Nexus - Band 1
Ja… ihr habt Recht euch zu fürchten. Ungeduldig und von der vibrierenden Antizipation bevorstehender Vergeltung gepackt, stieß Tom seine riesenhaften Prothesen in den gerade ausreichenden Spalt und mobilisierte jede vorhandene Reserve.
Denn der Tod wartet schon um euch zu holen. Angetrieben von der verbissenen Hartnäckigkeit ihres menschlichen Trägers stemmten sich die Kräfte stahlhart gespannter Myomerstränge und kreischend belasteter Servomotoren gegen den Widerstand nur träge zurückweichenden, titanischer Massen - mit jedem weiteren Zentimeter ihres hart erkämpften Erfolges lediglich dürftig belohnt vom dünn durch den sich zäh vergrößernden Spalt fallenden Schein fahlen Lichtes.
Nur noch… ein kleines Stück. Tom zwängte die mächtigen Schulterstücke seiner Rüstung in den entstandenen Zwischenraum und rammte die gepanzerten Fäuste gegen das störrische Metall, während er sich gleichzeitig wie ein lebendiger Rammbock mit furioser Wucht rückwärts warf. Komm schon… verflucht noch…
Wie aus dem Nichts schlug die erste Salve singender Querschläger irgendwo aus den Tiefen des Hangars im schrillen Funkentanz gegen Toms dick geschützte Flanke, oder zersplitterte ähnlich wirkungslos, wenig mehr als feine Kratzer hinterlassend an der umliegenden Schottstruktur. Taktische Analysen und Warnmeldungen flackerten über die holographische Oberfläche des K31, vervollständigten sich mit jeder Sekunde in der die Sensoren weitere Informationen aus dem entblößten Inneren ihrer neuen Umgebung gewannen. Tom blinzelte im Angesicht einer weiteren Serie gezielter Feuerstöße gegen die Helmpartie seiner resistenten zweiten Haut und nutzte die wütende Energie mehrerer ungehemmter Flüche um die sperrige Hülle der Rüstung im nächsten Moment durch eine ruckartige Kraftanstrengung aus ihrer Verklemmung nach vorne zu reißen. Metall schabte kreischend aneinander und Toms kolossale Gestalt taumelte von ihrem eigenen Schwung getrieben durch einen neuerlichen Hagel aus Geschossen hindurch weiter vorwärts. "… da ist er. Mörder… Nemesis. Er muss fallen… fallen… fallen…"
Diese verdammten… Stimmen. Sie… sie kamen nicht aus dem Interkom. Tom stöhnte vor Schmerz, aber blieb standfest im Angesicht des Feindes, dessen sprühender, kollektiver Hass versuchte wie ätzend schleichendes Gift in seinen Geist zu sickern. Schnell und so geschmeidig es ihm die magnetisch haftenden Stiefel seiner übergroßen Physis erlaubten hechtete er hinter einer knapp mannshohen Ansammlung von Frachtkisten in Deckung. Dort unten waren sie. Tom spähte seitlich gelehnt über das Geländer der leichten, verstrebten Begrenzungsbarriere hinweg, die den kleinen Hangar über die gesamte Länge seiner schmalen, oberen Aussichtsebene hinweg umspannte. Ganz ihrer Natur gemäß suchten sie den weiten Schatten eines einzigen, bulligen ST-4 "Orca" Landungstransporter, der mit seiner dominierenden Masse und angewinkelten Stabilisierungsflügeln im Zentrum des nur wenige Meter darunter befindlichen Hauptareals auf seinen letzten Einsatz wartete. Die Sensoren des K31 zählten nicht mehr als Fünf, gekleidet in leichte Schutzanzüge und bewaffnet mit eben jenen Sturmgewehren und Pistolen, deren Nutzlosigkeit ihnen soeben schmerzlich bewusst geworden sein musste.
Sie hatten aufgehört zu feuern. Selbst durch solide Materie hindurch konnte Tom die unsichtbaren, spitzen Nadeln ihrer Blicke spüren, die zu ihrem nahenden Verderben hinauf stießen, während sich ihre infizierten Gehirne vergeblich danach verzehrten, ihrer genetisch programmierten Mordlust eine neue Gelegenheit zu schenken um zuzuschlagen. Dabei schien alles längst bereit für die letzte Phase einer lange geplanten Flucht. Die Tore des Hangars standen weit offen, gaben die Sicht frei auf die große Leere dahinter, in der sich riesige, langsam reibende, kantige Umrisse wie willkürlich lose gestapelt über- und nebeneinander türmten. Asteroiden… ein Feld von einer Dichte wie es Tom noch nie gesehen hatte. Sie mussten die Initialgeschwindigkeit der Aries bereits drastisch vermindert haben - nur das erklärte die Tatsache, dass der Träger überhaupt so weit gekommen war ohne von vielen weiteren, hundert Einschlägen in Stücke gehämmert zu werden.
Aber die Verräter konnten noch nicht fliehen. Zuerst waren sie gezwungen ihrem einzigen Zweck ein letztes Mal huldigen - einer Direktive, die in ihrer verkommenen Seele unaufhörlich nach Blut schreien musste. Sie mussten
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