PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
weder vom Himmel noch von den Wolken oder den Bäumen irgendeine Spur im Raum zu sehen war. Spiegelungen ohne Vorbild, reine Reflexe ihrer selbst.
Wellenringe entsprangen mal hier, mal dort, als wäre ein dicker Regentropfen in den Wasserspiegel eingeschlagen.
Dabei fiel kein Regen.
Rhodan trat näher. Tief im Teich lag ein Ertrunkener, ein knochiger Greis mit offenen, starren Augen, weit aufgesperrtem Mund. Letzte weiße Haarsträhnen trieben im Wasser wie die Fetzen von Fahnen im Nachtwind.
Der Ertrunkene schloss den Mund, öffnete ihn wieder, unendlich langsam. Das Wasser warf Ringe und sprach: »Da bist du also. Am Ende von Angesicht zu Angesicht.«
Rhodan streckte die Hand aus und berührte die Wasseroberfläche. Sie war nass und kühl, wie Wasser sein sollte an kühlen Tagen, tief im Wald. Aber er konnte die Hand nicht tiefer hineintauchen. Das Wasser wurde widerspenstig, zäh, etwas tiefer hinab hart und kalt wie Glas.
»Du bist ein sehr alter Mann, Bavo Velines«, sagte Rhodan leise. Mitleid und Abscheu. »Glaubst du nicht, es sei Zeit, abzutreten?«
Der Totenkopf bleckte die Zähne. »Das sagt du?«, flüsterte das Wasser. »Gerade du? Der Gebieter der Zeit? Der Freund des Unsterblichen von Wanderer?«
Rhodan schloss die Augen. »Jeder Mensch ist die Summe seiner Taten. Manche Taten halten am Leben. Manche verderben. Manches, das man erlebt, tötet.«
»Du meinst: Ich habe den Tod verdient?«, fragte Velines.
»Ja.«
»Der Tod«, sagte das beinahe verweste Menschengespenst im Wasser, »ist billig zu haben. Wie eine alte, hässliche Straßennutte. So billig.«
Rhodan spürte in sich die Empörung wie einen elektrischen Schlag. Dieser Mann hatte kein Recht, sich mit gealterten Prostituierten zu vergleichen, die vielleicht vieles getan hatten, wozu ihm jedes Verständnis fehlte, aber sicher nicht das Verderben über Millionen und Milliarden gebracht.
Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie der letzte Ofosuapia in die Gruft kraulte. Er hielt neben Rhodan an und schaute in die Filiationskammer.
»Ist das Bavo Velines?«, fragte Cuderuu. »Ja«, sagte Rhodan. »Der echte?«
»Der echte und letzte, wie ich hoffe. Der ursprüngliche.«
Cuderuu spannte sein Bein an und hüpfte mit zwei, drei Sätzen einmal um den stehenden Teich herum. »Die Filiationskammer ist sehr schmal«, sagte er. »Ich hätte sie mir anders vorgestellt. Voluminöser.«
»Ein Ofosuapia«, sagte es aus dem Wasser. »Also doch. Ich habe schon aufgehört, den Jagdmaschinen zu glauben, dass es Reste von ihnen gibt.«
»Ich bin der letzte Legionär«, sagte Cuderuu. »Mein Bruder ist tot. Meine Mutter ... die letzte Ofosuapia-Mutter...« Cuderuu stockte.
Velines nahm das offenbar als weitere Todesanzeige und sagte durch das Wasser: »Gut.« Rhodan spürte, wie das Wort vor Genugtuung förmlich strahlte.
»Warum hast du diese Geschöpfe zu Tode gehetzt?«, fragte er Velines. »Sie sind völlig harmlos. Sie stellten zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr dar.«
»Sie waren immer die denkbar größte Gefahr«, widersprach Velines. »Dass du jetzt vor mir stehst, ist der Beweis. Sie haben dich geführt, oder?«
»Ich stelle die Kammer ab. Irgendwie«, sagte Cuderuu. Rhodan bemerkte, dass sich ein winziges Schemen vom Auge des Ofosuapia löste - das seltsame Wesen schickte seinen Kurierauge auf Erkundung.
»Was tut er da?«, fragte Velines. Das Wasser schlug höhere Wellen.
»Er geht und stellt deine Filiationskammer ab«, sagte Rhodan in aller Ruhe.
»Das wird er nicht«, sagte Velines, womöglich noch ruhiger. Der rechte Knochenarm hob sich, drückte von unten gegen den Wasserspiegel wie gegen zähes Zellophan, zerriss es und wuchs, wuchs rasch und weit über sich hinaus; die fünf Finger verschmolzen zu einer knöchernen Speerspitze.
Bavo Velines ist armiert!, dachte Rhodan. Wie ist das möglich? Er sah, worauf der Waffenarm zielte, und schrie: »Nein!«
Die Spitze des verlängerten Arms drang in den Schlangenkopf des Ofosuapia. Cuderuu stürzte. Der Hammer löste sich aus der Rückenschlaufe. Rhodan war mit ein, zwei Sätzen bei dem tödlich getroffenen Ofosuapia, griff nach dem Hammer, sprang damit auf, war mit einer einzigen Bewegung zurück bei der Kammer, Couu Laduums Waffe hoch über dem Kopf, die eine Hand am Ende des Stiels, die andere nah am Hammerkopf. Dann glitt seine Hand vom Kopf zum Stielende und er zog den Hammer in weitem Bogen nach vorn. Einmal, ein zweites Mal. Ein drittes. Flüssigkeit verspritzte. Erste Risse
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