Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
Verhalten nicht. Aber beruhig dich, da gibt’s nichts zu verstehn.«
    Er warf die Hummer auf den Sitz. Dann winkte er mir zu und verzog sich. Sein letzter Blick verhieß nichts Bestimmtes. Ich kannte ihn nicht gut genug, um zu wissen, woran ich war. Ob er seine Gefühle nur verbergen konnte, ob er überhaupt welche hatte.
    Ich grillte sie, als ich zurück war, flambierte sie mit Bourbon, und ich aß draußen, eine Kerze auf dem Tisch und eine Monte Cristo zum Abschluß. Der Mondschein verteilte sich auf dem Meer, und es war hell. Ich spürte ein leichtes Kribbeln in mir aufsteigen, als mir in aller Unschuld der Gedanke kam, daß es hell genug war zum Lesen. Ich spielte mit dieser Vorstellung, während ich meine Zigarre aufrauchte, blies ihm ein paar neckische Ringe zu, schalkhafte bläuliche Strahlen, dazu bestimmt, es zu zähmen, ohne ihm jedoch die geringste Chance zu lassen, mir zu entkommen. Zudem kam es mir vor, als wäre nicht ich derjenige, der es holte, sondern als hätte es sich selbst in einem Augenblick hingegeben, wo ich nichts verlangte. Na ja, wie dem auch sei, ich stand auf, klemmte es unter meinen Arm, bewaffnete mich mit einem soliden Küchenmesser und setzte mich wieder nach draußen.
    Das Schloß sprang zusammen mit einem Stück des Einbands heraus. Ich schaute auf die Uhr. Edith war sicher in ihrem Bett zusammengezuckt oder mitten in einem schrecklichen Albtraum aufgewacht.
     
    12. Februar 1958
    Ich habe dermaßen geblutet, daß ich dachte, er fällt gleich in Ohnmacht. Ich hatte geahnt, daß das nicht sehr lustig sein würde. Ich war nicht enttäuscht. Ich hatte nicht mal große Lust dazu, aber früher oder später muß man sich einen Ruck geben. Mein Unterleib tut noch ein bißchen weh, wenn ich drauf drücke. Ich kann nicht behaupten, daß ich mich anders fühle oder was auch immer. Vielleicht sehe ich morgen klarer. Vielleicht muß man ein wenig warten. Jedenfalls, das ist nichts, gar nichts, das ist, als hätte man mich operiert. Ich habe nicht den Bruchteil einer Sekunde etwas davon gehabt. Ich glaube, ich habe die ganze Zeit Grimassen geschnitten, er hat mich sogar gefragt, was ich hätte, er hat mich gefragt, ob ich Jungfrau sei, dieser blöde Idiot.
    Nun denn, es ist passiert. Ich kann nicht verstehen, daß man danach wieder Lust dazu hat. Aber ich bin nicht in der Verfassung, mir das nächste Mal vorzustellen. Ich denke lieber nicht daran.
    Zumindest hat er ihn früh genug rausgezogen, und in dem Punkt kann ich nichts sagen, ich muß zugeben, er hat Wort gehalten. Vielleicht war ich deswegen auch ein wenig verkrampft und nervös. Aber ich will keine Entschuldigungen. Vielleicht hätte ich auf Rebecca hören sollen und mir einen etwas älteren Typen suchen sollen, einen, der sich geschickter angestellt hätte, aber das ist leicht gesagt. Ich weiß es nicht. Und ich werde es nie wissen. Es ist mir auch egal. Deshalb fang ich nicht an zu weinen. Ich werde noch heiß baden, bevor ich ins Bett gehe. Ich will die Sache nicht aufbauschen.
    Ich habe das Bettuch in den Kessel geschmissen, damit keiner etwas merkt. Als ich zurückkam, hat er versucht, mich zu küssen. Ich habe ihm gesagt, für heute ist Schluß. »Sag bloß, es hat dir nicht gefallen …«, meinte er. Ich habe ihm keine Antwort gegeben. Manchmal fragt man sich, ob die überhaupt was in der Birne haben. Er sah doch, daß ich mich kaum auf den Beinen halten konnte und keine Lust hatte, daß er mich berührt, aber das machte ihm nichts aus, er hielt sich für einen jungen Gott oder was weiß ich, er glaubte, ich wollte noch mehr. Herrgott noch mal, manchmal haben die ein Brett vorm Kopf!
    Ich dachte, das Haus sei leer, aber als wir runtergingen, kam uns Henri-John entgegen. Wir sind uns seit zwei Tagen nicht grün, ich weiß nicht mal mehr, warum. Er hat uns ganz komisch angeschaut, besonders mich. Aber Bob war großartig, er hat einfach gesagt: »He, wo steckst du! Ich wollte dich abholen …« Den Rest habe ich nicht mehr mitbekommen, ich bin ins Wohnzimmer geflitzt und habe mir ein Buch genommen. Ich hatte ein wenig Herzklopfen. Es fehlte nicht viel, und er hätte uns mittendrin erwischt. Ich frage mich, was er für ein Gesicht gemacht hätte.
    Er kam rein und hat sich mir gegenüber hingesetzt. Ich habe schon gemerkt, daß ihn die Sache stutzig machte, sonst wüßte ich nicht, weshalb er nicht mit Bob gegangen ist, und ich wüßte auch nicht, warum er bei mir blieb. Ich tat so, als wäre er nicht da. Ich bin ihm keine

Weitere Kostenlose Bücher