Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
Achseln. Es beunruhigte sie sichtlich, dass sie ihren Erwartungen nicht gerecht wurde. Rebus lächelte ihr noch einmal aufmunternd zu.
»Was ist mit dem Mann, für den sie arbeitete?«, fragte Claverhouse. »Dem, bevor sie nach Edinburgh kam?« Darüber hatte sie eine Menge zu erzählen, und während sie redete, fasste sie sich immer wieder mit den Fingern ans Gesicht. Colquhoun nickte, unterbrach sie von Zeit zu Zeit, damit er übersetzen konnte.
»Ein großer, starker Mann... dick. Er war der Boss. Irgendwas mit seiner Haut... ein Muttermal vielleicht, auf jeden Fall etwas Auffälliges. Und eine Brille, so wie eine Sonnenbrille, aber nicht ganz.«
Rebus beobachtete, wie Claverhouse und Ormiston einen weiteren Blick tauschten. Es war alles viel zu vage, um wirklich etwas nützen zu können. Colquhoun blickte wieder auf seine Uhr. »Und Autos, viele Autos. Besagter Mann hat sie zu Schrott verarbeitet.«
»Vielleicht hatte er eine Narbe im Gesicht«, mutmaßte Ormiston.
»Eine Brille und eine Narbe dürften uns kaum allzu weit bringen«, fügte Claverhouse hinzu.
»Meine Herren«, sagte Colquhoun, während Candice zu Rebus hinübersah, »so Leid es mir tut, ich muss jetzt gehen.«
»Besteht die Chance, dass Sie später noch einmal vorbeikommen, Sir?«, fragte Claverhouse.
»Sie meinen, heute?«
»Ich dachte, vielleicht heute Abend...?«
»Hören Sie, ich habe auch andere Verpflichtungen.«
»Das ist uns bewusst, Sir. Zunächst einmal wird DC Ormiston Sie in die Stadt zurückfahren.«
»Mit Vergnügen«, sagte Ormiston, der Charme in Person. Schließlich brauchten sie Colquhoun. Sie mussten ihn bei Laune halten.
»Noch eins«, sagte Colquhoun. »In Fife gibt's eine Flüchtlingsfamilie. Aus Sarajevo. Die würden sie wahrscheinlich bei sich aufnehmen. Ich könnte sie fragen.«
»Danke, Sir«, erwiderte Claverhouse. »Vielleicht später, ja?« Colquhoun wirkte enttäuscht, als Ormiston mit ihm den Raum verließ.
Rebus ging zu Claverhouse, der gerade seine Fotos einsammelte.
»Ziemlich komischer Kauz«, meinte Claverhouse.
»An die reale Welt nicht gewöhnt.«
»Auch nicht sonderlich hilfreich.«
Rebus sah zu Candice. »Was dagegen, wenn ich mit ihr ein bisschen an die Luft gehe?«
»Was?«
»Nur für eine Stunde.« Claverhouse starrte ihn an. »Sie ist die ganze Zeit hier eingesperrt gewesen, und das Einzige, was sie erwartet, ist das Hotelzimmer. Ich setz sie in einer Stunde, anderthalb Stunden, dort wieder ab.«
»Bringen Sie sie ja intakt zurück, vorzugsweise mit einem Lächeln im Gesicht.« Rebus winkte Candice zu sich.
»Japaner und Golfplätze«, sagte Claverhouse nachdenklich. »Was halten Sie davon?«
»Telford ist Geschäftsmann, wie wir wissen. Und Geschäftsleute machen mit anderen Geschäftsleuten Geschäfte.«
»Er vermietet Rausschmeißer und Spielautomaten: Was haben Japaner damit zu tun?«
Rebus zuckte die Achseln. »Die schwierigen Fragen überlasse ich grundsätzlich Leuten wie Ihnen.« Er öffnete die Tür.
»Ach, und John?«, sagte Claverhouse in warnendem Ton und nickte in Richtung Candice. »Sie gehört dem Crime Squad, okay? Und vergessen Sie nicht: Sie haben sich an uns gewandt.«
»Kein Problem, Claverhouse. Und übrigens, ich bin Ihre Verbindung zur Abteilung B.«
»Seit wann?«
»Mit sofortiger Wirkung. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie Ihren Chef. Das hier mag Ihr Fall sein, aber Telford arbeitet in meinem Revier.«
Er fasste Candice am Arm und führte sie aus dem Zimmer. Er hielt an der Ecke der Flint Street.
»Es ist okay, Candice«, sagte er, als er ihre Unruhe bemerkte. »Wir bleiben im Auto. Es ist alles in Ordnung.« Sie blickte hektisch um sich, hielt nach Gesichtern Ausschau, die sie nicht sehen wollte. Rebus ließ den Wagen wieder an und fuhr los. »Schau«, sagte er, »wir fahren weg.« Im Wissen, dass sie ihn nicht verstand. »Ich könnte mir vorstellen, dass ihr an dem Tag von hier aus losgefahren seid.« Er sah sie an. »An dem Tag, als ihr nach Juniper Green gefahren seid. Die Japaner dürften in einem Hotel im Zentrum gewohnt haben, in irgendeinem teuren Laden. Ihr habt sie abgeholt und seid dann in östlicher Richtung gefahren. Vielleicht über die Dalry Road?« Es war ein reines Selbstgespräch. »Herrgott, ich weiß es nicht. Hör mal, Candice, was immer du siehst, was immer dir bekannt vorkommt -sag's mir, okay?«
»Okay.«
Hatte sie verstanden? Nein, sie lächelte. Sie hatte bloß auf das letzte Wort reagiert. Sie wusste lediglich,
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