Regina schafft es doch
Kattenbüttel? Die einzige Verbindung, die sie mit Kattenbüttel hatte, war, daß sie Porzellan von der Porzellanfabrik dort gesehen hatte, Mortensen hatte ab und zu kleine Porzellanfiguren von dort.
Dann öffnete sie den Brief.
„Kattenbüttel, 26. August
Liebe Regina Frank!
Ich weiß gar nicht, ob Du Dich von der Akademie in Kopenhagen noch an mich erinnerst – vielleicht aber doch? Du weißt, das rothaarige jütländische Mädchen, das Du immer so schwer Verstehen konntest, wenn es richtig Aalborgisch redete? Ja, ganz recht, Jytte Petersen, die jetzt Deutsche geworden ist und Jytte Boock heißt. Vor einem Jahr heiratete ich meine große deutsche Liebe. Er ist Funker und befindet sich augenblicklich auf der verkehrten Hälfte des Erdballs und kommt erst im Herbst zurück. Und ich sitze in der kleinen Werkstatt in der Porzellanfabrik von Kattenbüttel und mache Kunst! Hast Du unsere Aschbecher, mit Turteltauben drauf, gesehen, hast Du unsere kleine graue Miezekatze und unseren Bambi gesehen? Alles miteinander mein Werk. Mit anderen Worten, ich arbeite hier als festangestellte Modelliererin, und es macht riesigen Spaß. Ich kam vor anderthalb Jahren her, und hier lernte ich meinen Mann kennen – und dann war’s auch schon geschehen!
Wir haben eine süße kleine Puppenwohnung von zwei Zimmern, wo ich zur Zeit allein sitze und die Ohren hängen lasse. Was allerdings nicht mehr allzu lange dauern wird, denn in sechs Wochen bekomme ich ein Kind.
Du bist natürlich völlig platt und begreifst kein bißchen von dem, was ich Dir hier erzähle und warum ausgerechnet Dir. Einen Augenblick mal, Regina, es kommt gleich.
Gestern sah ich in der Zeitung ein Bild von Deinem herrlichen ,Fackelträger’ – nein, ist der schön, ja, Du kannst lachen! Unsereins sitzt hier und macht anonyme Miezekatzen! Nun also, ich sah Deinen ,Fackelträger’ und Deinen Namen, und plötzlich kam mir ein Gedanke: Ob Regina Frank mir nicht in meiner Not helfen kann?
Es ist nämlich so: ich möchte so furchtbar gern zu meinen Eltern nach Hause fahren, dort mein Kind bekommen und bleiben, bis mein Mann nach Hause kommt. Ich bin sehr einsam hier im Dorf. Du weißt, wenn man seine feste Arbeit und außerdem einen Haushalt zu versorgen hat, bleibt nicht viel Zeit, Bekanntschaften zu machen und Geselligkeit zu pflegen.
Aber Du magst es glauben oder nicht, hier in der Fabrik kann man meine Wenigkeit kaum entbehren! Ja, wie findest Du das? Nun, es ist ja nicht leicht, im Handumdrehen eine Modelliererin zu finden, um so weniger, als es sich nur um eine Vertretung von etwa drei Monaten handelt.
Die Bildhauer, die etwas können, bedanken sich, und die anderen können wir nicht brauchen.
Du verstehst, Regina: sobald ich eine brauchbare Vertretung stellen kann, darf ich nach Hause fahren; und wenn ich es nicht kann, dann – ja, dann kann ich eben nicht nach Hause fahren, um es kurz und bündig zu sagen.
Da wollte ich Dich nun fragen – es kostet ja nichts, zu fragen – , ob Du Dich für diese Sache erwärmen könntest? Wenn Du Dich dafür interessierst, so würde ich vorschlagen, daß Du ein paar Proben Deiner Kunst in einen Koffer packst und für einen Tag herkommst, die Fahrt ist ja nicht weit. Ich habe meinem Chef von Dir erzählt, und er war interessiert, durch Mortensen kennt er Deinen Namen.
Das Gehalt ist gut, die Arbeitsverhältnisse sind angenehm, Du könntest außerdem in meiner Wohnung mietfrei wohnen.
Liebe Regina, ich würde überglücklich sein, wenn Du kämst.
Ich ahne nicht, wie Deine Adresse ist, schicke diesen Brief aber durch Mortensen, der ganz sicher weiß, wo Du zu finden bist. So viele Bildhauer gibt es ja wohl nicht in Eurer Stadt?
Wohnt Katrin nicht auch in Deiner Gegend? Ich kenne Ihre schicken Keramiksachen sehr gut. Sie ist wirklich tüchtig, diese Person. Uh, wie muß sie mit ihrer Keramik verdienen! Grüß sie vielmals. Sie war immer so nett und lustig.
Die besten Grüße von Deiner Jytte Boock.“
Diesen Brief bekam Katrin sofort zu lesen. Mit glänzenden Augen reichte sie ihn der Freundin zurück.
„Dies kommt wie vom Himmel gesandt, Regina. Gott segne Jytte Petersen, ich meine Boock – und auch ihre Nachkommenschaft. Steck die Zahnbürste in den Koffer und fahre morgen!“
„Findest du wirklich, Katrin?“
„Ich habe noch nie in meinem Leben etwas so richtig gefunden und aus aufrichtigstem Herzen dazu geraten. Es wird scheußlich öde sein ohne dich, aber ich wäre ein Biest und
Weitere Kostenlose Bücher