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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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abwegig. Aber wenn ihr mich fragt – was natürlich niemand getan hat -, war es viel Lärm um nichts. Das vermisste Mädchen heißt Brenda Vinton und kommt aus Collier County, dem County direkt westlich von Broward County. Er umfasst ein Gebiet von exakt 5195 Quadratkilometern (und damit exakt 2038 mehr als Broward) und hat die stärksten Zuwachsraten in ganz Florida. Nach der jüngsten Erhebung hat die Bevölkerung von Collier County im letzten Jahrzehnt um 65 Prozent zugenommen. (So etwas verfolge ich aufmerksam.) Collier County ist berühmt für seine Zypressen, und da der größte Teil seiner Fläche in den Everglades liegt, hat sich die Besiedlung auf das Gebiet entlang der Westküste am Golf von Mexiko konzentriert. In Collier County leben außerdem noch circa zweitausend Indianer vom Stamm der Seminolen, obwohl man die wohl kaum in einer großen Stadt wie Naples antreffen wird, aus der Brenda Vinton stammt.
    Sie ist ein hübsches, sechzehnjähriges Mädchen, deren Eltern sie vermisst gemeldet haben, nachdem sie am Samstag
nicht vom Klavierunterricht nach Hause gekommen war. Sie war erst eine halbe Stunde überfällig, als sämtliche Alarmglocken losgingen. Die Leute in Naples waren nämlich ohnehin schon reichlich nervös, weil irgendein Perverser sich vor Kindern entblößt hatte und ein anderer Perverser – vielleicht war es auch derselbe, da war man sich nicht so ganz sicher – vor einer Woche versucht hatte, ein zehnjähriges Mädchen in seinen Wagen zu zerren, und nur von dem lauten Schreien des Mädchens in die Flucht geschlagen worden war. Zu alldem hatten die guten Bürger von Naples gerade von Liana Martins Tod erfahren, sodass sich verständlicherweise alle Sorgen machten, als Brenda Vinton nicht zur verabredeten Zeit nach Hause kam. Sofort wurde ein Suchtrupp organisiert, irgendjemand benachrichtigte die Medien, und ehe man sich versah, war der ganze Süden von Florida in heller Panik und fest davon überzeugt, es mit einem Serienmörder zu tun zu haben.
    Was vermutlich auch stimmt.
    Aber ich sehe mich nicht als Serienmörder. Eigentlich nicht. Serienmörder sind für mich Menschen mit einem fehlgeleiteten Gotteskomplex, die wahllos zuschlagen und in den Straßen nach Opfern suchen, die ahnungslos ihren kranken Fantasien entsprechen. Diese Menschen sind soziale Außenseiter, deren unkontrollierbare sexuelle Bedürfnisse letztendlich nur durch Töten befriedigt werden können. Sie hören erst auf zu morden, wenn sie gefasst werden.
    So bin ich nicht.
    Zunächst einmal schlage ich nicht wahllos zu, auch wenn mir bewusst ist, dass es vor allem jetzt im Anfangsstadium meines Werks (denn es ist ein Werk) manchem so vorkommen mag. Auch sind meine Opfer keineswegs willkürlich gewählt. Nein, ich habe einen sorgfältig durchdachten Plan. Und dazu gehörte auch Candy Abbot, obwohl sie dem Muster eigentlich nicht entspricht. Sie war gewissermaßen mein Testfall, ein bedauernswertes, aber notwendiges Opfer des
Krieges (denn es ist ein Krieg). Ich musste sehen, ob mein Plan praktikabel war, ob das Chloroform wirken würde, ob das Haus, in dem ich meine Opfer verstecken wollte, als Gefängnis so geeignet war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber natürlich lerne ich auch durch Erfahrung. Einige Dinge müssen modifiziert werden – so muss ich zum Beispiel immer ein paar Flaschen Wasser vorrätig halten -, wie ich überhaupt Vorkehrungen für Notfälle treffen und mich auf Unerwartetes einstellen muss. Aber alles in allem war Candy Abbot eine positive Erfahrung, zumindest für mich. (Ich glaube nicht, dass sie das genauso sehen würde.) Ganz zu schweigen von dem notwendigen Selbstvertrauen, das sie mir gab, um die nächste Stufe meines Planes zu zünden.
    Auftritt – und Abgang – Liana Martin.
    Die Zeit, bevor ihre Leiche entdeckt wurde, war ziemlich stressig. Der Sheriff hatte sämtliche Beamte im Einsatz, und obwohl zusätzlich mehrere Suchtrupps unterwegs waren, fand man zunächst nichts, sodass es Überlegungen gab, die Suche auszuweiten und vielleicht sogar das FBI hinzuzuziehen, was mich verständlicherweise beunruhigte, weil ich fürchtete, man könnte mein kleines Versteck entdecken. Nicht, dass es ein großes Geheimnis wäre. Wie auch? Das Haus steht am Rand eines großen Felds und ist von der Straße aus deutlich zu sehen, wenn man genau hinguckt. Ich habe allerdings festgestellt, dass die Leute nicht besonders genau hingucken, nicht einmal, wenn sie etwas suchen. Und dieses Feld samt dem Haus

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