Purpurfalter
eisigen Nordwinde von ihr fern hielt. Doch der Wind war trotz des natürlichen Schutzwalls kalt genug, um sie permanent erbeben zu lassen. Oder war es Furcht? Furcht vor den Kreaturen der Nacht, die sich in Valkenhorst heimisch fühlten? Vor den Häschern Schomuls, die ihr hinterhergaloppieren könnten, um sie einzufangen? Nein! Sie hatte ihre Schuld beglichen. Vor aller Augen hatte sie sich lächerlich gemacht. Nun war sie wieder die dumme, wohlgenährte Tochter des Königs.
„Der Ruhm, den ich während der Reise nach Frostlande errang, ist bereits verblichen“, murmelte Loreena verbittert.
Würde das Volk der südlichen Krisis Lomas folgen? Lomas, der Hoffnungsträger. Lomas, der mit den Vampiren auf der Wolfsburg die Unterjochung Ingrimms feierte.
Loreena kämpfte gegen die Tränen an. Vielleicht hatte das Gefängnis aus Eis aus ihrem Bruder einen anderen Menschen gemacht, der in Frieden leben wollte. Oder er besaß keine Kraft mehr, um zu kämpfen. Besonders da er sah, wie sein Vater sich mit den Blutsaugern arrangierte. Was auch immer seine Gründe waren, der Anblick des auf der Wolfsburg feiernden Lomas schmerzte Loreena zutiefst. An was sollte sie noch glauben? Alle Hoffnungen schienen vernichtet.
Plötzlich schrak sie auf. Sie setzte sich kerzengerade in den Sattel. Wolfsgeheul! Aus dem Graupel Wald ganz in ihrer Nähe. Wie konnte sie nur so stur und leichtsinnig sein und alleine nach Küstenmark reiten? Während sie zu den im Wind tanzenden Baumwipfeln sah, hielt sie kurz den Atem an. Schweißperlen tropften trotz der nächtlichen Kühle von ihrer Stirn. Loreena wischte sie schluchzend weg. Erneut gab sie ihrem Gaul die Sporen.
„Komm schon!“ Sie beugte sich vor, sodass ihr Oberkörper fast auf dem Pferdehals lag. „Dort hinten liegt bereits die Grenz-Siedlung Markscheid. Wir schaffen es. Reite geschwind…“
Wolfsgeheul unterbrach Loreenas Worte. Dunkle Gestalten krochen geduckt zwischen den Tannen hervor. Ihre Augen glühten in der Finsternis wie heiße Kohlen. Die Bestien kamen näher. Loreena presste ihre Beine an den Pferdekörper. Die Kreaturen bewegten sich erst langsam, rannten dann aber unerwartet los. Loreena erspähte eine Gestalt, die den anderen zögerlich folgte. Verbissen starrte Loreena in die Dunkelheit. Zuerst schlich der Schemen menschenähnlich zwischen Kiefern und Tannen hervor. Aber je mehr er sich duckte, desto geschmeidiger wurden seine Bewegungen, bis schließlich seine hundeähnliche Silhouette über die Wiese zu ihr hinübergejagt kam.
Die Bestien kamen von überall her. Sie schossen aus dem Graupel Wald auf Loreena zu, standen unvermittelt hinter und vor dem Pferd. Der Gaul bäumte sich auf. Schnaufend kam er zum Stehen und wieherte nervös. Er spürte Loreenas Angst. Amorgenes Tötungsversuchen war sie knapp entgangen und sah nun erneut dem Tod ins Gesicht.
Die Werwölfe umzingelten sie. Hektisch blickte sich Loreena um, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, hoffte auf Hilfe. Nichts! Lediglich Nacht, das Säuseln des Windes und das Knurren der Wölfe. Schomul saß sicher auf der Wolfsburg und lachte sich ins Fäustchen über seinen gelungenen Streich. Amorgene fluchte über die verpasste Chance und Lomas und Wor kümmerten sich einen Dreck um Loreenas Schicksal. Sonst wären die Männer Tides ihr längst gefolgt. Nun musste Loreena einer Horde Werwölfen die Stirn bieten.
Die Wölfe näherten sich jaulend und sabbernd, rot glühende Augen blickten gierig auf Reiterin und Pferd. Der Gaul trippelte unruhig auf der Stelle herum. Loreena befürchtete, dass er sie abwerfen könnte und tätschelte beruhigend seine Mähne. Auf Rettung konnte sie nicht hoffen. War alles vorbei? Hatte sie die Schmach von Amorgenes Vorführung umsonst über sich ergehen lassen?
„Nein!“, schrie Loreena aus voller Kehle.
Überrascht hörten die Wölfe auf zu knurren. Sie reckten ihre Nasen in die Höhe und schnüffelten.
Loreena nahm allen Mut zusammen. „Ihr habt einen Pakt mit Graf Schomul geschlossen. Vergesst das nicht! Auch wenn ihr euren animalischen Instinkten nachgeben wollt, so habt ihr doch Schomul und Fedlor und auch eurem verdammten Rappaschumah gegenüber einen Schwur geleistet.“
Bei dem Wort „Rappaschumah“ horchten die Werwölfe auf. Sie erstarrten in ihrer Bewegung. Kein Jaulen. Kein Knurren. Kein Scharren im Sand des Weges.
Erschrocken über ihre eigenen Worte weitete Loreena die Augen. Sie prüfte die Reaktion ihrer Angreifer. Ihr loses Mundwerk hatte sie ins
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