Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
den Abzug.
"Sie hatten ihm den Brieföffner in den Leib gerammt! Ich habe versucht, ihn herauszuziehen, aber es half nichts mehr. Er starb unter meinen Händen. Ich konnte noch nicht einmal zur Polizei gehen. Meine Abdrücke waren jetzt an der Mordwaffe, meine Kleidung war besudelt und vor Gericht hätte meine Aussage gegen Ihre gestanden. Aber jetzt stehen Sie vor einem Gericht, daß die Wahrheit ganz genau kennt, Mrs. Wyner."
Mary ging noch einen Schritt näher. "Ich bin keine gute Schützin, das haben Sie sicher schon gemerkt. Aber diesmal gehe ich auf Nummer sicher."
Der Revolverlauf zeigte direkt auf Marys Kopf.
Und dann geschah es.
*
Marys Blick ging zur Seite.
Sie hatte etwas gehört, daß sie für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept riß.
Es war ein Motorengeräusch, das dumpf durch das Kreischen der Krähen drang, die die Müllhalde als ihr Nahrungsreservoir ansahen.
Diesen Bruchteil eines Augenblicks nutzte April und schnellte blitzartig nach vorne. Sie wußte, daß es vielleicht die letzte Chance war.
Ein Schuß krachte.
April und ihre Gegnerin sanken ineinander verkrallt zu Boden und rollten über den Teppich aus übelriechenden Abfällen. April versuchte Mary die Waffe aus der Hand zu schlagen, aber es gelang ihr nicht.
Mary Wilkins war eine sportliche, durchtrainierte Frau und das blonde Minnesota-Girl spürte langsam, wie ihr Gegenüber mehr und mehr die Oberhand gewann.
Noch ein Schuß löste sich aus dem Revolver. Mary gelang es dann, Aprils erschöpften Arm einzuknicken und ihr den Lauf des 38er gegen den Körper zu drücken.
Es ist aus! dachte April.
Sie hatte gewagt und verloren. Jede Sekunde erwartete sie das Projektil in ihrem Leib.
Inzwischen war der Wagen herangerauscht. Es war ein 500 SL. Die Tür flog auf und Jo Walker sprang heraus.
Die Automatic hatte er schon aus dem Schulterholster gerissen und in Anschlag gebracht.
"Keine Bewegung, Miss Wilkins!"
Mary erstarrte und wandte etwas den Kopf. April entwand ihr die Waffe.
"Das war in letzter Sekunde, Jo!"
"Es war ein riskantes Spiel, April."
April befreite sich von Mary und erhob sich, ließ sie aber nicht aus den Augen.
"Sie war es, Jo!"
Mary Wilkins machte ein ziemlich verwundertes Gesicht.
"Woher wußten Sie, wohin es ging, Mister Walker?" fragte sie fassungslos. "Sind Sie Hellseher?"
"Nein. Ich habe eine helle Assistentin. Als ich in die Agentur kam, war niemand da", berichtete Jo. "Und dann sah ich das Diktiergerät."
April lächelte matt.
"Ja, als Miss Wilkins plötzlich mit ihrer Waffe herumzufuchteln begann, gelang es mir das Diktiergerät zu betätigen. Der ganze Rest der Szene ist auf Band." April wandte den Blick zu Mary hinüber und fuhr fort: "Glücklicherweise waren Sie so freundlich, anzudeuten, daß wir an diesen Ort hier fahren würden, Miss Wilkins! Es war nur eine schwache Hoffnung, daß Jo das Band noch früh genug abhören würde..."
Ein Dutzend Meter weiter lag Diane. Als April mit Mary Wilkins gerungen hatte, hatte sie versucht sich davonzumachen.
Jo ging zu ihr hin, während April Mary in Schach hielt.
Der Privatdetektiv beugte sich über sie, aber es war kein Leben mehr in ihr. Einer der Schüsse, die sich bei dem Kampf gelöst hatten, war ihr von hinten den Brustkorb gefahren. Wenig später war die Polizei da, um Mary Wilkins abzuführen und die tote Diane zu bergen.
Jo sah sich das nicht mit an, sondern machte sich mit April auf den Rückweg.
Er saß schweigend hinter dem Steuer des champagnerfarbenen 500 SL und April hielt es für besser, auch erst einmal nichts zu sagen.
Dann konnte sie es sich schließlich aber doch nicht verkneifen.
"Du solltest nicht zu lange um sie trauern, Jo!"
"Sie war eine tolle Frau."
"Sie war auch eine Mörderin."
*
"Eigentlich könntest du doch zufrieden sein, Kommissar X!" meinte April am nächsten Morgen.
Sie wirkte gut ausgeschlafen und hatte den gestrigen Tag offenbar gut verdaut.
Jo saß nachdenklich in seinem Office, trank einen Kaffee und ließ ab und zu die Zigarette aufglimmen.
April hatte sich auch einen Kaffee genommen und fuhr fort: "Der Killer-Cop ist entlarvt und sitzt hinter Schloß und Riegel..."
"...aber Mary Wilkins hat erreicht was sie wollte", meinte Jo nicht ohne Ärger.
"Dafür wird sie zur Rechenschaft gezogen", tröstete ihn April.
"Was mich beschäftigt ist die Sache mit Cole Marvin!" meinte Jo dann.
April zog ihre Augenbrauen in die Höhe. Sie schien ehrlich verwundert. "Ich dachte, der Fall sei so gut
Weitere Kostenlose Bücher