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Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Titel: Palast der Schatten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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steht dir gut.«
    Sie hakten sich ein und wählten den Weg durch den Park. Das Herbstlaub fiel auf sie nieder und raschelte unter ihren Schritten.
    Â»Hast du was von Theo gehört?«, fragte Guste.
    Â»Nein, nichts, nichts, nichts. Und bei dir?«
    Â»Ich habe mehrere Karten und Briefe von Hans bekommen. Er kämpft in Russland. Es geht ihm gut. Gott sei Dank. Ich habe ihm gerade ein Paket gepackt.«
    Â»Ich schreib ans Rote Kreuz«, sagte Carla. »Vielleicht finden sie Theo.«

    Von allen Seiten strömten Frauen zum Volkshaus hin, mit Hüten und Wolltüchern, unter denen müde und ängstliche Gesichter hervorschauten. Auch Witwen waren darunter. Vor dem Eingang staute sich die Menschenmenge. Eine Wolke von Kernseifenduft und billigen Parfums schwebte über den Frauen. Langsam schob sich die Masse durch die Tür. Carla und Guste suchten sich Stühle. Der Saal füllte sich bis auf den letzten Platz. Saaldiener schafften weitere Stühle herbei. Stuhlbeine scharrten auf dem Holzboden. Ein Gewirr von Frauenstimmen summte durch den Raum. Die Luft roch seltsam schwer nach abgestandenen Ausdünstungen vergangener Veranstaltungen.
    Eine Handglocke gellte. Die Frauenstimmen versiegten. Angespannte Stille breitete sich aus. Die Vortragende Reschke, eine hagere Frau mit Adlernase, das Haar zu einem Knoten gesteckt, mit einem langen Kleid aus schlichtem, blauem Tuch bekleidet, betrat mit ernster Miene das Podium. Ihre pathetische Stimme schallte in den Raum.

    Â»Ein schriller Ton … durch Mark und Bein …
    â€ºEs musste sein! Es musste sein‹
    Der Boden dröhnt vom Eisenschritt,
    Und alle, alle reißt es mit,
    Für Reich und Recht zu streiten.

    Ein Ringen gilt’s – unmenschlich schwer! –
    Fort mit dem Wort: ›Ich kann nicht mehr‹,
    Mit weichem Sinn und lauem:
    Die Grenzen schirmt der Männer Stahl –
    Zum Kampf mit tausendfacher Qual
    Steht auf, ihr deutschen Frauen!

    Ihr saht des Friedens schönen Traum …
    Da loht er auf, der Weltenbaum!
    Der Erdkreis steht in Flammen.
    Hoch weht das deutsche Banner: ›Durch!‹
    Wir kämpfen um die Wagenburg,
    Wir stehn mit euch zusammen!‹

    So, deutsche Frauen, schrieb Helene Lange, eine der Führerinnen der deutschen Frauenbewegung, in den ersten Tagen der Mobilmachung.
    Ich begrüße euch herzlich zu meinem Vortrag: ›Wir Frauen und der Krieg‹, ein Thema, das in diesen schweren Tagen uns allen auf dem Herzen liegt. Kein Tag vergeht, an dem wir nicht an den Krieg und unsere Männer und Söhne denken, um sie fürchten und für sie beten. Oder auch trauern.
    Für unser Ohr hat das Wort Krieg einen ganz anderen Klang als für das Ohr des Mannes. Manchem deutschen Mann ist der Kriegsruf wie eine Befreiung erschienen. Heraus aus dem drückenden Einerlei des Alltags! Er darf ohne alle ängstliche Berechnung und Bedenklichkeit alles aufs Spiel setzen und seine Mannestugenden zur Geltung bringen für eine große, heilige Sache, für Freiheit, Macht und Ehre seines Volkes! Unsere Bestimmung hingegen ist, Leben zu schaffen und Leben zu pflegen – und deshalb sind wir aus dem tiefen Urgrund unseres Wesens heraus Feindinnen des Krieges; wir müssen es sein, weil er Leben zerstört und unbeschreibliche körperliche und seelische Qualen schafft.
    Bei dem Wort Krieg denkt der Mann an Sieg, die Frau an Blut und Tränen. Keine Frau wird auf ein mit toten Leibern bedecktes Schlachtfeld blicken können ohne den kummervollen Gedanken: So vieler Mütter Söhne! So viele Menschen, unter Schmerzen geboren, um hier zu liegen! Doch wir dürfen nicht nur die Schrecken des Krieges vor Augen haben. Wir sind nicht nur Frauen, wir sind auch Staatsbürgerinnen! Der Krieg zerstört und tötet nur notgedrungen; sein Ziel ist vor allem die Sicherung des Friedens! Der Krieg ist heilige Notwehr. Unser Volk hat diesen verheerenden Krieg nicht gewollt.« Die Rednerin räusperte sich. »Doch es ist heute nicht unsere Aufgabe festzustellen, ob dieser Krieg zu begrüßen oder zu beklagen ist. Der Krieg ist da. Wir wissen, alles Große in der Welt muss erkauft werden mit schweren Opfern; es geht nicht anders, als dass jetzt Tausende von deutschen Frauen ihr Liebstes hergeben!
    Der Mann muss sein Leben einsetzen, um möglichst viele Feinde zu vernichten; wir dürfen unser Leben einsetzen, um möglichst vielen tüchtigen

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