Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
Anteile von der Europa-Holding einzutauschen oder wie immer man den Vorgang nennt.“
„Damit hat die Kündigung nichts zu tun“, sagte Piet Drachmann und schniefte stärker als sonst, der Heuschnupfen macht ihm zu schaffen.
„Womit dann?“ fragte Anne-Sophie, die noch immer erstaunlich ruhig war.
„Unvereinbarkeit in der unternehmerischen Zielsetzung“, sagte Piet Drachmann und grinste hämisch.
„Wissen Sie, was das Beste an dieser Kündigung ist“, sagte Anne-Sophie, „dass ich Sie nicht mehr sehen muss“, fügte sie dann hinzu. „Die ACB hatte weiß Gott ein höheres Niveau was ihre Führungskräfte betraf.“
„Dann hätten Sie dort bleiben sollen“, sagte Piet Drachmann und verließ zur Erleichterung von Anne-Sophie ihr Büro.
Anne-Sophie wählte Bernards Nummer, er war sofort am Apparat.
„Hast du Zeit, mit mir heute zu Mittag zu essen?“
„Kein Problem, was ist passiert, du klingst nicht gut.“
„Ich erzähle es dir gleich, wo willst du essen?“
„Schlag du was vor.“
„Ich brauche, glaube ich, einen beruhigenden Blick aufs Meer, wie wär’s mit dem Plage „Waikiki“ am Boulevard du Midi. „Da bekommen wir einen Tisch, bei dem nicht alle mithören.“
Bernard saß schon an einem abgelegenen Tisch des Restaurants, ein Glas Rosé vor sich, mit gespanntem Blick auf die ankommende Anne-Sophie.
„Harry Miller hat mir gerade eine Mail geschickt“, sagte Anne-Sophie und legte eine dramaturgische Pause ein.
„Und?“ war alles was Bernard sagte.
„Sie haben Ted Ambers gekündigt.“
„Sie hatten ihn doch gerade eingestellt.“
„Das Durcheinander in Amerika macht uns alle verrückt“, sagte Anne-Sophie und legte wieder eine dramaturgische Pause ein. „Sie haben nicht nur Ted gekündigt, sie haben auch Piet Drachmann beauftragt, mir zu kündigen.“
Bernard schnappte nach Luft. „Eine Unverschämtheit, eine bodenlose Unverschämtheit, dieses Würstchen einzusetzen, um dir zu kündigen.“
„Sie haben keinen Stil“, sagte Anne-Sophie.
„Sie haben generell gesehen keinen Stil“, wiederholte sie und erinnerte sich an die traumhaft schöne Terrasse auf Martha’s Vineyard, auf der das Frühstück auf Plastikgeschirr serviert worden war, um Scherben zu vermeiden. Seitdem stand für Anne-Sophie endgültig fest, Amerikanern fehlt es an Stil.
„Bleibt also nur noch Drachmann, der die Zügel übernehmen kann“, stellte Bernard lakonisch fest.
Anne-Sophie nickte. „Richtig, solange bis Harry seine Mannschaft für Nizza zusammengestellt hat.
„Das war doch alles ein Spiel, ein abgekartetes Spiel“, warf Bernard ein.
Anne-Sophie stützte ihren Kopf in beide Hände. „Es tut mir leid, Bernard, dass ich es nicht verhindern konnte. Ich kann nur hoffen, dass der Drachen einsieht, dass er dich braucht und dich freiberuflich einsetzt, so wie ich es vorhatte.
„Nein, diesen Menschen möchte ich nicht wiedersehen, nicht für alles Geld der Welt“, sagte Bernard resigniert und kräuselte seine Lippen zu einem Punkt. „Den zweiten Tag im neuen Büro und schon verliert man seinen einzigen Auftraggeber. Manchmal hilft wirklich nur ein Lottogewinn, um sein Geld in Würde zu verdienen.“ Bernard starrte auf seine Hände, bevor er aufblickte. „Und du, was machst du?“ fragte er dann.
„Ich gehe erst mal zu einem Anwalt, mein Vertrag läuft noch ein gutes Jahr. Bis dahin müssen sie zahlen. Und das werden sie.“
„So ein Mist“, Bernard malträtierte seine Unterlippe mit heftigem Nagen. Er hätte auf Anne-Sophie hören und auch bis zum bitteren Ende bleiben sollen, dann hätte er wenigsten seinen Vertrag auch in Gänze ausbezahlt bekommen. „Das Ganze kommt doch etwas plötzlich.“
Anne-Sophie nickte stumm. „Ich bin schon ab Montag beurlaubt.“
„Wie?“ fragte Bernard ungläubig, „so schnell, du gehst praktisch überhaupt nicht mehr in die Agentur?“
„Morgen noch einmal, um dem Drachen alle Arbeiten zu übergeben. Samstag, um zu packen. Vielleicht mache ich das aber noch am Freitag.“
17.
Die Hitze des Tages hatte sich im Nachthimmel aufgelöst. Es war Vollmond. Die Nachbarin von Piet Drachmann der Domaine Jardins de Mandelieu stand auf ihrem Balkon überhalb der Terrasse und rauchte eine der drei Zigaretten, die sie sich pro Tage gönnte. Sie schielte auf das Nachbarhaus. Er war zuhause und nicht allein. Das war äußerst selten. Piet Drachmann war ein Mann, der völlig zurückgezogen lebte. Alle sagten, er lebe nur
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