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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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angelehnt, Brandgeruch dr ang durch den Türspalt. Sarah erschrak und stieß die Tür auf.
    Lea stand neben dem Bett, in dem Margali schlief. Die Freundin hatte Kopf und Gesicht vollständig mit einer Mantilla aus schwarzer Spitze bedeckt, bewegte etwas über dem schlafenden Kind und murmelte dazu fremde Worte. Sie klangen spanisch, aber irgendwie auch wieder nicht.
    Der Gestank entsprang den glimmenden Federn, die Lea in der Hand hielt. Ein widerlicher Rauch kräuselte sich darüber und verteilte sich im Raum. Margalis Hände zuckten ein wenig, sie erwachte jedoch nicht. Rasch trat Sarah hinzu und stellte sich schützend vor ihr schlafendes Kind. » Was machst du da?«
    Lea erschrak. Sie ließ das sternförmige Ding aus qualmenden Federn sinken und wich zurück, soweit die kleine Kammer es zuließ. » Ich bin noch nicht … Nun muss ich von vorn beginnen!«
    » Aber … Was tust du?«
    » Hier.« Lea streckte Sarah die zusammengebundenen Federn entgegen. » Sieh, fünfzackig. Man muss zuerst hiermit, danach mit edlen Hölzern räuchern. Es ist zu ihrem und zu unserem Schutz.«
    Bei dem Gegenstand handelte es sich um einen grob gebundenen Stern aus dünnen Zweigen und den Schwungfedern verschiedener Vögel. Einige stammten von Hühnern oder Gänsen, andere schienen Storchenfedern zu sein, und eine besonders lange musste einem Pfau gehört haben. Zwischen ihnen steckten blaue Kugeln, die Augen darstellten. Diese einfach gebrannten Augen aus bemaltem Ton wurden in der Stadt als Abwehrzauber gegen böse Mächte angeboten. Jetzt verstand sie: Lea führte ein Beschwörungsritual durch.
    Eben noch hatte sie ihr Herz ängstlich flattern gespürt, jetzt schien sich an dessen Stelle ein kalter Stein zu befinden. Wie oft hatte sie ihre Mutter gegen Abwehrzauber und Geisterglauben wettern hören. So etwas sei jedes denkenden Menschen unwürdig, hatte sie gesagt, und anstatt magische Rituale abzuhalten gegen etwas, das nur auf den ersten Blick übersinnlich schien, sollten die Betreffenden lieber ihren Verstand bemühen. Ihr Wissen über die Kräfte der Natur und ihre umfassende Bildung, vor allem aber ihre Heilkünste standen im scharfen Gegensatz zur Vorstellungswelt der einfachen Leute. Gegen ein gris-gris, ein Schutzamulett, sagte sie nichts, auch nichts gegen die magischen Symbole in den Teppichmustern, aber Beschwörungen duldete sie nicht.
    Sarah sah Lea an, die mit einer resignierten Geste ihre Mantilla vom Kopf zog. » Geh hinaus«, zischte sie durch die Zähne, und für einen Moment schloss sie die Augen. » Geh.« Dann wandte sie sich um, hob das Kind aus dem Bett und umschlang es mit einem großen Tuch. So weit wie möglich öffnete sie Fenster und Tür, um frische Luft in das Zimmer zu lassen. Margali erwachte erst jetzt vollends, befreite ihren Kopf aus der Decke und schob einen Finger in den Mund. An den Hals ihrer Mutter geschmiegt blickte sie mit ihren beunruhigend verschiedenfarbigen Augen auf die Gasse vor dem Haus.
    Dies war der erste Abend, an dem sie nicht an Leas Tisch zum Essen erschien. Spät, als die Geräusche von unten ihr verrieten, dass Leas Kinder schliefen, und sie Margali sicher in Yasmînas Obhut wusste, stieg sie die Treppe hinunter. Aus Slimanes Werkstatt drangen Schleifgeräusche, offenbar legte er trotz der späten Stunde noch letzte Hand an seine Arbeiten.
    Sie betrat die aufgeräumte Küche. Im Schein einer Öllampe saß Lea am Tisch und sah ihr entgegen. Sie hatte Sarah erwartet. Stumm deutete sie auf einen Hocker, und ebenso stumm ließ sich Sarah darauf nieder. Sie schaute Lea an, doch bevor sie etwas sagen konnte, begann diese zu reden. Sie wirkte gefasst, die Worte kamen beinahe sachlich über ihre Lippen, sie schien die Ruhe selbst zu sein. So verhielt sich jemand, der sich im Recht wusste.
    » Es sind ihre Augen. In Al-Andalus hätte man sie als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt«, begann sie. » Das müssen wir hier nicht befürchten, dem Ewigen sei Dank. Dennoch steht ihr Ungemach bevor. Jetzt ist sie noch zu klein, aber sobald sie größer wird, werden sich die Geister ihrer bemächtigen. Sie wird Bilder sehen und Stimmen hören. Ihr blaues Auge wird nach vorn schauen können, in noch weit entfernte Zeiten. Das dunkle aber wird die Geister der Verstorbenen, die keine Ruhe finden, erblicken, sie werden zu ihr kommen, zu ihr sprechen . Sie wird zu den Besessenen gehören, die arme Kleine.«
    Sarah kämpfte gegen Übelkeit und Angst. » Lea! Was redest du für einen

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