Pfad der Schatten reiter4
lernbegierig und können es kaum erwarten, in Aktion zu treten«, sagte Elgin. »Genau wie immer.«
Sie nickte und blieb stehen, als sie Schreie vom Übungsfeld hörte. Sie drehte sich auf dem Absatz um und sah dort eine größere Ansammlung von Zuschauern, die wahrscheinlich einem Übungskampf zusahen. Dies war nichts Ungewöhnliches, aber dann fiel ihr ein, dass Karigan in diesem Augenblick ihr Einweihungstraining zum Schwertmeister absolvierte. Einer Eingebung folgend hielt sie auf den Übungsplatz zu, obwohl sie in entgegengesetzter Richtung unterwegs gewesen war.
»Wo gehst du hin?«, fragte Elgin. »Was ist mit deiner Beratung?«
»Die fängt erst um elf Uhr an. Ich habe noch ein bisschen Zeit.«
Elgin folgte ihr über den durchweichten Boden zum Übungsfeld. Im Windschatten der Burg und unter den Bäumen lagen immer noch viele Schneehaufen an schattigen Stellen, und das Übungsfeld war ein einziger Morast, insbesondere die kleinen Übungsringe für den Schwertkampf.
Sie lächelte, als sie den Rand der versammelten Menge erreichte, denn sie sah Karigans schnelle, elegante Gestalt im Kampf gegen einen kräftigen, riesengroßen Burschen. Lärmend durchliefen sie eine Reihe von Bewegungen, die Larens Trainingsniveau bei Weitem überstiegen, und es tat Karigans Schnelligkeit und Präzision keinen Abbruch, dass die Arme und die Brust ihres Gegner vor Muskeln strotzten.
Die beiden waren aufeinander fixiert wie im Tanz, und das
Klacken ihrer Holzschwerter, das vom Übungsfeld herüberschallte, besaß einen geradezu musikalischen Rhythmus. Ihre Bewegungen waren fließend und dennoch ökonomisch. Der massige Kerl hatte den Vorteil seiner Größe und Kraft, aber Karigan hatte gelernt, diesen Vorteil umzukehren und gegen ihn zu verwenden.
»Sie hält sich gut«, murmelte Elgin.
»Ja«, bestätigte Laren mit kaum verhohlenem Stolz. »Das hat sie immer getan.«
So wie ein Bauer spürt, wie die Ernte eines bestimmten Sommers ausfallen wird, hatte sie von Anfang an gewusst, dass Karigan sich als eine ihrer besten Reiterinnen entpuppen würde. Vielleicht hatte das mit ihrem großen Auftritt im Thronsaal des Königs zu tun, an jenem Tag vor etwa drei Jahren, als sie, getragen vom Wilden Ritt und den Geistern früherer Reiter, dort eingetroffen war.
Doch es steckte noch mehr dahinter. Obwohl das Übernatürliche sie berührt hatte, war Karigan in vielerlei Hinsicht eine ganz gewöhnliche junge Frau, und manchmal sogar unsicher und linkisch. Sie beherrschte gewisse Dinge von Natur aus, etwa ihre Schwerttechnik, aber sie brillierte keineswegs überall. Drent erlaubte es ihr immer noch nicht, ein Wurfmesser zu benutzen.
Aber was für seltsame Abenteuer Karigan auch erleben mochte, ihre bescheidene Persönlichkeit erdete sie und ermöglichte es ihr immer, das zu erreichen, was sie erreichen musste. Und wenn sie für ihre Leistungen gelobt wurde? Dann reagierte sie nicht mit falscher Bescheidenheit, sondern war ehrlich überrascht, dass sie überhaupt irgendjemandem auffiel.
Außerdem besaß sie einen starken Willen. Laren erinnerte sich an den Brief, den sie von Stevic G’ladheon erhalten hatte. Es gab keinen Zweifel daran, woher oder vielmehr von wem Karigan ihre Willenskraft geerbt hatte. Und ihre Bescheidenheit?
Die stammte wohl von der mütterlichen Seite ihrer Familie.
Laren lächelte, als sie an die Einladung dachte, die Stevic in seiner Botschaft ausgesprochen hatte. Er bestand darauf, dass sie persönlich nach Corsa kam, um die Ausrüstungsgegenstände und Vorräte zu begutachten, die er den Reitern schicken wollte. Er hatte geschrieben, er wolle sich versichern, dass sie damit auch wirklich voll und ganz zufrieden war. Sie musste zugeben, dass die Versuchung groß war – sie hatte seit zwölf Jahren keinen Urlaub vom Dienst mehr genommen, aber es gab hier so vieles, das sie überwachen musste. So viel zu tun.
Drent, bemerkte sie, sah dem Kampf unbewegt zu, seine kräftigen Arme vor der Brust gekreuzt. Er mochte sich darüber beklagen, dass er Karigan ausbilden musste, aber er hätte es nicht getan, wenn er in ihr kein Potenzial gesehen hätte.
Dann fiel ihr noch ein Zuschauer auf, der das alles vom Rand der Menge aus beobachtete. Wenige schienen seine Anwesenheit zu bemerken, denn sie waren auf den Kampf konzentriert, und er war in einen Kapuzenumhang gehüllt. Aber Laren kannte ihn zu gut, als dass er ihr nicht aufgefallen wäre. Zacharias war also ebenfalls gekommen, um diesen Kampf zu verfolgen.
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