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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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er?«
    Sandy schüttelte entmutigt den Kopf. Seit sie Victor am Dienstag wegen der Schnittwunde am Arm zu Rita geschickt hatte, war er nicht mehr in der Schule gewesen. Greg Watt hatte die letzten drei Tage ebenfalls gefehlt, während Peter
Arlington wieder gesund war. Liana Martin wurde noch immer vermisst, und das war gar kein gutes Zeichen. Nach allem, was Sandy über Liana wusste, was zugegebenermaßen nicht viel war, weil das Mädchen nur selten etwas Konstruktives zum Unterricht beitrug, war ihr Liana nie kühn oder abenteuerlustig genug vorgekommen. Sie würde sich bestimmt nicht klammheimlich aus dem Staub machen. Bei aller zur Schau gestellten Großspurigkeit – MOVE, BITCH – kam sie Sandy immer wie ein typisches Kleinstadtmädchen vor. Sie würde sich ein paar Jahre lang wild und unabhängig gebärden, bevor sie sich brav in ihre Mutter verwandelte, jung heiratete und in beunruhigend schneller Folge zukünftige Schönheitsköniginnen gebar. Wenn sie Träume von einem Leben jenseits von Torrance hatte, erwartete sie nicht, dass sie in Erfüllung gingen. Es waren schließlich Träume, und Träume hatten die Angewohnheit, in der heißen Morgensonne zu platzen und spurlos zu verschwinden wie Seifenblasen.
    Wie Liana Martin.
    Wo war sie? Was war mit ihr geschehen?
    Sheriff Weber hatte einen Suchtrupp organisiert, und seit Mittwochmorgen hatte praktisch die gesamte Stadt nach ihr gesucht, ohne Erfolg. Sandy überlegte, ob sie sich am Wochenende selbst melden sollte, wenn Liana bis dahin nicht wieder aufgetaucht war. War es möglich, dass irgendein Verrückter sie entführt hatte? Sandy dachte an die Gerüchte, die in der Stadt kursierten, und schüttelte den Kopf. Liana war höchstwahrscheinlich von irgendeinem Internet-Verehrer verführt worden, was ihr jetzt so peinlich war, dass sie sich nicht traute, nach Hause zu kommen. Es waren schon seltsamere Dinge passiert, dachte Sandy und stellte sich voller Abscheu ihren Mann mit Kerri Franklin vor.
    »Was ist?«, fragte Rita.
    »Ich hab nur gerade an Liana Martin gedacht«, sagte Sandy, was nicht direkt gelogen, aber auch nicht die ganze Wahrheit war.

    »Ich hoffe, es geht ihr gut.« Rita starrte abwesend auf die Buchstabentafel an der gegenüberliegenden Wand.
    Sandy fragte sich, wie Lianas Mutter das durchhielt, und malte sich aus, was sie machen würde, wenn ihre Tochter vermisst würde. Mit einer heftigen Kopfbewegung suchte sie den Gedanken abzuschütteln, weil die Vorstellung einfach zu schrecklich war.
    »Wie macht sich Brian im Unterricht?«, erkundigte sich Rita unvermittelt nach ihrem Sohn. »Hast du den Eindruck, er kommt zurecht?«
    Bei aller bemühten Beiläufigkeit hörte Sandy die Sorge in Ritas Stimme. »Sehr gut. Wir haben neulich über Metaphern gesprochen, und er hat einen sehr intelligenten Beitrag geleistet.«
    »Mein Sohn hat einen intelligenten Beitrag geleistet?«
    Sandy nickte. »Ich glaube, er macht sich durchaus tiefsinnige Gedanken.«
    »Oh Gott.«
    »Hast du Probleme mit tiefsinnigen Gedanken?«
    »Willst du wissen, was er neulich zu mir gesagt hat?«, gab Rita zurück.
    Sandy war sich nicht sicher, ob sie das wissen wollte, fragte aber trotzdem: »Was denn?«
    »Er schläft in letzter Zeit schlecht. Er wacht mitten in der Nacht auf, schleicht durchs Haus und raucht draußen eine Zigarette. Ich habe versucht, ihn davon abzubringen, aber...« Rita zuckte die Achseln. »Jedenfalls habe ich ihn neulich nachts angefleht, mir zu erzählen, was ihn so beschäftigt, und er hat gesagt...« Sie seufzte tief. »Er hat gesagt, er glaubt, es wäre nicht genug Sauerstoff in der Luft.«
    Hätte sie nicht die Tränen in Ritas großen braunen Augen gesehen, hätte Sandy laut losgelacht. »Nicht genug Sauerstoff in der Luft?«
    »Über solche Sachen macht er sich Sorgen«, erklärte Rita und warf hilflos die Hände in die Luft, während ihr Blick
wieder zu der Buchstabentafel an der Wand schweifte. »Das macht mir einfach eine Riesenangst. Wegen seinem Dad. Weißt du.«
    Sandy wusste, dass Ritas Mann, der ebenfalls Brian hieß, jahrelang unter Depressionen gelitten hatte, bevor er sich vor drei Jahren das Leben genommen hatte. Angeblich war sein Sohn von der Schule nach Hause gekommen und hatte dort den leblosen Körper des Vaters gefunden, erhängt in der Duschkabine, obwohl Rita das nie so bestätigt hatte.
    »Mit Jungen in diesem Alter muss man sehr vorsichtig sein«, fuhr Rita fort.
    Sandy dachte nickend an ihren eigenen Sohn. Tim war mit

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