Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
seit seiner Begegnung mit Esther war er mehr denn je, wenn er überhaupt irgendwann gezweifelt hätte, davon überzeugt, dass Liebe und Glauben niemals käuflich sein dürfen. Und dass kein Geringerer als Seine Heiligkeit mit bestem Beispiel voranzugehen hätte. Wenn Seine Heiligkeit Mildtätigkeit und Opferbereitschaft predigte, aber im Stillen seine Schatzkammer wie seinen Augapfel hütete, wie konnte er dann je von seinen Schäfchen erwarten, dass sie ihr weniges mit Freuden teilen, wie die alte Frau im Markus Evangelium 12, 42-44.
Seine Heiligkeit wusste, welch schwerer und steiniger Weg vor der Kirche lag. Er verspürte, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Aber genauso war ihm auch klar, dass er sich nicht hinter seinem Alter oder seinem Gesundheitszustand verstecken würde. Die Begegnung mit Esther hatte ihm neuen Mut gegeben. Er wusste um ihre Herkunft und hatte keinen Augenblick an ihren Worten gezweifelt.
Er hatte , ohne dass je ein Wort über seine Lippen kam, ihr versprochen, das Geheimnis auf ewig in seinem Herzen zutragen.
Sein Angebot, ihr eine bessere Behausung oder gar Personenschutz zukommen zu lassen, hatte sie mit ihrem einnehmenden Lächeln abgelehnt. Johannes wusste, dass er der lieben alten Dame keinen Wunsch zu erfüllen brauchte. So verließ er Esther mit dem wertvollsten Geschenk, welches je ein Mensch ihm gemacht hatte, der
Wahrheit Jesu und ihrer Freundschaft. Ein Geschenk, welches jedes materielle Denken sprengte. Sein schlechtes Gewissen, dass er ihr nichts geben könne, zerstreute sie, mit dem Satz. „Ist denn die Freundschaft nichts?“
Dem Papst kamen die Tränen. Ein letztes Mal drückte er sie und begab sich mit seiner Delegation, die ihn sehnsüchtig erwartet hatte, zurück in seine Unterkunft. Er nahm von allen Anwesenden das Versprechen ab, über dieses Ereignis zu schweigen und so sprach keiner der Anwesenden je darüber.
N un, als er sich wieder von seinem Körper losgelöst hatte, nahm er ein seltsames dumpfes Gezerre in der Dimension war, in der er sich mit seinem Geist bewegte.
Er konnte diese Störung des Raumes nicht interpretieren , aber sein Geist fühlte, dass etwas nicht stimmte. Dieses Etwas betraf Esther.
Er versuchte seinen Geist in den Raum zu transformieren, von dem diese Ungewissheit ausgestrahlt wurde.
Er hatte in alten Schriften in den geheimen Archiven des Vatikans gelesen. Dort war er auf eine alte Schriftrolle von Thomas von Aquin aufmerksam geworden. Er hatte diese im angeblichen Fieber verfasst und berichtete: „… Von der Halluzination sich des Körpers zu entledigen, als eine dem intellektuellen Grad des Geistes mögliche Disziplin. … Aber die Wanderung, durch die Freiheit des schwachen Fleisches, sei selbst diesen wenigsten nicht vergönnt, so sei die Frage, wenn dies diesen wenigsten nicht vergönnt sei, ob dann dies was unsereins widerfuhr nicht ein Trugbild der Seele ist, um einem auch die Barrieren des Menschlichen Geistes vorzuführen. Da sie sonst göttlich wären. Somit sei der Schwachsinn die Antwort …“ Schon damals ahnte Johannes, dass diese Schriftrolle weitaus mehr hergab, als irgendjemand bisher vermutete. Die Wissenschaftler, die den Schriften Thomas von Aquin, die dieser im Fieber verfasste, keine Bedeutung zumaßen, hatten nie die Vermutung angestellt, ob nicht Thomas von Aquin übersinnliche Kräfte sein eigen nannte. Kräfte, wie die von Johannes. Daher hatten diese Schriften für Johannes eine ganz andere Bedeutung. Schon damals, als Johannes Bischof war und die Schriften studierte, war er davon überzeugt gewesen, dass auch Thomas sich von seinem Geist loslösen konnte und dass dieser gar seinen Geist durch unterschiedliche Dimensionen lenken konnte.
Daher war es auch nicht verwunderlich, dass seine Heiligkeit ein großer Bewunderer von Thomas war. Seine Theorien allerdings behielt er für sich, da er unnötige Fragen vermeiden wollte.
So versuchte er nach den Schriften von Thomas seinen Geist in eine andere Dimension zu bewegen, in der Hoffnung , eine Antwort auf sein Unbehagen finden zu können.
Hatte er es bisher immer als eine Erleichterung empfunden, seinen Geist von seinem Körper zu lösen und in der einen Dimension des Geistes zu meditieren , diesen dort frei bewegen zu können, spürte er nun eine ungeheure Anstrengung.
War sein Geist vielleicht zu schwach? Hatte sich Thomas etwa doch geirrt?
Johannes wollte nicht zweifeln. Je mehr sein Geist sich anstrengte, desto stärker wurde das Signal. Er durfte
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