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Perry Rhodan - Jupiter

Perry Rhodan - Jupiter

Titel: Perry Rhodan - Jupiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: div.
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Schauspieler mit. Vielleicht war der Film amüsant, eine geistreiche Komödie. Oder ein geistreicher Krimi. Oder ein geistreiches Historienkabarett.
    Von all dem war natürlich keine Spur. Wir sahen keine Menschenseele, hörten nur die Stimmen, die, so viel war klar, aus den Zimmern kommen mussten, in denen nun nach und nach das Licht erlosch.
    Die Zimmer des Holzhauses.
    Die körperlosen Stimmen sprachen: »Gute Nacht, Jason«, »Gute Nacht, Mary-Ellen«, »Gute Nacht, Jim-Bob«, »Gute Nacht, Erin«, »Gute Nacht, Ben«, »Gute Nacht, Elizabeth« und »Gute Nacht, John-Boy.«
    Es gab Abende, da spielte uns Beaujean dieses Stück sechs- oder siebenmal in einer Schleife vor. Danach nickte er uns wissend zu, zwinkerte, oder er lachte lauthals, oder er sagte und tat gar nichts, weil er während der letzten Runde eingeschlafen war, und wir verließen den Fernsehraum auf Zehenspitzen, nachdem ein wirres Flimmern und Flirren an die Stelle des Bildes vom Holzhaus getreten war, und gingen in unsere Zelle.
    An anderen Abenden schloss er an die Vorführung eine kleine erbauliche Unterweisung an, die beispielsweise von der Frage ausging, aus welchem der dort im Film unsichtbar Gute-Nacht-Wünschenden am deutlichsten der Buddha herausstrahlte. Oder er lehrte uns, dass der Buddha in keiner der sieben Stimmen zu hören sei, wohl aber in jedem der sieben Schweigen. Oder dass der Buddha im vergangenen Tag sei, jenseits der erwünschten Nacht wie jenseits alles Erwünschten.
    Ich hatte Nächte erlebt, in denen mir kurz vor dem Einschlafen die geisterhaften Stimmen durch den Kopf strichen, manchmal einander eine gute Nacht wünschten, manchmal mir, manchmal dem Buddha, der aber nie antwortete.
    Ich hatte Nächte erlebt, in denen ich das Nirwana mit der Haut herannahen fühlte wie ein Segel die auffrischende Brise, sein sanftes Wehen, das alles Weh auflöste wie Wind den Nebel.
    Meist aber saß ich in den Nächten in meiner Zelle am Rand des Glasbrunnens. Ich schaute durch das reine Kristallit, das große Bullauge in der abgeschrägten Wand meiner Zelle, hinunter auf das Auge des Jupiter, den roten Jahrtausendsturm, über dem in wenigen Hundert astronomischen Klaftern Entfernung das Diamantene Floß seit über einem halben Jahrtausend in seinem stationären Orbit flog.
    Über dem Sturm, mit dem Sturm, unberührt vom Sturm, in hoher Geschwindigkeit scheinbar unbewegt, in der großen Unbewegtheit scheinbar geschwind. Denn vom Standpunkt des allgegenwärtigen Nichts aus betrachtet stand alles still.
    Die Stimmen sagten: »Gute Nacht, Jim-Bob«, »Gute Nacht, Erin«, »Gute Nacht, Elizabeth« und »Gute Nacht, John-Boy.«
    Dann erlosch das Bild. Flimmern und Flirren. Beaujean schnarchte. Die anderen verließen den Fernsehraum auf Zehenspitzen. Wir waren sieben terranische Nonnen und Mönche, zwei topsidische Novizen – die Meister Beaujean allerdings als unsere Praktikanten zu bezeichnen liebte – und etwa fünfundzwanzig Gäste.
    »Du bleibst noch?«, flüsterte Anadea mir im Vorbeigehen zu. Ihre Augen, die denen Valeries in einem gewissen Licht beinahe glichen.
    »Ein wenig bleibe ich noch«, sagte ich.
    »Kommst du später zu mir?«
    Der nasse Lappen ihrer Zunge über meinen Lippen – der Gedanke daran war alles andere als unangenehm.
    »Mir ist heut nicht nach Exerzitien.«
    »Gut«, schloss sie und ging.
    Ich saß einige Minuten da und meditierte über eine meiner liebsten Lehrgeschichten, die vom Mönch, der Yün-men gefragt hatte: »Was wisst Ihr über den Herbst zu sagen, wenn die Bäume dünn werden und die Blätter fallen?«
    Worauf Yün-men geantwortet hatte: »Jetzt zeigt der goldene Wind sein wahres Wesen.«
    Unvermittelt hörte Beaujean auf zu schnarchen und fragte mit geschlossenen Augen: »Warum bist du noch da, Emil?«
    »Ihr saht besorgt aus, Meister.«
    »Tatsächlich?«
    Ich studierte sein Gesicht. »Ich weiß nicht. Als Ihr heute Morgen darum gebeten habt, gegebenenfalls geweckt zu werden – da habe ich das für eine Laune gehalten.«
    »Es hat mich niemand geweckt.«
    »Ja«, sagte ich.
    Wir schwiegen.
    Ich hatte Beaujean vom ersten Augenblick an gemocht. Dieses klapperdürre Gestell, dessen Bäuchlein von heimlichen Bierexzessen in seiner Zelle petzte – einer Zelle, die übrigens außer ihm noch niemand betreten hatte.
    Ich hatte natürlich von seiner Geschichte gehört, dem Skandalon. Die Episode aus seinem früheren Leben ging so: Beaujean spazierte eines regnerischen Tages über den Friedhof einer

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