Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
fluchte und stillte die Blutung.
Als er wenig später mit der Rasur fertig war, klebte er ein Pflaster auf die Wunde und blickte in den Spiegel.
Bis in den frühen Nachmittag hatte er geschlafen, aber sein Spiegelbild wirkte trotzdem müde und abgeschlagen. Douglas war gerade fünfzig geworden, aber als er sich selbst so gegenüberstand und in die blaßblauen Augen mit den großen Tränensäcken sah, da sah er einen Mann, der mindestens zehn Jahre älter war.
Er atmete tief durch und verließ dann das Bad. Er wankte dabei, was an dem Bourbon lag, den er auf nüchternen Magen getrunken hatte.
Das Wohnzimmer war ein einziges Chaos. Bierdosen standen überall herum. Es stank nach einem drei Tage alten, halb verzehrten Hot Dog.
Douglas kämmte sich mit der Hand das schüttere Haar aus dem Gesicht.
Sein Blick fiel auf ein Foto, das eine Frau und ein Mädchen zeigte. Es war jedesmal schmerzhaft für ihn, dieses Bild anzuschauen. Auch jetzt noch, so viele Jahre nach dem Unfall.
Unfall! dachte er bitter und langte nach der Bourbonflasche um einen kräftigen Schluck zu nehmen. Unfall mit Fahrerflucht. Und in Barry Douglas' Augen konnte man dazu auch Mord sagen.
Jemand hatte zwei Leben ausgelöscht und es gab nichts, was sie wieder zurückbringen konnte. Nichts.
Douglas schluckte.
Seit jenem Tag hatte sich alles geändert. Nichts war seit damals mehr so, wie es einmal gewesen war.
Zu allem Überfluß war es auch noch der Vorsitzende einer frommen Stiftung gewesen, der dafür verantwortlich war, daß Barry Douglas seine Familie verloren hatte.
Moss Gardner...
Ein Mann, der vielen half, der seit einiger Zeit sogar vom Fernsehschirm aus dazu aufforderte, für alle möglichen karitativen Zwecke Geld zu spenden.
Ein Heuchler, der nur anderen ein schlechtes Gewissen machte, damals aber nicht einmal zu seiner eigenen Verantwortung hatte stehen können! - So jedenfalls dachte Douglas darüber.
Jetzt war Gardner schon mehr als eine Woche tot.
Der fromme Mann hatte bezahlt.
Douglas hatte eigentlich angenommen, daß er sich jetzt besser fühlen würde. Er hatte sich lange Zeit eine Möglichkeit zur Genugtuung gewünscht. Jahrelang hatte der unstillbare Durst nach Rache in ihm genagt und ihn fast zum Wahnsinn getrieben.
Aber jetzt, da Moss Gardner mit aufgeschlitztem Hals unter der Erde lag, empfand er gar nichts.
Er fühlte sich nur völlig leer.
*
Nach Büroschluß wartete Jo auf Sally March. Er fing sie ab, als sie gerade den Turm verließ, in dem die Mercy Foundation ihre Büros untergebracht hatte.
"Fahren Sie nicht mit dem Wagen?" fragte Jo, weil sie sich sonst in Richtung Tiefgarage aufgemacht hätte.
"Nein, mit der Subway. Glauben Sie, ich stürze mich freiwillig zweimal täglich in das mörderische Verkehrsgewühl von Manhattan?"
Jo zuckte die Achseln.
"Eine Fahrt mit der Subway kann auch mörderisch sein."
"Das ist nicht gefährlicher, als wenn ich meinen Wagen aus der Tiefgarage holen würde, Mister Walker!"
"Tun Sie mir den Gefallen und nennen Sie mich Jo!"
Sie zuckte mit ihren schmalen Schultern.
"Warum eigentlich nicht?"
"Kommen Sie, mein Wagen steht unten in der Garage. Und zusammen mit mir werden Sie sich da ja wohl hinwagen, oder?"
"Und wohin geht es dann?"
"Wie wär's mit dem Windows of the World?"
"Dem angeblich höchsten Restaurant der Welt?"
"Ich habe einen Tisch reserviert. Waren Sie schon mal dort?"
Sie lachte und schüttelte dabei den Kopf.
"Sie scheinen mir ziemlich abenteuerliche Vorstellungen davon zu haben, was eine Stiftung wie die Mercy Foundation ihren Mitarbeiten an Gehalt zahlt!" meinte sie dann.
Fünf Minuten später saßen sie in Jos champagnerfarbenem Mercedes 500 SL.
"Sind Sie dem Prominenten-Killer schon ein bißchen mehr auf den Pelz gerückt, Jo?"
"Woher sind Sie denn so sicher, daß Gardner tatsächlich durch diesen Wahnsinnigen umgekommen ist?"
Sie sah ihn erstaunt an.
"Ich dachte, das wäre schon so gut wie sicher. Es steht ja schon in den Zeitungen..." Sie verengte ein wenig die Augen. "Glauben Sie etwa nicht daran, Jo?"
Jo zuckte die Achseln. "Im Moment glaube ich noch gar nichts", meinte er. "War es wirklich so, daß Gardner von allen gemocht wurde?"
"Was meinen Sie damit, Jo? Millionen waren hingerissen von ihm und..."
"Die Millionen schenke ich Ihnen", unterbrach Jo. "Die interessieren mich nicht. Mein Augenmerk gilt den zwei oder drei Dutzend Menschen, mit denen Gardner persönlich zu tun hatte."
Sally zuckte mit den Schultern. Dann strich sie
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