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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ich es euch zurück. Wenn nicht … nun, dann spielt es ohnehin keine Ro l le mehr.«
    Ada wünschte, sie hätte eine Flechette-Waffe dabei. Sie warf e i nen Blick auf diejenige, die Daeman immer noch lässig in der Hand hielt. Noman schien unbewaffnet zu sein, aber Ada hatte gesehen, wie stark dieser Mann war.
    »Ich brauche das Sonie«, erklärte Noman erneut. »Heute. Jetzt.«
    »Nein«, entgegnete Ada.
    Unten in der Grube gab die vielarmige Waise plötzlich einen jammernden, schnaubenden, hustenden Laut von sich, der in ein Geräusch mündete, das sehr große Ähnlichkeit mit einem menschlichen Lachen besaß.
     

70
    Hoch über ihnen tobte ein Unwetter. Die Ringe und die Sterne waren längst verschwunden, und Blitze erhellten die senkrec h ten Wasserwände zu beiden Seiten und den obszön hellen Schlitz des Bruchs, der sich so weit nach Osten und Westen e r streckte, dass die Blitze zu kurz waren, um seine ungeheuren Ausmaße zu ze i gen.
    Jetzt jedoch überlagerten sich die Blitze, Donnerschläge hal l ten durch den Korridor aus von Energie gebundenem Wasser, und Harman, der gemütlich in seinem seidendünnen Schla f sack und seiner Thermohaut auf dem Rücken lag, sah die We l len fünfzig Stockwerke über ihm, die sich weitere dreißig Meter oder mehr auftürmten, als der Atlantik sich in den wütenden Sturm warf. Die dahinjagenden Wolken wanden sich keine hundert Meter über den turmhohen Wellen. Und während die dunklen Tiefen zu beiden Seiten hier über hundertfünfzig Meter unter der Oberfl ä che ruhig blieben, konnte Harman die aufgewühlten Wasse r schichten weit über ihm sehen. Ebenso aufgewühlt waren die Trichterbrücken – er hatte keinen besseren Namen für die tran s parenten Röhren, Kegel und von Energie gebundenen Tunnels aus Wasser, die den Atlantik im Norden und Süden des Bruchs miteinander verbanden, und Moira nannte sie einfach »Kanäle«. Eine solche Trichterbrücke war etwa einen halben Kilometer wes t lich von ihrem Lager in sec h zig Meter Höhe über dem trockenen Boden des Bruches zu sehen, jedenfalls wenn die Blitze aufzuc k ten, eine andere etwa anderthalb Kilometer hinter ihnen im Osten. In beiden Wa s sertunnels brodelte es nur so, gewaltige Mengen weißen Wa s sers wogten von einer Seite des Bruchs zur anderen. Harman fragte sich, ob bei Unwettern mehr Wasser über den Bruch g e trieben wurde. Jedenfalls fiel jetzt mehr Wasser auf sie herab – die sich verschiebenden Energiemauern sorgten zwar d a für, dass die hohen Wellen nicht über sie hinwegschwappten und sie ertränkten, aber die Gischt wehte als beständiger Nebel zu ihnen herab. Harmans Außenbekleidung war in seinem Ruc k sack verstaut, der, wie er herausgefunden hatte, ebenso wa s serdicht war wie der dünnhäutige Schlafsack, aber er hatte die Osmos e maske an seiner Thermohaut-Kapuze offen gelassen, und sein G e sicht war feucht. Wenn er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, schmeckte er Salz.
    Ein Blitz schlug keine hundert Meter von ihnen entfernt in den Boden des Bruchs ein. Der dazugehörige Donnerschlag ließ Harmans Backenzähne vibrieren.
    »Sollen wir von hier verschwinden?«, rief er Moira zu, die i h re eigene Thermohaut trug. Sie hatte sich ohne jede Spur von Verl e genheit vor seinen Augen nackt ausgezogen und war in die Thermohaut geschlüpft, fast so, als wären sie ein Liebespaar – was sie ja auch gewesen waren, wie er errötend erkannte.
    »Was?«, rief Moira. Seine Stimme war im Getöse der Wellen und dem Grollen des Donners untergegangen.
    »SOLLEN WIR VON HIER VERSCHWINDEN?«
    Sie schob ihre Schlafhaut näher heran und beugte sich zu ihm, um ihm ins Ohr zu sprechen. Ihr Gesicht war ebenfalls unb e deckt, sie lag nur auf dem Schlafsack, und der Nebel hatte die äußeren Schichten der hautengen Thermohaut durchnässt, s o dass man jede Rippe und die Erhebung des Hüftknochens sah.
    »Es gibt nur einen Ort, wo wir in Sicherheit wären«, sagte sie mit lauter Stimme dicht an seinem Ohr, »und zwar unter Wa s ser. Am Grunde des Meeres wären wir vor den Blitzen g e schützt. Willst du dorthin?«
    Das wollte Harman nicht. Die Vorstellung, durch die Kraftfel d barriere in diese fast absolute Dunkelheit und den schrec k lichen Druck zu treten – selbst wenn die magische Thermohaut verhi n dern würde, dass er ertrank oder zerquetscht wurde –, war in di e ser Nacht einfach zu viel für ihn. Außerdem schien der Sturm ein wenig nachzulassen. Die Wellen dort oben waren jetzt nur noch zwanzig bis

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