Orks vs. Zwerge
weiß ich, wo der Tempel ist. Jeder hier weiß, wo der Scheißtempel ist.«
»Wir sind aber nicht von hier«, sagte Ragroth.
Der Echsenmann kicherte wieder. »Das kann ich sehen. Die Stumpen freuen sich ganz und gar nicht, dass ihr da seid, das ist sicher.«
»Dann wird er uns hinbringen«, stellte Gorotak fest. »Wenn er das macht, lassen wir ihn laufen.«
»Im Ernst?«
»Wen interessiert’s? Er ist nur ein Mensch.«
Ragroth zuckte mit den Schultern und richtete die Botschaft aus.
Das Grinsen des Echsenmanns verschwand. In seinem Gesicht arbeitete es. »Nein«, sagte er dann.
»Nein?«
»Nein. Wenn ich euch hinbringe, dann will ich einen Teil davon.«
Ragroth runzelte die Stirn. »Einen Teil wovon?«
»Ich weiß genau, was ihr wollt. Ich bin ja nicht blöde. Ihr wollt das Gold der Stumpen. Jeder weiß, dass die Dreckskerle Gold horten. Die denken an nichts anderes. Außer an Bier vielleicht. Und ich weiß, dass es noch dort ist.«
Woher willst du das wissen? Die Stadt ist gefallen. Man sollte meinen, dass sie ihr Gold schon lange fortgeschafft haben.
Ragroth schwieg.
Ein Glitzern trat in die Augen des Menschen, als er Ragroth taxierte. »Du glaubst mir nicht. Aber ich habe sie gesehen, die Stumpen! Sie wollten ebenfalls zum Tempel. Ist noch gar nicht so lang her. Sie wollten etwas von dort holen.« Er senkte seine Stimme zu einem heiseren Flüstern. »Wozu sollten die Drecksäcke sonst jemanden schicken? Leute retten wollten die jedenfalls nicht. Ich will was davon abhaben. Ich bringe euch hin, ihr tötet die Stumpen, und ich ziehe ihnen die verdammte Haut ab. Und ich bekomme einen Anteil.«
Für einen Moment kaute Ragroth auf der Unterlippe. Dann gab er sich einen Ruck. »Er kann uns hinführen«, erklärte er Gorotak. »Aber er will einen Anteil.«
Der Raut schnaubte verächtlich. »Sonst noch was?«
»Ja. Er will den Wühlern die Haut abziehen.«
»Die Haut?« Der Ohrensammler fletschte die Zähne. »Der Bastard fängt an, mir zu gefallen.«
Das hatte ich befürchtet. Ragroth hielt seine Miene möglichst unbewegt und starrte nachdenklich die Gasse entlang. Nebelschwaden krochen unablässig vom Fluss herauf und rissen nur für kurze Augenblicke weit genug auf, um mehr als ein paar Schritte zu sehen. Drohend ragten die Bauten der Wühler über ihnen auf, einer am anderen. Für Ragroth sahen sie alle gleich aus. »Ich denke, er ist unsere beste Chance, den Tempel schnell zu finden«, sagte er schließlich. »Wer weiß, wie lange wir ohne ihn in diesem verdammten Nebel brauchen.«
Ein dumpfes Grollen entrang sich der Kehle des fetten Raut. Er musterte den Gefangenen argwöhnisch. »Meinst du wirklich, wir können dem da trauen?«
»Was das angeht – ich schätze, ich traue ihm fast so sehr wie dir.« Ragroth entblößte die Zähne zu einem spöttischen Grinsen. »Aber er kann uns ja trotzdem führen.«
Dreiundzwanzig
A uf dem Hof ging es hoch her. Die Helfer hatten von irgendwoher einen Wagen aufgetrieben und zwei kräftige Ponys vorgespannt. Die zotteligen Tiere betrachteten gelassen das Chaos, das um sie herum tobte. Kisten, die vor wenigen Stunden noch im Boden des Tempels versenkt worden waren, wurden aufgebrochen und ihr Inhalt auf dem Wagen verladen. Devotionalien wurden herangeschleppt, und Kearn, Esse, Beryll und die Tempeldiener stritten sich leidenschaftlich darüber, was mitgenommen und was zurückgelassen werden sollte.
Dion war mit einem dicken, in Leder geschlagenen Buch unterwegs, streng beäugt von Syik, der die Hand keinen Augenblick vom Griff seiner Waffe nahm und ohne dessen Erlaubnis niemand näher als drei Schritte an den Wagen herankam.
Dion deutete mit der Schreibfeder auf zwei seltsame Steinobelisken. »Das sind die heiligen Grotterfüße von Trollbergen. Die müssen auf jeden Fall mit hinauf. Dafür lassen wir die Tonkrüge hier. Versenkt sie wieder in der Grube.«
»Nur über meine Leiche.« Kearn funkelte ihn böse an. »Die Tonkrüge sind meinem Clan heilig. Lieber verzichte ich auf die Dornenrüstung von Qum.«
»Ich konnte die Qumen noch nie leiden«, knurrte Beryll.
Axt rieb sich die Schläfe. Eigentlich hätte auch sie die Ansprüche ihres Clans verteidigen müssen. Aber im Grunde war es ihr herzlich egal, welche dieser hässlichen Zurschaustellungen der Macht sie auf den Wagen packten und welche nicht. In ihrem eigenen Haus hätte sie ohnehin keines davon sehen wollen. Sie zweifelte daran, dass es ihr Gott anders sah. Einen so schlechten Geschmack konnte
Weitere Kostenlose Bücher