Pfad der Schatten reiter4
anschließend schnell nach links, um an ihm vorbeizukommen, und eilte fort.
»Wie?«, rief er hinter ihr her. »Wollen Sie schon wieder einfach verschwinden? Sie sind tatsächlich die verschwindende Dame, nicht wahr?«
Karigan biss die Zähne zusammen und ging weiter, ohne sich umzublicken. Wenn sie doch nur bei hellem Tageslicht hätte verschwinden können! Sie ging zügig auf einen Dienstboteneingang zu und ignorierte die Klagen ihrer schmerzenden Muskeln. So wie sie jetzt aussah, ziemte es sich nicht, durch die öffentlichen Gänge des Schlosses zu gehen.
Sie seufzte und wunderte sich, dass König Zacharias und Lord Amberhill miteinander verwandt waren. Sie waren so unterschiedlich, wie zwei Männer nur sein konnten.
Als sie den Reiterflügel erreichte, hatte sie keinen anderen Wunsch als ein heißes Bad, aber vor ihrer Tür lag ein Stapel Papiere. Noch mehr Arbeit. Sie begann sich zu fragen, ob sie nur zum Botendienst berufen worden war, um die Geschäftsbücher in Ordnung zu halten.
Sie sah, dass sich jemand am anderen Ende des Ganges bewegte. Es war Elgin, der dort auf und ab ging. Er sah sie und kam zu ihr herüber.
»Hallo, Reiterin«, sagte er. »Du hast ja auf dem Übungsfeld ein paar prächtige Manöver hingelegt.«
»Sie waren auch dort?«
Elgin nickte. »Dein Hauptmann auch. Sie war höchst zufrieden.«
»Wirklich?« Karigan lächelte, sie freute sich, dass ihr Hauptmann mit ihr zufrieden war.
»Das Gesicht dieses Burschen, als du ihm das Schwert aus der Hand geschlagen hast!« Elgin lachte, und Karigans Lächeln wurde breiter.
»Er hat es mir hinterher heimgezahlt«, antwortete sie und dachte an die blauen Flecken, die ihr als Beweis bevorstanden.
»Du hast deine Sache gut gemacht, als es darauf ankam, vor allem da der König ebenfalls zusah.«
Also hatte er sie doch beobachtet! Eine Welle der Freude durchfuhr sie. Elgin sah sie merkwürdig an, und sie wusste, dass ihr Gesichtsausdruck etwas verraten haben musste. Sie räusperte sich und wechselte das Thema. »Gibt es Probleme? Sie sind so nervös auf und ab gegangen.«
»Oh.« Er kratzte sich am Kopf. »Ich soll die Jüngeren nach Gresia zur Waffenübung führen, aber …«
»Aber?«
»Ty ist immer noch mit ihnen im Gemeinschaftsraum. Er lässt sie katzbuckeln.«
Karigan hob eine Augenbraue und spürte, wie trockener Schlamm von ihrem Gesicht abbröckelte. »Katzbuckeln?«
Elgin brummte etwas Unhörbares und sagte dann: »Zu viel Förmlichkeit.«
»Ah«, antwortete Karigan und erinnerte sich an ihre eigenen diesbezüglichen Unterrichtsstunden bei Ty.
Elgin bat sie mit einer Geste, ihm zu folgen. Sie gehorchte, ihr Bad und die Papiere waren vorläufig vergessen. Vor der Tür zum Gemeinschaftsraum blieben sie stehen. Ty stand vor
dem Kamin, und die neuen Reiter waren vor ihm aufgereiht. Sie hatten den großen Tisch und alle Stühle aus dem Weg geräumt und an die Wände geschoben.
»Noch einmal«, befahl Ty seinen Studenten. Er legte eine Hand auf seinen Oberschenkel und verbeugte sich aus der Taille. »Habt Dank, meine Dame.«
Die jungen Reiter imitierten ihn, verbeugten sich und sagten im Chor: »Habt Dank, meine Dame.«
Karigan konnte ihre Gesichter nicht sehen, aber an den ungeduldigen Bewegungen ihrer Körper merkte sie, dass sie genug hatten.
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits, mein Herr«, sagte Ty und verneigte sich wieder.
Als er sich diesmal verbeugte, flog eine Speichelflocke durch die Luft und landete in seinem Haar. Er schien es nicht zu bemerken, und als ihn die Reiter diesmal imitierten, gab es ersticktes Gelächter.
»Achtung«, sagte Ty und richtete sich auf. Der Speichel fiel ihm nicht aus den Haaren, und er bemerkte ihn immer noch nicht. »Wir wiederholen das noch einmal.«
Als er sich samt dem Speichel abermals verbeugte, musste Karigan sich ein Stück von der Tür wegdrehen und den Mund zuhalten, um ihr unkontrollierbares Kichern zu ersticken. Der »Perfekte Reiter« mit Speichel im Haar!
Elgin folgte ihr mit einem tiefen Seufzer. »Siehst du, was ich meine? Zu viel Förmlichkeit. Ich muss mit Mara über das Training sprechen, aber sie ist genauso schwer zu fassen wie Red.«
Karigan wischte sich Lachtränen aus den Augen. »Tja, Förmlichkeit ist wichtig.«
»So etwas Ähnliches hat Red auch gesagt, aber nach dem, was mit Osric passiert ist, und angesichts der Dinge, die vom Zweiten Reich auf uns zukommen, könnte ein bisschen mehr
Konzentration auf das Waffentraining nicht schaden. Sie müssen
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