Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
wollte ihn nicht kränken, nicht laut gegen Trost rebellieren, der ihr suspekt und zu glatt war.
»Ich werde zu diesem Treffen gehen«, war Stephan entschlossen. »Es gibt nichts zu verlieren. Und Dr. Trosts Kanzleiangebot behalte ich natürlich im Auge. Heute haben sich zwei Chancen aufgetan, die zu ignorieren mehr als dumm wäre.«
»Warum tut Dr. Trost das?«, fragte sie weiter. »Warum macht er dir solche Angebote?«
»Es ist, wie es ist«, antwortete er, ohne zu antworten. Er wollte keine Gelegenheiten hinterfragen, die wie aus dem Nichts kommend plötzlich am Horizont leuchteten.
»Manchmal ergeben sich zufällig Kontakte, aus denen unerwartet etwas Großes wird«, erklärte er den Zufall. »Vielleicht ist es die Chemie zwischen uns, vielleicht hat er in mir auch nur jemanden entdeckt, der seiner Kanzlei nach seinem Ausscheiden eine Perspektive geben kann. Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es einfach nur mein Glück, das jetzt bei mir anklopft.«
Er blickte beschämt zu Boden. Es ging tatsächlich nur darum, einmal berufliches Glück zu haben. Warum wollte Marie nicht verstehen, dass er es sich nicht erarbeiten konnte?
»Du hast nie Strafrecht machen wollen«, erinnerte Marie.
»Aber vielleicht ist diese Sichtweise falsch. Vielleicht lässt sich mit Strafrecht Geld verdienen. Letztlich bin ich doch nur deshalb zu Maxim Wendel nach Werl gefahren, weil ich hoffe, mit diesem Fall etwas verdienen zu können.«
Marie war aufgestanden und ordnete umständlich Lebensmittel aus einer Einkaufstüte in ein Regal ein.
»Du redest fremd«, meinte sie irritiert. »Du bist zu Wendel gefahren, weil dich seine dauernde Schreiberei letztlich doch berührt hat. Das war der eigentliche Funke! Es ging in erster Linie nicht darum, ob du mit Strafrecht etwas verdienst oder nicht. Wie redest du denn plötzlich?«
»Nein, in erster Linie hoffe ich auf einen Verdienst«, widersprach Stephan. »Mein Interesse steht an zweiter Stelle. Ich bin nicht in der komfortablen Situation, mir meine Fälle auszusuchen. Wendel hat mich durchschaut. Er weiß, warum ich hungrig auf seinen Fall sein muss. Vielleicht erkennst du nicht, dass ich mittlerweile wie eine ausgemergelte Hyäne hinter Fällen herlaufen muss, damit ich die Gebühren verdienen kann, die mich über Wasser halten. Bloßer Idealismus ist naiv und bringt kein Geld. – Ich gehe jedenfalls nächsten Mittwoch zu diesem Treffen«, wiederholte er trotzig und griff nach der auf dem Tisch stehenden Flasche Wein.
»Du wolltest die Eheleute Brandstätter besuchen«, sagte Marie.
»Frau Brandstätter ist dement, Herr Brandstätter inzwischen verstorben. Aber es wäre auch müßig gewesen, sie zu befragen«, befand Stephan, schenkte sich ein Glas Wein ein und leerte es in einem Zug.
»Irgendetwas ist heute mit dir passiert«, war sich Marie sicher und schüttelte den Kopf.
Stephan nickte. »Als ich den fetten Löffke im künstlichen Sturm sah, wusste ich, dass ich die Weichen anders stellen muss. Bevor es zu spät ist, verstehst du das nicht, Marie? Ich kann mit dieser Witzfigur nicht weiter zusammenarbeiten. Seine Albernheiten fallen auch auf mich zurück.«
»Wie wäre es mit einem Erfolg in der Sache Wendel?«, fragte Marie scharf. »Er scheint dich nicht mehr sonderlich zu interessieren.«
»Maxim Wendel …« Stephan winkte ab.
»Ich werde mit dem Vorsitzenden Richter sprechen, der Wendel damals verurteilt hat«, sagte Marie. »Er heißt Froog, wie sich aus dem Urteil ergibt. Ich habe alles gelesen. Im Internet findest du auch ein Bild von ihm. Es gehört zu einem Zeitungsartikel, der über seine langjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Richterrats am Dortmunder Landgericht berichtet. August Froog heißt der Mann. – Kennst du ihn?«
Stephan schüttelte den Kopf.
»Du willst nicht ernsthaft mit dem Richter sprechen«, ereiferte er sich. »Was willst du ihn denn fragen? – Haben Sie ein Fehlurteil gesprochen, Herr Froog? Sind Ihnen nicht Zweifel an der Täterschaft Wendels gekommen? Wie stellst du dir das denn vor?«
»Du solltest diese Fragen nicht so abtun.«
»Du wirst mich lächerlich machen«, prophezeite Stephan knapp.
»Lass mich tun, was ich tun will«, gab Marie verärgert zurück. »Ich treffe Froog am nächsten Mittwochmorgen. Und du wirst mich nicht daran hindern. Besauf’ dich nur weiter und bemitleide dich! – Ich erkenne dich im Moment nicht wieder!«
»Es gibt mittlerweile auch Partnerschaftsagenturen, die nur die Besten untereinander
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