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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Glück zur Schau tragen. Alle scheinen zu wissen, daß wir vom Kino als Verlobte heimkehren werden.
    Das Mädchen bequem auf dem Kissen des Gepäckträgers, radle ich dem Zentrum zu. Es war auf einer langen freien Strecke, in einer schwach beleuchteten Avenue, wo mir dieses reizende Mädchen von selbst einen flüchtigen, leichten Kuß gab. Für mich kam das so unerwartet, daß ich beinahe vom Fahrrad gefallen wäre.
    Die Hände ineinander verschlungen, sitzen wir dann im dunklen Kinosaal, und ich lasse meine Finger sprechen und empfange beglückt ihre Antwort. Unser erstes Liebesduett in diesem Kinosaal, wo ein Film vor uns ablief, den wir nicht wahrnahmen, vollzog sich völlig schweigend. Ihre langen, gepflegten, hübsch lackierten Nägel, die sanften Bewegungen ihrer Handfläche singen das Lied der Liebe weit besser, als wenn sie gesprochen hätte, und sie geben mir zu verstehen, was sie für mich empfindet: ihr Verlangen, die Meine zu werden. Sie hat den Kopf auf meine Schulter gelegt, so daß ich ihr reines Antlitz mit Küssen bedecken kann.
    Diese anfangs so zage, schüchterne Liebe verwandelte sich schnell in Leidenschaft. Ich hatte ihr, bevor sie die Meine wurde, erklärt, daß ich sie nicht heiraten kann, weil ich in Frankreich eine Frau habe. Kaum einen Tag lang hat sie das bedrückt. Eines Nachts ist sie einfach bei mir geblieben. Wegen ihrer Brüder und einiger Hindunachbarn und -nachbarinnen, so sagte sie mir, möchte sie lieber mit mir zusammen bei ihrem Vater leben. Ich war einverstanden und bin also in das Haus ihres Vaters gezogen, der allein mit einer jungen Javanerin, einer entfernten Verwandten, lebte, die ihm den Haushalt führt. Es ist nicht weit von dem Haus, wo Quiek und Van Hue wohnen, ungefähr fünfhundert Meter. So können die beiden Freunde täglich bei mir vorbeikommen und abends eine gute Stunde mit uns verbringen. Sehr oft essen sie auch mit uns zusammen.
    Wir betreiben noch immer unseren Gemüsehandel am Hafen. Ich gehe um halb sieben aus dem Haus, und fast immer begleitet mich mein Hindumädchen. Eine große Thermosflasche voll Tee, ein Glas Marmelade und geröstetes Brot, alles zusammen in einem Ledersack verstaut, erwarten Quiek und den Einarmigen, damit wir zusammen das Frühstück einnehmen können. Sie bereitet es selber zu und besteht auf diesem Ritus: die erste Mahlzeit des Tages zu viert einzunehmen. In ihrem Sack hat sie alles, was dazu nötig ist. Sie breitet eine ganz kleine Decke mit Spitzenrand höchst feierlich auf dem Gehsteig aus, den sie vorher mit einer Bürste saubergefegt hat, und stellt darauf vier Unterteller und vier Porzellantassen. Und so auf dem Gehsteig sitzend, frühstücken wir mit allem Anstand.
    Es ist eigentlich seltsam, so am Straßenrand Tee zu trinken, als wenn man sich in einem Raum befände, aber sie findet das ganz natürlich, und Quiek und der Einarmige auch. Sie scheren sich auch nicht im mindesten um die Leute, die an uns vorbeigehen, und finden ihr Verhalten ganz selbstverständlich. Ich möchte ihr nichts verwehren, denn sie ist so froh, uns das Frühstück auf diese Art zu servieren, uns Marmelade auf unsere Toasts zu streichen, daß ich sie gekränkt hätte, wäre ich dagegen gewesen.
    Vorigen Samstag hat sich etwas ereignet, was mir den Schlüssel zu einem Geheimnis lieferte. Denn wir sind nun schon zwei Monate beisammen, und während dieser Zeit hat sie mir öfter kleine Mengen von Gold übergeben. Es sind immer Teile von zerbrochenen Schmuckstücken: die Hälfte eines Goldrings, ein einzelner Ohrring, ein Stück von einer Goldkette, das Viertel oder die Hälfte einer Medaille oder einer Goldmünze. Da ich das Gold nicht zum Lebensunterhalt brauche, obwohl sie mir sagt, daß ich es verkaufen möge, hebe ich es in einer Schachtel auf. Ich habe schon an die vierhundert Gramm beisammen. Manchmal frage ich sie, woher das alles kommt, dann hält sie mich hin, umarmt mich, lacht, gibt mir aber keine Erklärung.
    An jenem Samstag nun, gegen zehn Uhr vormittags, bittet mich mein Hindumädchen, ihren Vater mit meinem Fahrrad irgendwohin, ich weiß es nicht mehr recht, zu bringen: »Papa«, sagt sie zu mir, »wird dir den Weg zeigen. Ich bleibe zu Hause, um zu bügeln.« Etwas unwillig, da ich annehme, daß der Alte irgendwo weit entfernt einen Besuch machen will, bin ich doch aus Höflichkeit bereit, ihn dorthin zu radeln. Er sitzt, ohne ein Wort zu reden, da er ja nur seine Sprache kann, auf dem vorderen Gepäckträger, und ich schlage die

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