Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
weichzuklopfen.
Sie waren schon fast da. Der Hubschrauberlandeplatz des Campus Virchow-Klinikums kam in Sichtweite. König sah, wenn auch von dieser Höhe aus noch recht klein, die vier Personen dort unten, die zu ihnen heraufschauten. Nur drei trugen Schutzanzüge …
Der Hubschrauber blieb über der Landefläche in der Luft stehen und bewegte sich langsam nach unten. Er war nur noch wenige Meter vom Boden entfernt, als plötzlich mit einem lauten Knall die Scheibe des Cockpits zerbarst: Eine Kugel schlug durch die Schläfe des Piloten und knallte in den Dachhimmel des Hubschraubers, wo sie stecken blieb. König sah, wie aus dem großen Loch im Schädel des Piloten Blut floss, das seitlich an seinem Gesicht und dann weiter den Hals hinunterlief. Einen Augenblick später kippte der Oberkörper des Piloten nach vorne gegen den Steuerknüppel.
Der Hubschrauber geriet gefährlich in Schieflage und sackte mit der Nase nach unten ab. König wurde in den Sicherheitsgurt geworfen. Von hinten flogen lose Gegenstände nach vorne und krachten auf die Scheibe. Einen Moment lang sah es so aus, als ob die Maschine im freien Fall hinabstürzen und auf dem Boden zerschellen würde. König handelte jedoch geistesgegenwärtig: Rasch schob er den Oberkörper des Piloten zur Seite und riss den Steuerknüppel im allerletzten Augenblick herum, was den Hubschrauber wieder in eine einigermaßen gerade Position brachte. Dann schnallte er sich und den Toten los. Unter allergrößter Anstrengung zog er den Piloten vom Sitz weg nach hinten und setzte sich an den Steuerknüppel. Unsicher blickte er auf die Bedienelemente. Er besaß zwar einen Flugschein für Helikopter, aber es lag schon etliche Jahre zurück, dass er selbst geflogen war.
Bisher hatte er keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wer auf sie geschossen hatte. Jetzt, wo er nach unten schaute, sah er zum ersten Mal den Schützen. Wie Naomi und die drei anderen stand auch er am Rande des Landeplatzes, allerdings auf der gegenüberliegenden Seite. Es handelte sich um einen Mann in den mittleren Jahren, dessen Haar bereits ergraut war. Er trug einen edlen Pyjama aus einem glänzenden Stoff, wahrscheinlich Seide, auf dessen Brust ein goldenes Emblem aufgestickt war. Seine nackten Füße steckten in eleganten Lederslippern. Dem Aussehen nach zu urteilen, musste es sich um einen Patienten der Klinik handeln, der sich infiziert hatte. Mit der Pistole in seiner Hand setzte er sich in Bewegung und schlurfte über den Platz auf Naomi und ihre Begleiter zu. Beim Gehen schwankte er hin und her wie ein Betrunkener. König sah, wie Jimmy seine Waffe zog, sie auf den Infizierten richtete und ihm etwas zurief – wahrscheinlich, dass er die Pistole fallen lassen sollte. Der Mann ging ein paar Schritte weiter, bis er etwa die Mitte des Platzes erreicht hatte. Dort blieb er regungslos stehen. Es sah zunächst so aus, als würde er Jimmys Befehl Folge leisten.
König bemerkte, dass der Infizierte plötzlich den Kopf drehte und zum Eingang der Chirurgischen Unfallstelle schaute. Der Polizist folgte dem Blick des Mannes im Pyjama und sah, wie aus dem Gebäude weitere infizierte Patienten durch die Tür nach draußen drängten. Die meisten bluteten aus Mund und Nase, hatten aufgedunsene Körper und Gesichter und trugen tiefe Verletzungen und Wunden an Händen und Beinen. Bei einem, der nur ein OP-Hemd trug, klaffte ein großes schwarzes Loch vorne im Bauch. Als die Meute auf den Hubschrauberlandeplatz strömte, war König klar, dass er hier nicht mehr landen konnte.
Innerhalb von Sekunden war der Mann im schicken Pyjama von seinesgleichen umrundet. Und auf einmal kehrte wieder Leben in ihn zurück. Ruckartig hob er die Waffe nach oben und begann, das ganze Magazin auf den Hubschrauber abzufeuern. Die Kugeln durchlöcherten den Körper des Helikopters wie einen Schweizer Käse. Mehrere Geschosse trafen den Benzintank, aus dem Sekundenbruchteile später hohe Flammen schossen, die den Rumpf der Maschine in Brand setzten. Rasch breitete sich das Feuer aus.
König wusste, dass er sterben würde, wenn er nichts unternähme. Und er durfte keine Zeit verstreichen lassen, sondern musste sofort handeln.
Der Hubschrauber war nur noch wenige Meter vom Boden entfernt. König schoss vom Sitz hoch und stieß die Tür auf. Er zögerte kurz, dann sprang er aus der Maschine. Als er auf dem harten Betonboden aufkam, knickte er mit einem Fuß um. Er schrie vor Schmerzen auf, rappelte sich aber schnell wieder hoch
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