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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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vor einer Hütte herumstanden. Ich war von seinem Zustand entsetzt.
    »Du solltest vielleicht darüber nachdenken, nach Port Harcourt zurückzukehren; du siehst nicht besonders gut aus.«
    »Ich weiß zwar nicht, weswegen du wieder hier bist, aber ich freu mich, dich zu sehen.«
    Seine Stimme war so schwach, dass ich ihn bitten musste, zu wiederholen, was er gesagt hatte.
    »Sieh mal, ich hab dir ein paar Sachen mitgebracht.«
    Aus einer Eingebung heraus war ich, während ich im Hafen von Port Harcourt auf das Boot wartete, in einen der vielen Läden gegangen, die auf das Meer hinausblickten, und hatte mir zwei Flaschen Johnnie Walker geschnappt. Ich nehme an, dass mir immer noch nachging, wie Zaq an jenem Tag am Strand um einen Drink gebettelt hatte. Er kämpfte sich hoch und langte mit zitternden Händen gierig nach der Flasche. Und mit einem Mal überkamen mich Bedenken.
    »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist …«
    Doch seine Hand schloss sich fester um die Flasche, und ich war überrascht, wie viel Kraft in seinem Griff lag. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Baum und öffnete den Verschluss; seine Hände zitterten und er verschüttete den Inhalt, als die Flasche seinen Mund fand. Er trank, als saugte er Lebenskraft und Gesundheit aus der Flasche, doch schließlich hielt er inne, keuchte und hustete, und langsam kehrte der Glanz in seine Augen zurück. Nach dieser gierigen, konzentrierten Anstrengung, schlug er die Decke zurück und gab einen langen, wohligen Seufzer von sich.
    »Aahh! Du hast gerade ein Leben gerettet, Rufus.«
    »Hat die Krankenschwester nach dir gesehen?«
    »Ja. Sie war richtig nett zu mir.«
    Von fern sah ich eine weiß gekleidete Gestalt auf uns zukommen: Es war Naman, der aufdringliche Priester, der uns vor drei Tagen begrüßt hatte. Er kniete neben Zaqs Matte nieder, und als er die offene Whiskyflasche sah, verdüsterte sich sein Gesicht, aber er sagte nichts.
    »Willkommen zurück, Mr. Rufus.«
    »Danke.«
    »Sie sind also wiedergekommen, um zu sehen, wie es Ihrem Kollegen geht. Und ihn vielleicht mitzunehmen?«
    »Nein, ehrlich, nunja, ja. Wenn er genug Kraft hat.«
    »Schwester Gloria sagte, dass Sie gute Fortschritte machen, Mr. Zaq. Sie meinte, sie hätten es vergangene Nacht recht schwer gehabt, aber da das Fieber jetzt sinkt, wird es Ihnen besser gehen. Sie wird heute Nachmittag noch einmal nach Ihnen sehen.«
    »Wo ist die Krankenschwester jetzt?«
    »Sie muss einige Dinge in Port Harcourt erledigen, wird aber dort zugleich Medikamente für Sie kaufen.«
    Zaq stöhnte auf und griff sich an den Kopf.
    »Ich glaub, ich sterbe. Ich fühl mich jetzt schon, als wär ich ein Geist. Glauben Sie an Geister, Priester?«
    »Wir glauben selbstverständlich an Geister, gute wie böse gleichermaßen. Die bösen haben sich an Mutter Erde versündigt und finden deshalb keine Ruhe in ihrem Schoß. Sie streunen über die Erde, rastlos, auf der Suche nach Erlösung …«
    »Okay, okay. Ich hab keine Lust auf Ihre Theologie.«
    Ich führte Zaqs schlechte Laune auf das Fieber zurück, seine Trotzigkeit auf den Whisky. Der Priester stand auf.
    »Ich wollte Ihnen eigentlich dabei helfen, in Ihr Zimmer zurück zu gelangen, aber ich glaube jetzt, dass Ihr Freund Ihnen helfen wird. Ich muss gehen. Es wird Zeit für den Abendgottesdienst.«
    Er schüttelte mir die Hand.
    »Schön, Sie wiederzusehen. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie etwas brauchen.«
    »Ziemlich beschäftigt der Mann, was?«
    Zaq starrte nachdenklich dem sich entfernenden Priester hinterher, rülpste, als er wieder einen Schluck aus der Flasche nahm.
    »Ich frage mich, was er über die Entführung weiß.«
    Zaq, der immer noch etwas über Geister grummelte, gestattete mir, ihn in die Hütte zu führen. Der Schrein, wie dieser Teil der Insel genannt wurde, nahm die gesamte Küstenlinie ein, wobei sich die Hügel und der Skulpturengarten zwischen die Hütten und das Wasser geschoben hatten. Die Hütten waren so angeordnet, als sollten sie zwei Reihen in einem ungefähren gleichschenkligen Dreieck bilden, in dem die Skulpturen den größten Teil des Innenraums einnahmen und der Strand die Grundlinie bildete. Die erste Hütte den Statuen gegenüber stellte so etwas wie ein Empfangszimmer dar. Dort waren wir neulich aufgenommen worden. Nun hatte man uns in eine zweite Hütte verlegt, eine kleinere, unmittelbar hinter der Empfangshütte. Der Andachtsraum war nicht allzu weit davon entfernt. Er war größer als alle anderen Hütten und

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