Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
Erwartung las er weiter.
… Nachdem er das gesagt hatte, entzog sich Joshua unserer Mitte.
Keiner von uns folgte ihm. Obwohl er Johannes nicht kannte, spürten wir, welche Bewunderung Joshua ihm gegenüber zu hegen schien und wie sehr ihn die Nachricht von seinem Tod traf.
Die Nachricht über sein Ableben verbreitete sich unter den Pilgern schnell. Viele von ihnen weinten und Wehklagen waren zu vernehmen.
Die Stimmung war sichtlich betrübt, dann erschien Joshua am Hügel und alle Blicke fielen auf ihn.
Er hatte einen weißen Umhang an. Dieser Umhang leuchtete im Schein der Sonne, als wäre der Stoff nicht von Menschenhand gefertigt, sondern von Engeln. So rein wirkte er im Spiel des Lichtes.
Joshua erhob die Arme.
„Weinet nimmermehr. Nicht umsonst ist er gestorben. Denn ich sage euch, Johannes ist von seinen Schäfchen gegangen, damit erfüllt werde, was geschrieben steht.
Schaut in eure Herzen und ihr werdet sehen, dass Johannes unter euch weilt als der Geist eurer Vernunft. Überall dort, wo eine s seiner Schafe sich seiner Tat ehrlich schämt und büßet, dort wird er unter ihnen sein, als Fürsprecher. Die Tore zum Himmel werden auch ihnen wieder offen stehen. Denn lasst euch gesagt sein, wie der Gärtner sein Laub im Herbst zusammenfegt, so sollte es auch dem Rabbi mit der Schrift ergehen.
Nur weil die Zeichen einmal ihren Weg auf Blütenweiß fanden, heißt dies nicht, Rabbi lehn dich zurück und sprich diese Wahrheit über tausend. Nein, was für ein Rabbi ist dieser, der nur das Wort blind lehrt ohne sich der Sorgen und des Wandels der Zeit anzunehmen? Nein, denn ich sage euch, nicht einmal die Schrift ist ewiglich.
Ehrt ihn als einen der Euren. Kaum einer, der sich Rabbi nennt, trägt diesen Namen zu Recht, außer unserem Bruder Johannes, denn er war ein wirklicher Rabbi. Er nahm der Schrift ihre Zeichen, die dieses Weiß seit Generation zu Generation weiter trug und kehrte sie zusammen, wie der Gärtner das Laub, sammelte sie im Jordan und ließ die Herzen der Menge sie wieder auf das Weiß übertragen, in einer neuen Ordnung, einer gerechten. Er verabschiedete die Tradition der Gelehrten, der einzig wahren Wahrheit, wegen der Liebe, so dass die Gerechtigkeit und nicht falscher Eifer sich des Weißes erfreute.
Gedenkt Johannes und sagt Euch: Ein Pharisäer, ein Sadduzäer, ein Hohepriester oder wie immer sich dieser Heuchler nennt, er war dem Teufel näher als dem Himmel. So steht auf und schaut auf das edle Gewand dieses gottesfürchtigen Gelehrten, wie in einen Spiegel ohne Worte, damit dieser sehe, welche Zunge Lüge trägt.
Drum sage ich euch, weinet nimmermehr um ihn.
Umarmt euch und gehet heim, damit eure Herzen ruhen können. Erzählt allen vom Leben Johannes, dass sich alle erinnern mögen und Freude daran haben, denn morgen wird die Schrift erfüllt werden.“
Obwohl Joshua da oben auf dem Hügel weit weg von uns stand, kam es mir vor als wäre er in nächster Nähe. Ich weiß nicht ob die Sonne mir einen Streich spielte , aber ich sah Joshuas Gesicht voller Tränen.
Er schien sich dieser nicht zu schämen. Er schaute auf die Schar, die ihm ehrfürchtig zuhörte und weinte. Mir machte dieses Bild Angst.
Ich wollte bei ihm sein, ihm seine Tränen trocken. Vor allem machte mir Sorge, dass ich nicht wusste, warum er weinte. Weinte er Johannes oder weinte er seiner Worte wegen, die ich nicht verstand?
Aber mir machten auch seine abwertenden Worte über unsere Gelehrten Angst. Es war kein Geheimnis, dass sie Spitzel zu den Predigten Joshuas schickten. Josef von Arimathäa hatte Joshua mehrmals gebeten, bedachter in seiner Wortwahl zu sein, da die Gelehrten, allen voran Kaiphas, nur nach einem Vorwand suchten, um Joshua zu verhaften.
Einige seiner Jünger hingegen wünschten sich, dass Joshua vor allem gegen die römischen Besatzer im Volke Stimmung machte, da das Volk seinen Worten lauschte und sie die Möglichkeit sahen, hier gegen die Unterdrückung ankämpfen zu können. Ihrer Meinung nach kamen die Römer bei Joshua viel zu gut weg. Der ein oder andere, egal wie viel Mühe er sich gab, konnte nicht verstehen wie man seine Feinde lieben konnte,
wenn sie doch einen lieber tot als lebendig sahen. Joshua belächelte dafür seine Jünger, seine Schäfchen, wie er immer meinte, und sagte ihnen: „Wahrlich, ich sage euch, verstehen mögt ihr mich heute noch nicht. Doch ich sage euch, der Tag ist nah, wo auch ihr durch meine Augen sehen werdet. Denn ich sage euch, solange Blut
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