Orks vs. Zwerge
ihr der Geifer aus dem Maul gespritzt war, als sie ihre Herausforderung gegen die Mauern der Stadt gebrüllt hatte. »Ist er darauf eingegangen?«
Dion schüttelte den Kopf. »Gegen eine solche Bestie? Ein Zweikampf ist eine heilige Handlung, die nur zwischen Männern von Ehre zustande kommen kann. Männern, die Gesetz und Vertrag in Ehren halten. Doch diese Orks kennen keine Ehre. Sie treten die Gesetze mit Füßen. Steinhand hat die Räte zusammengerufen, und die haben das einzig Richtige entschieden: Sie haben die Dalkar bewaffnet und sind gegen die Bestien ins Feld gezogen. Die Orks kämpften wild und grausam, aber sie waren unkoordiniert und schlecht bewaffnet. Nach Tagen heftiger Kämpfe konnten wir sie mit Gottes Hilfe besiegen. Denn wir waren im Recht. Wir verjagten die Orkbrut, und endlich konnten die Bewohner von Derok wieder ohne Angst ihrem Tagwerk nachgehen.«
Ein Pfeifen kam näher, und ein brennendes Geschoss raste über den Tempel hinweg. Weiter nördlich krachte es laut. Axt zog unwillkürlich den Kopf ein. »Aber das war vor langer Zeit. Was ist heute? Was glaubt ihr, warum uns die Orks heute so heftig angreifen?«
Dion breitete die Arme aus. »Das wissen wohl nur Gott und die Orks. Vielleicht tun sie es aus Rache, vielleicht aus Habgier. So muss es wohl sein. Sie fällen den Baum, um an die Ernte zu gelangen.«
»Und wir fällen ihn von der anderen Seite«, sagte Glond. Er starrte auf das Schwert auf seinen Knien. »Wenn er kippt, begräbt er uns alle unter sich.«
Dion runzelte die Stirn. Er schüttelte den Kopf. »Wir schlagen nur die fauligen Äste ab. Die Wurzel, die Bergfestung auf der anderen Seite des Flusses, bleibt ja bestehen.«
Axt warf einen nachdenklichen Blick auf Glond. »Solange wir nur abschlagen, was sich nicht vermeiden lässt, wird das den Baum gesund und stark machen. Aber was, wenn wir zu viel entfernen? Ohne Stamm können auch die Wurzeln nicht überleben und neues Grün austreiben.«
»Redet ihr von dem Baum hier?« Beryll ging vor dem Fass in die Hocke und hielt einen Bierkrug darunter. »Er scheint gut gewachsen zu sein. Wenn ihr ihn fällt, wird er genügend Holz für ein paar hervorragende Kisten abwerfen. Und auch für den einen oder anderen stabilen Schild.« Er drehte den Zapfhahn auf, doch es kam nichts heraus.
Dion lächelte. »Da spricht ein echter Clankrieger. Immer praktisch veranlagt und denkt nicht über den Tag hinaus. Wenn der Baum fällt, wirst du deinen Teil sicherlich abbekommen.«
»Wirklich? Das ist sehr großzügig. Aber im Augenblick wäre mir ein kühles Bier lieber.«
Dion stand auf und nahm ihm den Krug aus der Hand. »Ich bringe es dir, mein Sohn. Im Keller haben wir noch genügend Vorräte. Es wäre schade, wenn sie irgendwelchen hirnlosen Monstern in die Hände fielen.«
Axt stand auf und stellte ihren Krug ab. »Wir müssen los. Es sieht so aus, als wäre der Wagen fertig beladen.« Sie hob ihre Waffen auf und drehte sich noch einmal zu Glond um. »Es war interessant, sich mit dir zu unterhalten.«
Glond schaute ihr hinterher, als sie mit federndem Gang und wippendem Zopf davonlief. Irritiert stellte er fest, dass seine Mundwinkel zu einem dümmlichen Grinsen verzogen waren. Es musste ziemlich peinlich aussehen, aber er konnte nichts dagegen tun. Axt hatte ihm gesagt, dass er Mut bewiesen hatte. Auch wenn es nicht im Kampf gewesen war. Kein heldenhafter Zweikampf, den er gegen einen übermächtigen Ork gewonnen hatte, aber immerhin hatte er sich gegen Kearn gestellt.
Andererseits war sie die Anführerin. Anführer mussten wahrscheinlich ab und an so etwas sagen. Er seufzte.
D ie Aerc duckten sich hinter die Trümmer eines zusammengebrochenen Hauses und starrten auf einen weiteren, nebelverhangenen Platz. Der echsengesichtige Mensch hatte sie anhalten lassen und zischelte jetzt etwas, das Ragroth flüsternd übersetzte: »Der Tempel liegt direkt vor uns.« Als hätten sie nur darauf gewartet, trieben die Nebel für einen Moment auseinander und gaben den Blick auf ein massives, nachtschwarzes Gebäude frei. Es schien sich zwischen den spitzgiebeligen Wühlerhäusern regelrecht auf den Boden zu ducken.
»Das ist eine …«
»… verdammt hohe Mauer«, murmelten die Korrach-Zwillinge beeindruckt, und Krendar wurde klar, dass sie recht hatten. Was er sah, war kein Gebäude, sondern eine mehr als zwei Mannlängen hohe Mauer, die den Blick auf alles dahinter Liegende versperrte. Das Einzige, was die Mauer noch überragte, war ein
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