Prisma
fragte der vierte Arzt. »Es lässt sich eben nichts tun. Wenn die Sonne untergeht, dann gehen wir mit ihr.«
»Eure Körper sind so schön konstruiert, so hervorragend zusammengefügt. Vielleicht habt ihr eines Tages Zugang zu der hochentwickelten Technologie meines Volkes. Ihr seid jetzt derart geschickte natürliche Biosilikat-Ingenieure, dass ich schon jetzt sehe, wie ihr eines Tages etwas derart Hochentwickeltes wie das hier herstellt, ohne dazu Maschinen zu brauchen.« Er zeigte ihnen den Notrufleitstrahl, der in seinem Handgelenk blinkte. »Das Gerät produziert das Signal, das wir aufzuspüren versuchen. Es ist ein kleiner Sender, eine Sucheinheit und ein Identitätsgenerator gleichzeitig, angetrieben von einer kleinen Lithiumbatterie.«
Einer der Bibliothekare merkte auf. »Batterie? Das klingt wie Herz.«
»Nein, es ist nicht das gleiche.« Er stellte fest, dass dieser Gedanke ihn plötzlich faszinierte. Welch verrückte Idee! »Sie sind überhaupt nicht das gleiche.«
Einer der Ärzte schob sich näher heran. Mehrere Linsen richteten sich auf den sacht pulsierenden Leitstrahl. »Darf ich mir das mal aus der Nähe ansehen?«
»Nun – aber sei vorsichtig!«
»Wir sind mit allem vorsichtig«, kam die leicht gekränkte Antwort.
Sie hatten ihm vertraut. Durfte er da misstrauisch sein, selbst angesichts seiner letzten Verbindung zu einem möglichen Überlebenden der Katastrophe? Bestimmt würden sie mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen. Mit Daumen und Zeigefinger nahm er das Gerät aus seiner aseptischen Tasche im Handgelenk und reichte es dem neugierigen Alien. Ärzte drängten sich um das seltsame Artefakt. Absonderliche Gliedmaßen und Strukturen betasteten es ständig.
»Ein interessanter Geschmack«, murmelte der erste Arzt.
»Miorian, Yancoth, Seririgia«, fügte der vierte hinzu. »Und wie ist die innere Struktur?«
Evan krümmte sich innerlich, als der Deckel auf der Rückseite des Gerätes aufgehebelt wurde, aber er schwieg.
»Faszinierend. Seht ihr?« fragte der dritte. »Anders, aber nicht kompliziert.«
»Der Zweck lässt sich eindeutig aus der Konstruktion ableiten«, meinte der erste.
Schließlich gaben sie Evan das Gerät zurück.
»Ich glaube«, sagte der erste Arzt ruhig, »dass wir das nachbauen und in unsere eigenen Körper einsetzen können.«
Evan drückte es sich wieder ins Handgelenk und lächelte. »Ich möchte eure Fähigkeiten nicht unterschätzen, aber ich glaube kaum, dass ihr das könnt. Dieser Sender ist das Produkt einer großen, bestens ausgerüsteten Fabrik. So etwas kann man nicht so einfach entstehen lassen wie eine Blume.«
»Nicht das gesamte Organ. Wir interessieren uns nur für das Herz.«
»Selbst das werdet ihr nicht schaffen. Lithium gehört dazu. Ihr könnt mit diesem Zeug nicht so einfach herumhantieren. Es ist zu flüchtig.«
»Wovon redet er?« fragte der zweite Arzt.
»Ich glaube, er meinte Bequanel«, sagte der dritte.
»Oh, ist das alles?«
Die vier Ärzte berieten sich. Eine Diskussion schloss sich an, an der auch die Bibliothekare teilnahmen. Zwei Ärzte verschwanden, um wenig später mit zwei Prozessoren im Schlepptau zurückzukommen. Am Versammlungsort brach hektische Geschäftigkeit aus.
Einstweilen war Evan völlig vergessen.
»Was tun sie?«
»Ich glaube, sie versuchen, ein kleines Herz zu bauen, so wie das in deinem Handgelenk«, informierte Azur ihn.
»Das hatte ich befürchtet. Ich wollte keine falschen Hoffnungen wecken. Ich hatte gehofft, eure eigenen Herzen könnten dahingehend verändert werden, dass sie mehr Energie speichern. Ihr könnt nicht einfach ein neues Organ in eure Körper einsetzen, selbst wenn es ohne Hilfe von raffinierten mikroprozessorgesteuerten Maschinen getan werden kann.«
Azur schaute ihn unschuldig an. »Warum nicht?«
»Nun – weil.«
»Ich bin kein Arzt und kein Bibliothekar, aber das erscheint mir nicht wie eine einleuchtende Antwort. Du darfst die Geschicklichkeit der Ärzte nicht unterschätzen. Sie können fast jeden Teil des Körpers nachbauen und ersetzen. Bis auf den Geist natürlich. Erinnerungen kann man nicht nachbauen.«
»Ich glaube nicht, dass ihr mit Lithium im freien Zustand umgehen könnt, aber es sieht so aus, als müssten sie das selbst herausfinden.« Wenn am Ende die allgemeine Enttäuschung ausbrach, dachte er, dann wollte er nicht unbedingt in der Nähe sein. Er erhob sich. Die anderen beachteten ihn nicht. »Ich möchte mir mal die übrige Assoziation ansehen. Ich habe
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