Orks vs. Zwerge
Eine der Bestien deutete mit der Waffe zu ihnen hinauf und winkte zwei weitere heran.
»Kommt.« Kearn machte eine einladende Geste. Sein Auge funkelte.
Esse gab sich einen Ruck und drängte sich an ihm vorbei.
Glond stieß die Luft aus und folgte ihm.
Kearn trat in den Türstock. Mit zwei gezielten Schlägen seines Streitkolbens löste er die Bolzen, die die Treppe am Turm befestigt hielten. Das Holz knarrte widerstrebend, hielt aber. Die Orks waren schon fast oben angekommen. Sie brüllten aus vollem Hals und schwangen ihre Waffen. Kearn beugte sich weit nach vorn und löste die Treppe mit kräftigen Stiefeltritten von der Wand, bis sie knarrend ins Leere kippte.
Die Orks kreischten auf und versuchten, sich springend in Sicherheit zu bringen. Der Oberste warf sich nach vorn und krallte sich am Türrahmen fest. Kearn schmetterte mit Rabenschwinge auf seine wulstigen Finger ein, doch der Ork ließ nicht los und versuchte, sich weiter in die Höhe zu ziehen. Kearn legte ihm die gepanzerte Hand auf das Gesicht und schob. Der Ork starrte ihn zwischen den gespreizten Fingern hindurch mit blutunterlaufenen Augen an. Er grunzte und schnaufte, doch Kearn schob unerbittlich weiter. Es hatte den Eindruck, als würde er lächeln. »Flieg, kleiner Vogel.«
Die zerschundenen Finger des Orks rutschten über den Stein und verloren einer nach dem anderen den Halt. Kearn drückte noch einmal kräftig zu, und mit einem Aufschrei verschwand der Ork in der Tiefe.
Der Held schlug die Tür zu und schob den Riegel vor. Schlagartig wurde es finster.
»Verdammt«, murmelte Glond und wich langsam zurück. Sein Fuß stieß irgendwo an, und er hielt inne. Lauschte. Links vernahm er Esses rasselnden Atem, direkt vor ihm an der Tür – Stille.
Metall schabte über Metall. Ganz langsam, als würde eine Klinge gezogen. Dann ertönte ein Reißen, Funken sprühten.
In Kearns Hand loderte ein kleiner Kienspan auf. Behutsam entzündete er an der Wand eine Fackel und nahm sie aus der Halterung. »Wir hatten wohl alle denselben Gedanken«, sagte er und hielt die Fackel in die Höhe. »Der Turm ist gut zu verteidigen. Sie brauchen schon eine Leiter, um hier hereinzukommen, doch selbst dann kann nicht mehr als einer gleichzeitig angreifen.« Er nickte zu einer Holztreppe hinüber, die in das nächste Stockwerk hinaufführte. »Ihr könnt sie von oben in aller Ruhe mit Bolzen spicken.« Er streckte Esse die Fackel entgegen. »Und ich bleibe hier unten und sorge dafür, dass euch niemand dabei stört.«
K rendar wurde sich plötzlich bewusst, dass er allein am Hoftor stand. Trotzdem verspürte er nicht den Wunsch, sich dem Brüllen und Stürmen anzuschließen. Langsam trat er hinter der Tür hervor und betrachtete den toten Gepanzerten, der dort in einer Lache seines eigenen Blutes lag. Seltsam. Jetzt sah er gar nicht mehr gefährlich aus. Eigentlich nur alt. Wirklich alt.
Zugegeben, er kannte sich mit Wühlern nicht aus. Wer wusste schon, wie alt diese Kreaturen wirklich wurden. Die Lieder sagten, dass ein Wühler in seinem Leben mehr als zehn Generationen von Aerc sehen konnte. Vielleicht war der hier nicht so alt gewesen, aber dass er die Blüte seiner Jahre schon weit überschritten hatte, konnte selbst Krendar erkennen. Zehn Generationen. Möglicherweise war dieser alte Zwerg dabei gewesen, als diese Stadt auf dem Stammesland erbaut worden war. Und er hatte dieses Stück Land mit seinem Leben verteidigt, obwohl er gewusst haben musste, dass der Kampf aussichtslos war. So, wie es ein Aerc für sein Dorf tun würde. Widerwillig stellte Krendar fest, dass er so etwas wie Achtung für den Toten empfinden konnte. Mit einem Grunzen riss er seinen Blick los – und bemerkte Sekesh, die ihn nachdenklich ansah.
»Ich lebe noch«, stellte er fest.
Ein kaum merkliches Lächeln zuckte in den Mundwinkeln der Ayubo. »Tatsächlich. Du lebst noch. Aber die Nacht ist noch nicht vorbei.«
»Stimmt auch wieder.« Krendar seufzte. »Irren sich die Ahnen gelegentlich?«
Sekesh hob die Schultern. »Wenn, dann habe ich noch nicht davon gehört.«
Man wird ja wohl hoffen dürfen. »Aber möglich ist es.«
»Wer weiß schon, was alles möglich ist«, gab sie zurück.
»Lass mich raten«, murmelte Krendar und hob seinen Speer auf, der zwischen den Leichen an der Pforte lag. »Die Ahnen.«
Das Lächeln der Ayubo war wieder verschwunden. »Möglich.« Sekesh sah nicht aus, als würde sie daran glauben. »Aber es ist gut, dass du überlebt hast.«
»Hm.« In
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