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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abgeschlagen?
    Durch Ursula erfuhr Pommer auch, daß Blankers verreist war. Man sollte einfach in die Höhle des Löwen gehen, dachte er anschließend. Was kann passieren? Nichts. Die Vergangenheit einer reichen Frau ist immer ein guter Blankoscheck, der anstandslos eingelöst wird, wenn man ihn präsentiert.
    Man nehme also einen Sonntagvormittag, kaufe einen Blumenstrauß, am besten weißen Treibhausflieder, um dann zu sagen: »Blumen der Unschuld müßten doch deine Lieblingsblumen sein, mein Kleines«, und benehme sich wie ein Gentleman, hinter dem der Satan steht. Das ist ein Auftritt, der fasziniert und immer Erfolg hat.
    Aber Pommer brauchte nicht bis Sonntag zu warten und sich das Geld für den Flieder zu leihen.
    Am Donnerstag vorher, als er durch die Hamburger Innenstadt bummelte, immer bereit, Damen mittleren Alters, die ihm einen Blick zuwerfen würden, anzusprechen, um neue Einkunftsquellen zu erbohren, sah er Margit durch die große Scheibe eines Cafés allein an einem Tisch sitzen. Sie trank einen Wermut und las in einer Frauenzeitschrift.
    Pommers Herz machte einen Hüpfer. Er eilte zum Eingang, kontrollierte in einer spiegelnden Scheibe den Sitz seiner Krawatte, strich sich mit angefeuchteten Fingerspitzen über Haaransatz und Augenbrauen und betrat dann das Lokal.
    »Welch eine Glücksfee hat mich denn hierher geführt?« sagte er, als er vor Margits Tisch stand. »Mein Engelchen!«
    Margit ließ die Frauenzeitschrift fallen und starrte Pommer aus weiten, glimmenden Augen an. Der Augenblick, den sie am meisten gefürchtet hatte, war nun gekommen. Das wilde Tier Vergangenheit sprang sie an.
    »Ich kenne Sie nicht!« sagte sie steif. »Bitte, machen Sie, daß Sie weiterkommen. Soll ich den Kellner rufen?«
    Pommer lächelte breit und setzte sich Margit gegenüber. »Nicht so, mein Süßes«, sagte er mit klebrig-warmer Samtstimme. »Wir können uns in jedem Ton unterhalten, aber nicht, als wenn wir uns nicht kennen. Das wäre ja absurd.«
    »Was willst du?« fragte Margit gepreßt.
    »Merkwürdig.« Pommer schüttelte den Kopf. »Wohin ich auch komme, immer die gleiche Frage. Gott noch mal, was will ich denn? Euch wiedersehen, meine Lieben, weiter nichts. Ich bin ein sentimentaler Mensch, wußtest du das nicht? Ich hänge an meinen Erlebnissen, vor allem, wenn sie so bezaubernd waren wie du.«
    Margit erhob sich schroff. Der Stuhl fiel um, die Leute im Lokal blickten zu ihnen herüber. »Ich will, daß Sie mich in Ruhe lassen, verstehen Sie?« sagte sie mit ersterbender Stimme. »Sie mögen sich Gemeinheiten ausgedacht haben … ich kenne Sie nicht! Ich werde immer sagen: Dieser Mann ist ein Irrer. Er belästigt mich. Und ich weiß, daß man mir glauben wird, nicht Ihnen. Man wird Sie hinauswerfen, wo immer Sie auch auftauchen. Und wenn ich Sie wegen Belästigung verhaften lasse!«
    »Ach so!« Pommers Gesicht wurde tiefernst. »So ist das. So wird die Wahrheit niedergeknüppelt.«
    »Sie haben keine Beweise. Keiner war dabei … damals …«
    »Uschi.«
    »Sie wird schweigen. Sie wird sagen, daß Sie nie in Hellerbrode gewesen sind.«
    »Babs.«
    »Ist in England. Sie wird gar keine Antwort geben.« Margits Miene war wie versteinert. »Wo sind also Ihre Beweise? Wie wollen Sie etwas glaubhaft machen, was gar nicht denkbar ist? Oder nehmen Sie an, nur einer in meinen Kreisen glaubte, daß ich mich mit einem Individuum wie Ihnen abgegeben habe?«
    Pommers Hände ballten sich zu Fäusten. Seine schmalen Lippen zuckten. »Ich werde es dir beweisen, du kaltes Aas«, sagte er leise. »›Meine Kreise‹ … das genügt, um aus mir einen Wolf zu machen. Oh, wie ich ›eure Kreise‹ hasse! Diese Hochnäsigkeit, diese stinkende Vornehmheit, diese Borniertheit in diamantenverzierten Hohlköpfen! Ja, ich bin ein kleiner Ganove, ein arbeitsscheuer Kerl, der sich von Frauen aushalten läßt, aber ich habe das nicht gewollt. Von Kind an hat man mich in den Hintern getreten. Mein Vater war ein Säufer, meine Mutter, eine geborene Fürst, mußte ihn heiraten und wurde deshalb von der Familie ausgestoßen. Sie starb an Tbc, weil wir kaum genug zum Fressen hatten. Mein Alter versoff ja alles! Ich kam in die Fürsorge, mit elf Jahren. Mit vierzehn sollte ich Bäcker lernen, aber mein Lehrmeister ging mich an der Teigknetmaschine von hinten an und wollte mich verführen. Ich schlug ihm eine runter. Erfolg: Der Fürsorgezögling wurde wieder eingelocht, denn natürlich glaubte man dem Meister, daß ich ihn überfallen

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