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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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Schwanz beringest du, wie der Dichter sagen würde.
    Ah, wie du redest, sagte Gyöngyvér, und vor Lust stieg ihre Stimme von der höchsten Tonlage auf die tiefste hinunter. Beide mussten niesend lachen, spuckten sich dabei an, was ihr Lachen noch verstärkte. Damit der schöne Vogel nicht wegfliegt, kreischte Gyöngyvér, ich habe dich beringt, um dich zu fangen.
    Meine Unabhängigkeit gebe ich nicht auf, hoffe das ja nicht.
    Weiter, bitte.
    Du fängst mich mit gar nichts.
    Sag noch mal Schwanz, bitte.
    Doch der Mann verstummte und mochte von da an nichts mehr sagen. Er genoss die Worte, das Reden, es war, als hätten sie damit die Atome der Dunkelheit sichtbar gemacht, er fühlte einen starken Antrieb zum Sprechen, empfand aber den Erzähler in sich als fremd und naiv. Alles, aber auch alles sagen. Ungefährliche Themen gab es in seinem Leben kaum, vielleicht reizte ihn das. Und etwas ungewohnt Kindliches war in seinem Erzählen erschienen; schwang in jedem Satz mit, es wäre durchaus angenehm gewesen, seinen Geschmack zu spüren, auch wenn er bisher gar nicht gemerkt hatte, dass es zwischen Kindheit und Erwachsenenalter eine solche Distanz gab. Es war gut, alles auszusprechen, noch mehr wäre noch besser gewesen, doch im Augenblick des Aussprechens war es wiederum schlecht, es zu hören, denn da sah man diese Distanz.
    Während sie mit aufgerissenen Augen einander in den offenen Mund hineinerzählten und keiner von ihnen die Wimpern senken mochte, verschob sich unmerklich der Schwerpunkt ihrer Körper. Lange hält man es in derselben Position nicht aus, vom Gewicht des anderen Körpers schliefen ihnen Beine und Arme abwechselnd ein. Man musste sie befreien. Sie rollten sich langsam, ein wenig. Gyöngyvérs Schoß ging dadurch weit auf, und während die Schere ihrer Schenkel unwillkürlich an den Schenkeln des Mannes hochrutschte und sie mit starken Beinen schon fast seine Hüfte umklammerte, ließ sie die von der Anstrengung gespannten, eingebuchteten Hinterbacken los, um den breiten, ruhigen Rücken an sich zu ziehen. Wenigstens ihre Arme entkrampften sich. Der fühllose Arm des Mannes fuhr unterdessen unsicher herum, als wüsste er nicht, was er jetzt tun sollte. Um ihre symmetrische Position einigermaßen zu wahren, hätte er nach unten greifen müssen, den kleinen Hintern der Frau packen; sie mit den Händen in sich hereinlöffeln, sie an ihrem runden Arsch lenken.
    Seine Hände verlangten nach ihrem Arsch, und auch wenn er schon bis zum Anschlag in ihr steckte, wollte er seinen Schwanz noch tiefer hineinstoßen, sie mit beiden Händen noch unwiderruflicher über sich ziehen, obwohl dafür kein Platz mehr war. Tatsächlich ging es in diesem Augenblick um seine Unabhängigkeit. Darum, sich nicht dem Rhythmus der Frau auszuliefern, damit es nicht in eine verheerende Monotonie umkippte, damit es nicht, so wie die Frau es wollte, mit einer gewöhnlichen, unbedachten Ejakulation endete, damit es nicht endete.
    So dumm. Wie überaus dumm eine solche Frau doch ist. Unterdessen zog ihn ihr offener Schoß so glatt und ungehindert mit, dass er nicht viel tun konnte, keine Mittel hatte zur Verteidigung. Bestimmt ist es kein Zufall, wenn die kleinen Jungen ihre Mutter heiraten wollen. Sie hat mich mit meinem Vater betrogen. Die Monotonie, die sich drehende Spirale der gleichmäßigen Beschleunigung war stärker als er. Die Leichtigkeit, Glätte, Biegsamkeit des Frauenkörpers hatten ihn überwältigt.
    Sie ist mir ein bisschen zu gewöhnlich, stellte er bei sich fest, ein bisschen zu konventionell, aber das störte ihn nur einen Augenblick lang.
    Und dann ist sie zu schnell, begreift und bedient nicht einmal ihre eigenen physischen Bedürfnisse, aber er genoss ihre gierige Ungeduld.
    Jetzt klinke ich mich aus, sagte er sich und meinte damit, dass er dem fordernden Rhythmus der Frau nicht mehr folgen würde.
    Aber er tat es noch nicht.
    Klar, Gyöngyvér wollte ungeduldig etwas zu Ende führen, das sie in Wahrheit noch gar nicht begonnen hatten. Er war sich nicht sicher, ob man diese Frau in ihrer drängenden Erregung bremsen konnte. Sie spielt die Heftige, dabei ist sie total gehemmt, und die Leidenschaftlichkeit steht ihr nicht. Es ist auch kein Zufall, dass sie nicht Sopran, sondern Alt singt. Das ist seltener, sie hingegen möchte sein wie die anderen. Sie chargiert. Bestimmt hat man das bisher von ihr erwartet, hier im Theater ist das die Konvention. Sie können nicht abwarten, dass etwas von sich aus reift. Also ist

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