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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Innentasche seines Jacketts.
     
    Als die Meldung einging, wusste der Polizeiführer vom Dienst, was zu tun war. Für solche Fälle gab es einen genauen Einsatzplan. Einem Bahnbediensteten war in der Halle des Ulmer Hauptbahnhofs ein herrenloser Aktenkoffer aufgefallen. Seit mehreren Stunden bereits stehe das Objekt in einer Mauernische beim WC-Center, hatte er nach längerem Zögern der Bundespolizei mitgeteilt. Er sei am Nachmittag daran vorbeigekommen und habe sich nichts dabei gedacht. Doch nun, gegen 21 Uhr, sei er wieder auf den Koffer gestoßen, worauf er ihm nun verdächtig erscheine. Die Bundespolizei, die sofort damit begann, die Hälfte der Bahnhofshalle mit rot-weißen Bändern abzusperren, und damit ein erhebliches Aufsehen verursachte, verständigte die Inhaber der in diesem Bereich untergebrachten Geschäfte. Die Polizeiführung entschied unterdessen, das gesamte Bahnhofsgebäude zu räumen.
    Per Lautsprecherdurchsage wurden die Reisenden, Bediensteten und die Beschäftigten der Läden aufgefordert, »sich zum nahen Omnibusbahnhof am westlichen Bereich des Geländes zu begeben«. Der Sprecher, der offenbar für ein solches Vorkommnis geschult worden war, erklärte mit sonorer und beruhigender Stimme: »Es besteht aber kein Grund zur Panik. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Verlassen Sie das Gebäude bitte geordnet und helfen Sie gebrechlichen Personen, Behinderten oder Kindern. Bitten Sie auch ausländische Personen, Ihnen zu folgen. Draußen werden Sie von Polizeibeamten eingewiesen. Der Zugverkehr wird vorübergehend eingestellt. Wenn Sie bereits auf den Bahnsteigen sind, bleiben Sie bitte dort.«
    Schon waren die Sirenen der näher kommenden Einsatzfahrzeuge zu hören. Die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz waren alarmiert worden, um im Ernstfall gleich eingreifen zu können. Der Verkehr auf der am Bahnhof vorbeiführenden Straße kam zum Erliegen, sodass sich die Einsatzkräfte mühsam einen Weg zum Vorplatz bahnen mussten.
    Im Bahnhofsgebäude hatte die Lautsprecherdurchsage zu einem erheblichen Gedränge an den Türen geführt. Das Gerücht machte die Runde, dass in zwei Minuten eine Bombe explodieren würde. Kunden stürzten aus Läden und Lokalen, andere ließen am Stehimbiss ihren Pappteller mit Pommes zurück, Bahnbedienstete hasteten aus ihrem Informationsbüro, Kinder kreischten, Erwachsene schrien wild durcheinander und suchten Angehörige. Eine weitere Lautsprecherdurchsage war schon nicht mehr zu verstehen.
    Bundespolizisten hatten Mühe, den Strom der wegrennenden Personen in die richtige Richtung zu lenken.
    Ein paar 100 Meter davon entfernt, im Gebäude der Ulmer Polizeidirektion, unweit des Münsterplatzes gelegen, hatte die Nachricht von dem herrenlosen Koffer Hektik ausgelöst. Zwar gab es immer mal wieder Hinweise dieser Art und meist waren es dann vergessene Gepäckstücke oder irgendein Verrückter hatte angerufen und die Polizei zum Narren halten wollen. Aber angesichts des dubiosen Mordes im ICE vor zwei Tagen vermochte niemand einen Zusammenhang auszuschließen. Immerhin stand fest, dass der unbekannte Tote in Ulm zugestiegen war – und außerdem, das hatte die Kriminalpolizei verfolgt, führten offenbar einige Spuren in die Donaustadt.
    »Und seit heut Nachmittag ist niemandem der Koffer aufgefallen – außer dem Fahrkartenverkäufer?«, wollte der Chef der Direktion vom Leiter der Kriminalpolizei und zwei weiteren Mitarbeitern wissen.
    »Sieht so aus. Es soll aber auch nur so ein handlicher Aktenkoffer sein. Mit Zahlenkombinationsschloss«, erklärte der Ulmer Kripochef, während er bereits wieder zu einem klingelnden Telefon griff. Einer seiner beiden Kollegen ereiferte sich gegenüber dem Direktionsleiter: »Man muss natürlich wissen, dass die Kripo in Geislingen noch immer so was Ähnliches sucht. Beim Toten im ICE hat man keinerlei Gepäck gefunden.«
    Der Chef hörte nebenbei, wie der Leiter der Kriminalpolizei telefonierte und sich nach einem Sprengstoffexperten erkundigte. Dann nahm er aber wieder die Stimme des anderen wahr: »Die in Geislingen meinen, der Tote müsste wenigstens einen Aktenkoffer dabeigehabt haben.«
    »Und Sie meinen nun, dass dieser Koffer ausgerechnet hier abgestellt wurde?«, wollte der Chef wissen. Allein sein Tonfall machte deutlich, dass er diesen Zusammenhang für allzu gewagt hielt.
    »Denkbar ist doch alles, oder?«, blieb der Kriminalist hartnäckig.
    Der Chef sagte nichts mehr. Er hasste solche Einsätze. Es

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