P.S. Ich liebe Dich
mache nur Witze«, meinte er. »Aber vor deinem Haus … ist es da sicher?«, fügte er ernst hinzu.
»Ja, ich denke schon«, antwortete Holly und konnte nicht verhindern, dass sie etwas sarkastisch klang. »So weit ich gesehen habe, hängt heute niemand Verdächtiges auf unserer Straße rum.« Aber ihr Humor erreichte ihn gar nicht. »Wie geht’s Emily und Timmy?«
Richards Gesicht leuchtete auf. »Oh, denen geht es gut, sie sind brav, sehr brav. Aber ich mache mir Sorgen.« Er wandte den Blick ab und betrachtete eingehend Hollys Wohnzimmer.
»Worüber denn?«, fragte Holly. Ob Richard ihr etwas anvertrauen wollte?
»Ach, über nichts Besonderes. Kinder machen einem einfach immer Sorgen«, entgegnete er, schob die Brille hoch und sah Holly in die Augen. »Vermutlich bist du froh, dass dir das erspart bleibt«, fügte er hinzu.
Holly hatte das Gefühl, als hätte sie einen Schlag ins Gesicht bekommen.
»Hast du eigentlich noch keinen Job gefunden?«, fragte Richard nach einer Weile.
Holly war noch immer starr vor Empörung. Sie konnte nicht glauben, dass ihr Bruder so taktlos war. Sie war beleidigt und verletzt und hätte ihn am liebsten rausgeworfen. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust mehr, höflich zu sein, und niemand konnte von ihr verlangen, diesem engstirnigen Mann zu erklären, dass sie noch nicht auf Arbeitssuche gegangen war, weil sie um ihren Mann trauerte.
»Nein«, stieß sie hervor.
»Und woher bekommst du dein Geld? Hast du dich arbeitslos gemeldet?«
»Nein, Richard«, antwortete sie und bemühte sich, nicht die Fassung zu verlieren. »Ich habe mich nicht arbeitslos gemeldet, ich bekomme eine Witwenrente.«
»Ah, großartig, das ist ja praktisch, was?«
»Praktisch ist nicht gerade das Wort, das mir eingefallen wäre. Deprimierend würde passen, furchtbar und deprimierend.«
Die Atmosphäre war nun spürbar angespannt. Unvermittelt schlug Richard sich mit der Hand aufs Knie und gab damit das Zeichen, dass das Gespräch für ihn beendet war. »Dann sollte ich mich wohl mal wieder an die Arbeit machen«, meinte er, stand auf und reckte sich, als hätte er stundenlang still gesessen.
»Okay«, meinte Holly sichtlich erleichtert. »Vielleicht solltest du lieber gehen, solange dein Auto noch dasteht.« Wieder verpuffte der Witz unverstanden, und ihr Bruder spähte prüfend zum Fenster hinaus.
»Du hast Recht, aber Gott sei Dank ist es noch da. War nett, dich zu sehen, und danke für den Tee«, sagte er zu einer Stelle an der Wand über ihrem Kopf.
»Gern geschehen und vielen Dank für die Orchidee«, erwiderte Holly mit zusammengebissenen Zähnen.
Richard marschierte den Gartenweg hinunter. Mittendrin blieb er stehen, schüttelte missbilligend den Kopf und rief Holly zu: »Du musst dir wirklich jemanden kommen lassen, der dieses Chaos beseitigt.« Dann stieg er endlich in das braune Familienauto und fuhr davon.
Holly knallte die Tür zu. Sie kochte innerlich und hätte ihren Bruder am liebsten k.o. geschlagen. Dieser Mann hatte keine Ahnung … von nichts auf der Welt.
»Oh, Sharon, ich hasse ihn«, jammerte sie später am Abend am Telefon ihrer Freundin vor.
»Ach, du musst ihn einfach ignorieren, Holly, er kann nicht anders, er ist ein Idiot«, entgegnete sie ärgerlich.
»Aber das macht mich ja nur noch wütender! Alle behaupten immer, er kann nicht anders, also ist es nicht seine Schuld. Aber er ist doch ein erwachsener Mann, Sharon! Er ist sechsunddreißig! Er sollte verdammt noch mal wissen, wann er den Mund halten sollte. Ich glaube, er sagt das ganze Zeug absichtlich!«, schimpfte sie.
»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Sharon beschwichtigend. »Ich glaube, er wollte dir wirklich alles Gute zum Geburtstag wünschen … «
»Und warum auf einmal?«, polterte Holly weiter. »Er hat mir sonst noch nie etwas zum Geburtstag geschenkt. In meinem ganzen Leben nicht!«
»Na ja, dreißig ist ja auch ein runder Geburtstag, ein besonders wichtiger … «
»Für den bestimmt nicht! Das hat er sogar bei dem Essen neulich gesagt.« Sie ahmte seine Stimme nach. »›Ich halte nichts von diesen albernen Feiern‹, bla bla bla. So ein Blödmann.«
Sharon lachte, weil sie fand, dass sich ihre Freundin anhörte wie eine Zehnjährige. »Okay, okay, er ist ein Monster und hat es verdient, in der Hölle zu schmoren.«
Holly hielt inne. »Na, so weit würde ich dann doch nicht gehen, Sharon … «
»Ach, dir kann man es heute aber auch gar nicht recht machen«, lachte
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