P.M. Manetti lesen oder Vom Guten Leben
Verfügung stellen. Einige sind schon da, um sich umzusehen und einzuarbeiten.«
»Das Schloss ist groß genug für zwei Nachbarschaften«, ergänzte Cora, die mir gegenübersaß.
»Wir müssen es nur noch energetisch sanieren«, berichtete der junge Mann rechts von mir.
»Damit beginnen wir im Herbst«, kündigte Roger an, »die Pläne sind schon fertig. Das Château wird ein Passivschloss.«
»Wir bauen ein Totalenergiemodul, das mit eigenem Biogas betrieben wird«, führte Gérard, der Mann aus dem Kuhstall, aus, »es liefert zugleich Wärme und Elektrizität. Mit dem Gas kochen wir auch. Mit der Abwärme von Küche und Backofen heizen wir. Wir installieren eine kleine Windturbine und etwas Fotovoltaik – so können wir uns selbst mit Strom versorgen und die Atomkraftwerke abschalten.«
Meine neuen Freunde waren voller Pläne, voller Zuversicht.Sie wussten, was sie wollten, und sie hatten die Fähigkeiten, es auch auszuführen.
»Im Jahr 2020 ist es geschafft«, meinte Gérard.
»Das sagt auch Michel«, bestätigte ihn Cora.
Zum Dessert aßen wir Aprikosen- und Pfirsichtartelettes. Es gab Kaffee. Dann ging die Arbeit weiter.
Ich verspürte einen Augenblick der biografischen Windstille – es war mir zwar wohl, wo ich war, aber ich wusste nicht, was das bedeutete. Sollte ich jetzt weiterreisen? Oder einfach bleiben, wo ich war? Ich war hier so nützlich und willkommen wie überall sonst. Ein Gefühl der umfassendsten Undringlichkeit überkam mich.
Schließlich fasste ich Arbeitshosen, ein weiches Baumwollhemd und einen Strohhut und beteiligte mich an der Gemüseernte. In der Küche wurde ein Teil davon zu Gemüsefonds verkocht, der dann im Winter gute Saucen und Suppen ergeben würde. Bohnen wurden eingemacht. Peperoni zu Piperade verarbeitet. Zucchini zu Chutneys.
Ich arbeitete mit Fanny und Robert auf dem Feld. Sie waren schneller und geschickter als ich, aber meine Mitarbeit wurde geschätzt. Wir arbeiteten in gemächlichem Tempo und machten häufige Pausen, um Wasser zu trinken.
Gegen sechs Uhr machten wir Feierabend. Ich entschloss mich spontan, eine Woche zu bleiben und mitzuarbeiten. Da Roger und Cora inzwischen abgereist waren, kümmerte sich Gérard um mich. Ich konnte mir im weitläufigen Château ein Zimmer aussuchen. Ich wählte eines im Südflügel, mit Morgensonne. Es war sehr hoch, hatte eine schwülstige Stuckdecke und japanisch gemusterte Seidentapeten in Rot und Beige. Ich brauchte eine Stunde, um den verstaubten Raum mit einem Staubsauger zu reinigen und den Boden zu wischen und mit Wachs zu bohnern. Ich putzte die Fenster. Ich lüftete. In einem Lagerraum fand ich ein Feldbett, frisch gewaschene Leintücher, eine Decke, einen antiken Stuhl und ein Tischchen, eine Lampe. Ich packte meine Reisetasche aus, setzte den schwarzen Schuber auf das Tischchen.
Am Ende des langen Korridors hatte man ein provisorisches Badezimmer mit Dusche und WC eingerichtet. Man zeigte mir im Erdgeschoss einen großen Raum neben der Waschküche, wo frisch gewaschene, aber weder geplättete noch zusammengelegte Kleider in Körben sortiert herumlagen. Ich suchte mir leichte Sommerhosen, einige T-Shirts, einige Baumwollhemden aus. Es war exzellente Markenware. Aus einer Schachtel voller fabrikneuer Espadrilles entnahm ich ein passendes Paar in Schwarz.
Frisch geduscht und eingekleidet fand ich mich so gegen halb neun Uhr zum Abendessen unter dem Kastanienbaum ein. Ich war ein ganz anderer, und alle fanden es normal, dass ich dazugehörte.
Ich hatte sogar das Gefühl, dass ich immer schon auf dem Gut der d’Ormonts gelebt und gearbeitet hatte. Das war die Normalität, der Rest meines Lebens war nur eine sinnlose Verirrung gewesen.
Es war ein lauer Spätsommerabend.
Jemand spielte auf einem Klavier Beethovens
Für Elise
. Elise war der Name der vierfarbigen Katze. Dann folgten noch ein paar Sonaten.
Das Abendmenü bestand aus einem reichhaltigen Couscous mit Lamm, Geflügel und viel Gemüse.
Gérard führte mich in einen Salon, wo er mir einen alten Cognac einschenkte. Er zeigte mir eine imposante Bibliothek.
»Es muss alles neu geordnet werden. Wir haben hier wertvolle Antiquitäten und billige Paperbackkrimis durcheinander. Ich bin von Beruf Buchantiquar, mein Laden ist an der Place des Vosges. Aber seit einem Jahr interessiert mich Viehzucht. Du kannst mich morgen zum Melken in den Stall begleiten, wenn du willst.«
Ich nahm das Angebot an.
Auf einem Tisch in der Bibliothek lag
La carte et le
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