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Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Titel: Palast der Schatten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sinken. Dann ergriff er den Kessel und füllte den Kaffeefilter auf. Er fischte die Eier wieder heraus, schreckte sie ab, stellte sie in die Eierbecher. Er prüfte noch einmal alles. Butter, Brötchen, Marmelade …, der Morgenmantel, die Rosen, die Noten und das Kästchen. Seine Wangen brannten vor Aufregung.
    Carla strich der Duft von Kaffee und frischen Brötchen um die Nase. Sie rekelte sich. Sie hätte noch Stunden liegen bleiben können, um die Düfte zu genießen und dem behaglichen Klappern in der Küche zu lauschen. Dennoch war sie neugierig wie ein kleines Kind. Sie stöhnte wohlig auf, damit Theo bemerkte, dass sie wach war.
    Theo trat ans Bett, küsste sie, bis sie keine Luft mehr bekam.
    Â»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Knöpfchen.«
    Ihre Augen leuchteten. Die Wangen waren gerötet.
    Â»Kann ich jetzt aufstehen?«
    Theo lachte. »Du kannst reinkommen. Nein, warte, mach die Augen zu, ich führe dich.«
    Carla hüpfte aus dem Bett. Sie trug ihr schönstes Nachthemd mit Elsässer Renforcéspitzen und schmalen Trägern.
    Â»Augen zu, sag ich. Wirst du wohl nicht blinzeln!«
    Er führte sie in die Küche. Nahm den Morgenmantel vom Geburtstagstisch, legte ihn ihr über. Carla fühlte den fließenden Stoff unter der Hand. Sie gluckste vor Freude.
    Â»Jetzt darfst du gucken, Prinzessin aus Tausendundeiner Nacht.«
    Sie wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Der Tisch war zauberhaft gedeckt. Ein großer Strauß roter Rosen prangte in der Mitte. Sie selbst war eine Rose in ihrem taftenen Morgenmantel, über und über mit Rosen bestickt. Rote Rosen auf blauem Untergrund. Sie umschlang Theo mit den Armen.
    Â»Das ist der schönste Geburtstag meines Lebens.«
    Theo klopfte das Herz.
    Â»Als Erstes musst du dieses Geschenk auspacken.«
    Carla nahm das Päckchen entgegen, wickelte es aus. »Der Klavierauszug! Wir zeigen ›Der Student von Prag‹! Das ist großartig. Wann, wann, Theo?«
    Â»In zwei Wochen.«
    Sie küsste ihn.
    Â»Ich freu mich so! Ich werde üben, bis mir die Finger abfallen.«
    Heiße Wellen durchströmten Theo. Er legte Carla das Holzkästchen in die Hände.
    Â»Jetzt dies.«
    Â»Wie schön es geschnitzt ist.«
    Sie roch daran. Vom süßlichen Duft des Sandelholzes eingehüllt, hob sie den Deckel. Zuoberst lag eine vergilbte Postkarte. Sie zeigte ein Liebespaar auf einer Gartenbank, von Blumenranken umkränzt, die Frau in einem weißen Kleid auf dem Schoß des Geliebten, der ihre Taille mit dem linken Arm umfasste. Sie nahm die Karte heraus. Zwei goldene Ringe kamen zum Vorschein. Carla schoss tiefe Röte ins Gesicht, die sich bis über ihren Hals zog. Ihre Lippen zitterten. Ihr ganzer Körper begann zu beben, als würde sie von einem Krampf gerüttelt.
    Â»Theo, ich …«, stammelte sie.
    Theo nahm ihren Ring aus der Schachtel und streifte ihn über ihren Finger. Er küsste Carlas samtige Lippen. Carla vergrub ihren Kopf in seiner Armbeuge und weinte. Theo schluchzte auf vor Rührung und Glück. Er legte ihr seinen Ring in die Hand. Mit verkrampften Fingern steckte sie ihn Theo an, während ihr Rinnsale übers Gesicht liefen, als würden sie niemals versiegen. Auch Theo weinte. Er umschloss Carlas Kopf mit den Händen und küsste sie. Dann lachte er durch die Tränenflut hindurch.
    Â»Ist es nicht eigenartig? Im glücklichsten Moment seines Lebens muss man weinen.«
    Sie frühstückten. Carla bemühte sich, fröhlich zu wirken und mit gutem Appetit zu essen. In ihrem Inneren jedoch tobte ein Sturm von Ängsten und Gedanken. Sie fürchtete, Theo könnte ihr den bedrohlichen Strudel, in dem sie wirbelte, ansehen. Er aber schwelgte in seinem Glück und strahlte sie an. Sie lächelte zurück. Er küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss. So flog die Zeit dahin.
    Â»Ich muss jetzt runter«, sagte Theo. »Und du hast heute frei. Paul spielt für dich. Nach der Abendvorstellung feiern wir alle zusammen. Ich habe Sekt und Gebäck besorgt. Du brauchst dich um nichts zu kümmern.«
    Carla hörte, wie die Tür zuklappte. Loliiiita, Loliita, schallte es aus dem Treppenhaus zu ihr hinauf. Alle Kraft wich von ihr. Sie ließ sich auf den Sessel fallen. Übelkeit stieg in ihr auf. Die Vergangenheit wucherte in ihr und zerstörte ihre Zukunft, so sehr sie sich auch dagegen

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