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PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen

Titel: PR 2705 – Die Sippe der Würdelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Chef der Ortungsabteilung. »Aber wir stehen zu tief in der Sonne und können den Inhalt der Gespräche nicht aufzeichnen.«
    »Was ist mit den Sonden, die wir ausgestreut haben?«
    »Sie wurden in Sonnennähe platziert und haben einen lediglich eingeschränkten Wirkungsradius. Wir wollten kein Risiko eingehen, als wir unser Versteck wählten. Sie empfangen ebenfalls keine verständlichen Botschaften.«
    Ihr Versteck war also zu gut gewählt. Wollten sie wissen, was die Onryonen hierher verschlagen hatte, mussten sie wohl oder übel ein Risiko eingehen.
    »Tsunami-Modus!«, befahl Bull. »Minimalverdünnung.«
    Einige Köpfe ruckten hoch, doch niemand sagte ein Wort. Konservativ denkende Mitglieder der Zentralebesatzung hätten es bevorzugt, wenn die JULES VERNE im Ortungsschutz von PHP-39 geblieben wäre.
    Doch er hatte keine Geduld mehr für Spielchen. Bull wollte wissen, woran er war.
    Die JULES VERNE löste sich langsam, vorsichtig aus dem Glutmeer der namenlosen Sonne. Die von den Metaläufern modifizierten Mini-ATGs sprangen an. Das Schiff machte eine winzige Zeitverschiebung in die Labilzone durch, nicht mehr als den millionsten Teil einer Sekunde.
    Die Waffensysteme waren bereit. Die Minimalverdünnung des Tsunami-Modus erlaubte einen Beschuss von innen nach außen. Die JULES VERNE war so gut wie unauffindbar und konnte aus der Sicherheit ihres winzigen Zeitvorsprungs auf die Feinde feuern. Stets unter der Voraussetzung, dass die Onryonen über keine Spürgeräte verfügten, die das Antitemporale Gezeitenfeld anzumessen vermochten.
    Danzao und Joska Oter, der Chefwissenschaftler der JULES VERNE, unterhielten sich lebhaft in einem Fachchinesisch, das Bull tunlichst ignorierte. Die beiden hochrangigen Bordmitglieder beschäftigten sich mit der Dekodierung des onryonischen Hyperfunkverkehrs, der nun in immer besserer Qualität empfangen werden konnte. Dechiffrierroutinen liefen an, vorerst ohne erkennbaren Erfolg. Die onryonischen Verschlüsselungs-Algorithmen gehorchten keiner bekannten Logik. Sie machten deutlich, dass ihre Gegner trotz ihres humanoiden Aussehens fremdartiger waren als angenommen.
    Die JULES VERNE nahm langsam Fahrt auf. Sie blieb im Tsunami-Modus. Die Kugelschiffe der Onryonen reagierten nicht auf den Hantelraumer.
    »Sehr gut.« Bull nickte zufrieden. »Wir bleiben unentdeckt.«
    »Wir sollten so rasch wie möglich das Weite suchen«, sagte Jawna Togoya.
    »Wir warten ab. Ich möchte endlich wissen, ob die Onryonen uns auf der Spur sind, ob Khosrau etwas damit zu tun hat, ob wir ihr Auftauchen einem Zufall verdanken.«
    »Die Wahrscheinlichkeit spricht eindeutig dagegen«, meldete sich NEMO zu Wort.
    »Ich weiß, ich weiß.« Bull starrte auf den Hologlobus, der immer mehr Einzelheiten des gegnerischen Schiffsverbands in Bildern und Datenblöcken darstellte. Er kannte die Bedeutung des Wortes Zufall nur zu gut. Glück und Schicksal hatten in der wechselhaften Geschichte der Menschheit schon immer eine bedeutende Rolle gespielt. Nicht nur einmal hatte sich im geschichtlichen Rückblick gezeigt, dass scheinbare Koinzidenzen Teil eines größeren Bildes waren. Sie hatten oftmals Puzzlestücke in der Hand gehalten und nicht gewusst, wo sie hingehörten.
    War dies einer der Momente, da ihnen das Glück in die Hände spielte? Bot ihnen das Schicksal eine Chance, die sie unbedingt ergreifen sollten?
    »Die Schiffe sind unterschiedlich groß«, fasste Emerson Danzao zusammen. »Wir messen Einheiten mit vierhundert, sechzehnhundert und zweitausendeinhundert Metern im Durchmesser an. Die beiden kleinsten Einheiten befinden sich ungefähr im Zentrum des Verbandes. Wäre nach menschlichem Ermessen zu urteilen, so würde ich meinen, dass die Onryonen einen Orientierungsstopp abhalten. Eine Art Justierungspause, nachdem sie das Solsystem verlassen haben, um sich an die hiesigen Bedingungen zu gewöhnen und nun eine größere Etappe zu fliegen.«
    »Was sagst du, NEMO?«
    »Es handelt sich, wie Oberst Danzao es so schön sagte, um eine Meinung, die auf dem menschlichen Verständnis der Dinge beruht. Wir wissen viel zu wenig über die Onryonen, um terranische Maßstäbe anlegen zu können.«
    »Immerhin wissen sie ganz genau, wer und was wir sind. Andernfalls hätten sie nicht einen Zellaktivator als Geschenk für denjenigen ausgelobt, der die JULES VERNE ausfindig macht.«
    Die zwanzig Schiffe umkreisten einander, formierten sich neu. Der hektisch wirkende Funkverkehr nahm seine Fortsetzung, die

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