und um die Erlaubnis bat, aufbrechen zu dürfen, sobald die Frühlingswinde günstig wären, war Meneldur wenig geneigt, es zu gestatten. Ein Schauer überlief ihn, als erriete sein Herz, dass von diesem Unternehmen mehr abhing, als er in Gedanken voraussehen konnte. Als er aber das ungeduldige Gesicht seines Sohnes sah, ließ er sich nichts davon anmerken. »Folge dem Ruf deines Herzens,
onya «
, sagte er. »Ich werde dich schmerzlich vermissen; doch du fährst mit Veantur als Kapitän und mit dem Segen der Valar, und so werde ich mit der guten Hoffnung leben, dass du zurückkehrst. Doch lass dich nicht von den Großen Ländern bezaubern, der du eines Tages der König und der Landesvater dieser Insel sein musst!«
So geschah es, dass an einem Tag im strahlenden Frühling des Jahres siebenhundertfünfundzwanzig des Zweiten Zeitalters der Sohn des Erben des Königsthrons von Númenor 4 bei hellem Sonnenschein und freundlichem Wind vom Land fortsegelte; und ehe der Tag vorüber war, sah er es schimmernd im Meer versinken, zuletzt die Bergspitze des Meneltarma, der wie ein dunkler Finger vor dem Sonnenuntergang stand.
Man erzählt sich, dass Aldarion über alle seine Reisen nach Mittelerde selbst Aufzeichnungen machte, die lange in Rómenna aufbewahrt wurden, doch später alle verlorengingen. Über seine erste Reise ist wenig bekannt, außer dass er mit Círdan und Gil-galad Freundschaft schloss, weite Reisen nach Lindon und in den Westen Eriadors unternahm und ihm alles, was er sah, wunderbar erschien. Er blieb mehr als zwei Jahre fort, und Meneldur war sehr unruhig. Man sagt, dass diese Verzögerung durch Aldarions Begierde verursacht wurde, von Círdan so viel wie möglich über
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