Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
nicht viel verändert zu haben.«
»Äh ... wie kommst du voran?« Darcy rieb sich geschäftsmäßig die Hände. Er wusste nicht, was er sagen sollte, wenn auch nur im ersten Moment. »Also, wo bist du gewesen, Harry? Und wo wir gerade dabei sind, wie geht es dir?«
»Wie sehe ich denn aus?«, entgegnete der Necroscope, ohne zu lächeln.
»Gut!«, erwiderte Darcy. Anschließend lehnte er sich zurück und schüttelte den Kopf. »Hey, wir sind Freunde, Harry.« Seine Stimme klang nun nicht mehr ganz so energisch. »Das würde ich jedenfalls gerne glauben. In dieser Hinsicht geht es mir ungefähr genauso wie Ben Trask: Ich kann Lügen nicht ausstehen.«
»Dann lüge nicht.«
»Du siehst nicht viel anders aus als letztes Mal«, sagte Darcy. »Du hast abgenommen und ein paar Falten mehr und wirkst sehr erschöpft. Aber gleichzeitig kommst du mir – ich weiß nicht, wie ich es sagen soll – eher wie du selbst vor? Aber was du so von dir gibst, klingt gar nicht nach dir. Ich meine, ich habe über unsere Unterhaltung über Alec Kyle nachgedacht, ziemlich viel sogar – ob er vielleicht heimlich getrunken hat und so weiter. Das kam mir schon ziemlich komisch vor! Also, was bereitet dir – abgesehen von Brenda und dem Kleinen ... – noch Sorgen, Harry? Ich meine, ich würde dir gerne helfen, sofern ich kann.«
Mit einem Mal hatte der Necroscope den Eindruck, dass er gar nicht so angespannt zu sein brauchte. Darcys Freundschaft war nicht gespielt. Oh, das E-Dezernat würde immer zwischen ihnen stehen, doch abgesehen davon war Darcy ohne Arg, und Harry sah sich in der Lage, mit ihm zu reden. Zumindest über gewisse Dinge.
Und so redete er mit ihm, erzählte ihm von Alec Kyles Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken, die anscheinend auf ihn übergegangen war, und verschwieg auch nicht das merkwürdige Problem, das er neuerdings mit dem Trinken hatte. Er verlor sich zwar nicht in Einzelheiten, erzählte aber genug, dass Darcy begriff. Zumindest begriff er, was es mit jener anderen Sache auf sich hatte.
»Was Alec und das Trinken angeht, bin ich immer noch der Meinung, dass du dich irrst«, sagte Darcy, als Harry geendet hatte. »Selbst falls du recht haben solltest, kann ich mir kaum vorstellen, dass er es so gut verheimlichen konnte! Und das hier ...« Er nahm das Foto, das auf seinem Schreibtisch lag, in die Hand. »Du sagst, du hast es schon mal gesehen?«
Der Necroscope nickte. »Ja, diese Szene, als plötzliche Vision! Zwar nur in meinem Kopf, aber es war absolut real. Damals, als wir uns über das russische Fort Knox unterhielten. Erinnerst du dich?«
»Natürlich, deshalb habe ich dir das Bild ja geschickt.«
»Klar, aber mein – vielleicht auch Alec Kyles – Geist, irgendein versteckter Winkel davon, hatte es bereits empfangen! Nur erkannte ich das zu jener Zeit noch nicht und hatte keine Ahnung, was es zu bedeuten hatte.«
»So war es bei Alec auch«, nickte Darcy. »Oftmals verstand er nicht, was er sah, und musste seinen Visionen einfach freien Lauf lassen und zusehen, was sich ergab. Er musste abwarten, bis er die Zukunft eingeholt hatte.«
»Mir geht es nicht anders«, meinte Harry. »Allerdings war es diesmal nicht nur ein flüchtiger Blick, weit mehr als bloß eine Ahnung. Jetzt habe ich auch dein Bild.« Er beugte sich vor, um mit dem Zeigefinger auf das Foto zu tippen. »Und ich weiß, dass du eine ganze Menge über dieses ... Ziel ... weißt. Also tappe ich nicht im Dunkeln, denn nun, wo ich sicher bin, dass ich irgendwann in meiner Zukunft an diesem Ort landen werde, werde ich sämtliche Einzelheiten von dir erfahren.«
»Soweit wir sie kennen, natürlich«, entgegnete Darcy. »Trotzdem steht es bereits fest. Du wirst es tun.«
»So wie es aussieht, ja.« Harrys Miene war finster. »Vielleicht können wir damit anfangen, dass du mir erzählst, wem ich es antun werde ...«
VIERTES KAPITEL
»Zunächst der Ort!« Darcy schob das Foto quer über den Schreibtisch, näher zu Harry. »Wir wissen nicht viel darüber, über seine Geschichte ist kaum etwas bekannt. Aber wenn du dort bist, kannst du wahrscheinlich mehr herausfinden, falls dir der Sinn danach steht.« (Das »wahrscheinlich« war überflüssig, denn Darcy war klar, dass Harry dazu in der Lage war – wenn er es wünschte, konnte er mit den ursprünglichen Besitzern oder Erbauern reden. Doch dieses Thema wollte Darcy lieber nicht anschneiden.)
»Wie dem auch sein mag«, fuhr er fort, »man nennt das Schloss Le Manse Madonie – nach der
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