Orangenmond
ihren Laufschuhen kam sie gut voran. Wenn die zappa schwieg, hielt sie an, wenn sie wieder einsetzte, lief sie weiter. Manchmal nahm sie eine Abkürzung, quer zwischen den Bäumen hindurch. Die Feigenbäume, die aus den Löchern im felsigen Grund hinauswuchsen, trugen schon kleine grüne Früchte, die Mandeln an den Bäumen steckten in einer pelzigen grünen Hülle.
Es war der andere Cousin, der Rucola-Fan mit dem Schweißgeruch, den sie auf einem der unteren Grundstücke, fast schon am Hundeheim, traf. Kaum hatte er sie erkannt, stellte er den Motor ab und kam mit niedergeschlagenen Augen auf sie zu. Er trug eine Jeansweste auf der nackten Haut. So eine Weste ist eine gute Erfindung, dachte Eva, er riecht tatsächlich weniger streng, vielleicht bin ich aber auch nur durch den Marder abgehärtet. Wenn ich nur wüsste, wie der Typ heißt.
Sie nahm seine Kondolenzbezeugung entgegen, brachte die Sprache dann schnell auf den tragischen Schlag von Mim mo, das vernachlässigte Grundstück und die Trulli. Nach ein paar Minuten hatten sie sich geeinigt: Er würde am Nachmittag zu ihnen heraufkommen, um den Trichter sauber zu machen, und an einem der folgenden Tage das Unkraut unter den Olivenbäumen unterpflügen.
»Und dann brauche ich noch jemanden, der uns beim Putzen hilft, nach fünf Jahren ist alles so dreckig«, begann sie zaghaft. Zu Hause in Hamburg hatte sie keine Putzfrau, sie ertrug den Gedanken nicht, dass jemand gegen Bezahlung ihren Dreck wegmachte.
»Ich schick dir meine Frau«, sagte er, »und deren Cousine, gleich nach dem Mittagessen, so gegen drei, die sind die Schnellsten und die Besten!«
Sie dankte ihm und winkte noch mal, als sie davonging. Dann heulte die motozappa wieder auf.
Auf dem Weg zurück gab Evas Handy an der ersten Weg gabelung eine Reihe kurzer Töne von sich. Zwei SMS trudelten ein, hier gab es offensichtlich ein Netz. Eine Nachricht von Jannis, wieder durchfuhr sie das schlechte Gewissen, er hatte sich so gewünscht, sie in Rom noch einmal zu sehen. Bist du mir eigentlich noch wohlgesinnt? Miss U! Wann kannst du kommen?
Ich vermisse dich auch irgendwie, dachte sie, nur habe ich leider keine Zeit für dich. Oje, wie konnte sie ihm das klarmachen?
Eine von André: Liebelein, habt ihr was gefunden? Hast du in deinem Georg den Richtigen gefunden? Und dich selbst gefunden? Genieße es, the best moment of your life is right now!
Danke, André, dass du wenigstens nicht diesen abgedroschenen Carpe-diem-Kram geschrieben hast, antwortete Eva ihm in Gedanken. Keine Ahnung, ob ich was gefunden habe. Die zwei Wochen sind noch nicht vorbei, bis jetzt keine eindeutige Spurenlage in meinem Privatleben. Ich bleibe dran! Aber mal sehen, vielleicht hat sich bei Silke etwas Spektakuläres aufgetan. Eva nutzte das unverhofft verfügbare Handynetz, um ihre Kollegin in der Abteilung anzurufen. Sie war meistens um acht schon an ihrem Platz, kein Problem bei der Gleitzeitregelung. Früh da, früh weg, war ihr Motto.
Der Hörer wurde abgenommen. Ein leises »LKA 34, Zündel?«.
»Buon giorno!!«, rief sie. Ein Fehler, wie sie sofort merkte. Leute, die Urlaub machten, während die eigene Abteilung in Arbeit versank, wurden nicht besonders ge schätzt. »Seid ihr weitergekommen?«
»Wohl kaum.«
»Bist du mit Ulli mal an den Haltestellen gewesen?«
Silke antwortete nicht sofort. Die Enttäuschung legte sich über Eva wie ein herabfallendes Moskitonetz. Es war ein Fehler gewesen, Silke damit zu beauftragen. Sie mochte zwar Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge, verließ ihren Schreibtisch während der Arbeit aber nur ungern.
»Aber warum nicht? Du hättest die Idee doch einfach auch weiterleiten können.«
»Also, ich habe ja nicht gesagt, dass ich nichts getan habe!« So redete sie wahrscheinlich auch mit ihren Zwillingen.
»Ich bin mal in Wandsbek-Gartenstadt ausgestiegen und habe geschaut, aber da ist nicht wirklich etwas, und ich weiß auch gar nicht, wie du darauf kommst.«
»Und an der Habichtstraße?«
»Äh, da war ich dann nicht mehr.«
»War Ulli mit in Wandsbek-Gartenstadt?«
Wieder ein kurzes Schweigen. »Nein. Ich dachte, ich gucke erst mal selber.«
»Okay.« Eva spürte, wie die Wut in ihrem Hals hochkroch und ihr die Luft zum Atmen nahm. »Vergiss es. Ich bin nächste Woche wieder da. Danke trotzdem. Ciao ciao .«
Diese blöde Silke! Was war so schwierig daran, mal eine Idee zu verfolgen? Gut, dann musste es eben sein. Sie wählte die Nummer noch einmal, doch diesmal
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