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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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den Kies am Ufer. Dieser bückte sich, hob es auf und drückte es Gabriela noch einmal in die Hand. Diesmal blieb sie wie versteinert stehen.
    »Die Ruine ist clean!« Almat kam die Böschung hinuntergelaufen. »Wir haben zwei große, halbwegs geschützte Turmkammern gefunden. Da können wir Feuer machen und unsere Sachen trocknen.«
    Gabriela nahm ihren Hengst beim Zügel und kam vom Ufer herüber.
    »Was wollte der Fährmann von dir?«, fragte Till.
    »Nichts!«
    »Er hat dir doch etwas gegeben.«
    Die Tänzerin hob den Arm und zeigte ein dünnes Silberkettchen, an dem zwei winzige, silberne Ballettschuhe hingen. »Mein Glücksbringer. Ich hatte ihn im Boot verloren. Das war alles. Ist das Verhör beendet? Ich friere!«
    »Martin macht ein Feuer«, sagte Almat. »Wir haben oben jede Menge trockenes Treibholz gefunden. Offenbar wird die Ruine häufiger als Lagerplatz benutzt. Jedenfalls hat jemand einen Holzvorrat angelegt.«
    »So, Martin macht Feuer.« Gabriela grinste schief. »Na, da bin ich ja mal gespannt. Versucht er die Nummer mit den zwei Holzstöcken?« Sie klopfte auf ihren Lederrucksack. »Ich denke, ich werde mich darum kümmern. Als Laller mich in die Villa Alesia zurückkehren ließ, habe ich neben passender Garderobe noch ein paar nützliche Kleinigkeiten eingepackt.«
    Almat führte sie die Böschung hinauf und über die Trümmer eines eingestürzten Torbogens hinweg. Die Burg musste einst einer Garnison von einigen hundert Mann Unterkunft geboten haben. Auf dem Innenhof befanden sich Kasernen und Stallungen. Längst waren die Dächer eingestürzt. Überall lagen zersplitterte, hellrote Ziegel. Till erkannte auf einem von ihnen einen Siegelabdruck. LEGXXII CV. Die zweiundzwanzigste Legion! Was aus ihnen wohl geworden war? Römer hier Nebenan … Damit hatte er nicht gerechnet.
    Almat führte sie zu einem der runden Ecktürme. Drinnen hörte man Martin herzhaft fluchen.
    »So wird das nichts mit dem Feuer!«, neckte ihn Birgel. »Das Einzige, was du auf diese Art zum Qualmen bringst, sind deine Handflächen. Ohne uns seid ihr hier drüben aufgeschmissen. Pass mal auf, ich zeig dir, wie das geht.«
    Gabriela drängte sich durch den Eingang in den Turm. »Bevor wir bei euch um Hilfe betteln, fließt noch verdammt viel Wasser den Rhein hinab. Ich mach das Feuer an!« Sie kauerte sich neben den Holzstoß und öffnete ihren Rucksack.
    Wallerich und Birgel tauschten einen kurzen Blick und grinsten verschwörerisch, während die Tänzerin in ihrem Rucksack kramte. »Das kann doch nicht sein …«
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte Wallerich spöttisch.
    »Das wart ihr!«, fauchte Gabriela und schüttete den Rucksack jetzt aus. »Ihr habt die Sachen ausgetauscht! Die Grillanzünder, die Taschenlampe …«
    »Ich weiß nicht, was du hast.« Wallerich blickte flüchtig zu den Sachen, die verstreut neben der Feuerstelle lagen. »Es ist doch noch alles da. Feuerstein und Stahl. Ein wasserdichtes Lederbeutelchen mit Zunder. Eine kleine Blendlaterne …«
    »Du elender kleiner Mistkerl!«
    Wallerich duckte sich unter einem Holzscheit weg, den Gabriela nach ihm geworfen hatte, und brachte sich hinter Martin in Sicherheit. »Ich habe damit nichts zu tun!«
    »Schaut mal her. Schminktiegel, einen Spatel, um sich Kohlestaub unter die Augen zu schmieren … und was ist denn das?« Birgel zog etwas Längliches aus dem Rucksack. »Das sieht ja aus wie eine Wurstpelle ohne Wurst! Wozu braucht man denn so was?«
    »Gib das her, du Dieb!«, fauchte Gabriela.
    »Wir waren das nicht!«, entrüstete sich der Heinzelmann. »Das macht diese Welt. Nebenan duldet es nicht, dass man modernen Kram hierher bringt. Sobald du deine Sachen für einen Moment aus den Augen lässt, verwandeln sie sich in etwas, das ungefähr ihrer Funktion entspricht und hierher passt. Ein Motorrad wird ein Pferd, ein Laptop wird zu Pergament, Feder und Tuschefass und ein Feuerzeug zu Feuerstein und Stahl. Wir haben damit nicht das Mindeste zu tun!«
    »Ihr hättet uns das früher sagen können«, grollte Almat.
    »Ich hab ja angeboten Feuer zu machen«, entgegnete Birgel entrüstet. »Ihr wolltet es nicht!«
    »So kommen wir nicht weiter!« Martin streifte seinen nassen Umhang von den Schultern und breitete ihn über das Holz, das entlang der Wand gestapelt war. »Gibt es noch andere Dinge, die wir über Nebenan wissen sollten? Ich meine, wir sind von jetzt an auf uns allein gestellt … Ihr beiden kennt euch hier aus. Wir werden es zusammen nicht sehr weit

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