Purpurfalter
werden. Wütend und gekränkt drehte sie sich um und lief zu ihrem Schimmel zurück. Ihre Zeit würde kommen!
Sie schmiegte sich nachdenklich an den Pferdehals und erschrak, als Klavorn neben sie trat. Er tätschelte den Gaul und strich sich den Schnee von den buschigen Augenbrauen. „Seid nicht erzürnt. In Mogalls Adern fließt junges Blut.“ Er deutete mit dem Haupt auf Föhn. „Dies ist ein besonderer Ort. Graf Schomul ist hier aufgewachsen. Er hat das Leben der Menschen der östlichen Krisis verbessert.“
War Mogall deshalb so aufgebracht? Vergötterte er Schomul? Als sie in der Nacht zuvor mit ihm gesprochen hatte, beschlich sie das Gegenteil. Sie konnte Mogalls Gesinnung nicht ausmachen.
„Das Land ist ein offenes Gefängnis.“ Ihre Blicke trafen sich. Loreena war verwundert, keinen Zorn bei ihm zu erkennen. „Ein Gefängnis ohne Mauern.“
Klavorn schüttelte das Haupt. „Ich sehe es als Koexistenz. Wir geben einander, was wir zum Leben brauchen.“
„Ihr zwingt sie dazu!“ Loreenas hektische Gesten beunruhigten den Schimmel. Nervös tänzelte er und wieherte.
Leise Worte säuselnd streichelte Klavorn seine Mähne und das Pferd beruhigte sich. „Ich sehe ein gesundes Gleichgewicht und hoffe, Ihr werdet es ebenfalls bald bemerken.“ Er nickte ihr zu und tauchte in der Siedlung unter.
Zu gleichen Zeit kehrten Mogall und Wor von dort zurück. Hatte ihr Vater sich dazu hinreißen lassen Blut zu trinken? Fast freundschaftlich schlenderten sie nebeneinander. Loreena entgingen nicht die abfälligen Blicke der Krieger. Würden sie immer noch für ihn kämpfen, nachdem er endgültig zum Vampir geworden war? Sie durften nicht vergessen, dass der König dies alles für sein Volk tat. Lomas war einer von ihnen. Lomas war ein angesehener Mann. Ihm würden sie folgen.
Erleichtert sah sie, wie sich die Wege von Vampir und König trennten und jeder zu seinesgleichen ging. Ein freundschaftliches Lächeln flog über Mogalls Gesicht, als wollte er sich versöhnen. Loreena konnte ihn nicht durchschauen.
Wor näherte sich ihr. „Du solltest deine Grenzen nicht ausloten, Tochter.“ Schwerfällig schwang er sich in den Sattel und schrie: „Es ist Zeit aufzubrechen.“
Sie zuckte aufmüpfig mit den Schultern. Es stimmte sie milde zu sehen, dass ihr Vater noch immer erschöpft und matt war – der Beweis, dass kein Tropfen Blut seine Kehle hinuntergeflossen war. Loreena bestieg ebenfalls ihr Pferd, sowie alle Männer Ingrimms. Die Vampire strömten aus Föhn und schwangen sich auf die Rappen.
„Nordalp ruft.“ Wors Kampfgebrüll klang schwach. „Firn ruft! Lomas wollen wir nicht länger warten lassen.“
Das Corps setzte sich in Bewegung gen Norden. Mogall bildete erneut die Spitze. Vermummt ritt er voran, tief nach vorne gebeugt, um dem aufkommenden Wind zu trotzen. Der Nieselregen wurde zu Schneeregen. Peitschende Ostwinde fochten mit den Böen des Nordens auf der Einöde zwischen Föhn und Nordalp. Tief hingen die Wolken. Beschwerlich kam der Trupp vorwärts. Die Siedlung verschwand hinter Schneegestöber. Vor und hinter dem Tross nur Schnee, Sturm und Kälte.
Plötzlich gab Wor seinem Pferd die Sporen. „Bleib du hier.“ Weit nach vorne geneigt, mit dem Kopf fast auf dem Pferdehals liegend, ritt er gegen den Sturm an bis zur Vorhut und gesellte sich zu Mogall.
Loreena hob erschrocken den Kopf und der Wind wehte ihre Kapuze fort. Windböen zerzausten ihr Haar. Sie konnte kaum sehen und hielt sich die Hand über die Augen. Wieder einmal suchte ihr Vater die Nähe des Vampirs. Was ging auf dieser Reise vor sich? Sollte Mogall im Auftrag Graf Schomuls ihren Vater bekehren oder wechselte Wor seine Gesinnung mit der voranschreitenden Wandlung? Loreena würde ihn schon an seine Wurzeln und Ziele erinnern.
Sie zog wieder ihre Kapuze über und wischte sich den Schnee aus dem Gesicht. Gerade als sie ihrem Schimmel die Sporen geben wollte, um zwischen Mogall und Wor Position zu beziehen, ritt Klavorn ihr in den Weg.
Als könnte der alte Zausel meine Gedanken lesen, fluchte sie innerlich.
Klavorn zog die Kapuze weiter über seine buschigen Augenbrauen. „Kommt, Loreena. Ich erzähle Euch eine Geschichte über Frostlande, damit Ihr die Bastarde einzuschätzen wisst.“ Verwundert setzte sie zu einem Protest an, doch der Vampir begann leise zu erzählen, ja, er flüsterte fast. Loreena konnte kein Wort verstehen. Der Wind trug die Silben fort. Sie lauschte angestrengt, bemüht seiner Geschichte zu folgen,
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