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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fremder, den man an einen ekligen Ort entführt hat, ging er durch seine Villa, stand er vor dem Bettchen seines Kindes und sah es völlig unbeteiligt an, sah er durch Pommer hindurch, sprach Dr. Preußig nicht an und besichtigte die Fabrik wie ein Museum. Und immer wieder sagte er auf Spanisch:
    »Ich protestiere! Ich will zurück nach Baleanès. Wenn das nicht möglich ist, dann geben Sie wenigstens Nachricht an Dr. Lopez und meine Frau Estrella.«
    Das war das Schrecklichste, was Margit hören mußte. Meine Frau Estrella.
    »Ich halte es nicht mehr länger aus«, sagte sie drei Abende später zu ihrem Vater, als Klaus Blankers schon oben in seinem alten Schlafzimmer schlief. »Ich werde selbst noch irrsinnig. Ich kann einfach nicht mehr.«
    »Nächste Woche sollen wir nach Köln kommen«, tröstete Bernhardt seine Tochter. »Dann wird er operiert, und wenn er aus der Narkose aufwacht, wird alles ein böser Traum gewesen sein.«
    »Und wenn nicht? Wenn er auch nach der Operation uns alle nicht erkennt … nicht mal sein Kind …«
    Bernhardt schwieg und sah an die Decke. Ja, was dann, dachte er.
    Man sollte einfach heute noch nicht daran denken. Es war zu fürchterlich.
    Allein für Fred Pommer war die Lage erfreulich. Nach dem ersten Schock, daß Klaus Blankers noch lebte, beruhigte ihn Mühlen mit einer juristischen Auskunft.
    »Es ist gar kein Grund zur Panik vorhanden«, sagte Mühlen fröhlich. »So, wie der Geisteszustand Blankers' heute ist – das reicht völlig aus, um ihn zu entmündigen. Sie werden also die Leitung der Werke weiter haben, Herr Pommer. Als Vormund gewissermaßen. Lassen Sie das nur die Sorge von uns Juristen sein.«
    »Und wenn die geplante Operation gelingt?« fragte Pommer, nur teilweise beruhigt.
    »Glauben Sie das?« Mühlen lächelte mokant. »Und selbst wenn sie gelingt: Blankers bleibt immer ein geistig Gehemmter. Ein Mann, der nicht mehr voll geschäftsfähig ist.«
    Pommer nickte. Er begann es zu glauben.
    Vormund von Klaus Blankers. Mein Gott, was es alles gab! Nun erbte man nicht nur eine Fabrik, eine Frau und ein Kind, sondern auch noch einen fast vierzigjährigen Säugling. Und plötzlich lachte er, lachte so laut und hemmungslos, daß Mühlen sich konsterniert umwandte.
    »Was haben Sie denn?«
    »Ich ersticke!« lachte Pommer und seine Augen quollen hervor. »Ich ersticke bei dem Gedanken, daß ich mein großes Pflegekind in die Heia schicke und nebenan mit seiner Frau ins Bett gehe. Soviel Fantasie hat selbst der Teufel nicht …«
    *
    Eine Woche später saß Klaus Blankers – ebenfalls unter Protest – dem Gehirnchirurgen Dr. Mayfelder gegenüber.
    Professor Mayfelder hatte seinen Skiurlaub in St. Moritz unterbrochen und war nach Köln zurückgekehrt, um diesen komplizierten Fall selbst zu übernehmen. Sein 1. Oberarzt hatte ihn angerufen und durchblicken lassen, daß so etwas eine ›Chefsache‹ sei. Nun hatte er sich mit ›Fernando Exposito‹ spanisch unterhalten, hatte allerlei über das Leben auf Baleanès erfahren, von Dr. Lopez und Estrella, von Juan Cortez und den anderen Fischern, hatte die neuesten Röntgenbilder angesehen und war sich mit allen anderen Ärzten seines Operationsteams einig, daß eine Absplitterung der Schädeldecke das Erinnerungszentrum blockierte. Nur: Man sah diesen Splitter auf keinem Röntgenbild. Er mußte so winzig sein, daß selbst eine extreme Vergrößerung der Röntgenaufnahmen keinen Aufschluß gab.
    »Es bleibt uns nichts anderes übrig, meine Herren, als auf gut Glück zu operieren«, sagte Professor Mayfelder nach dem letzten Arztkonsilium. »Machen wir also den Schädel auf und suchen wir mit dem Knochenmagneten den Blocker.«
    Der sogenannte Knochenmagnet war eine Erfindung Professor Mayfelders. Es war eine Sonde, die wie Radar auf winzigste Fremdkörper im Gehirn reagierte, wenn sie die Festigkeit von Knochen oder Knorpel hatten. Dann summte es leise in der Sonde und meistens fanden dann die Pinzetten der Ärzte in der Hirnmasse den Fremdkörper.
    Meistens.
    Die Chance war 70: 30. Gehörte Klaus Blankers zu den 70 Prozent der Geheilten? Oder blieb er einer der 30 Prozent Hoffnungslosen?
    »Ich operiere nächsten Dienstag«, sagte Professor Mayfelder zu Margit, als zwei Pfleger den sich wehrenden Blankers weggeführt hatten. »Bis dahin haben wir Ihren Gatten so beruhigt, daß keine Komplikationen mit dem Kreislauf eintreten. Ob es uns allerdings gelingt …« Er hob beide Arme und ließ sie an den Körper

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