Reispudding mit Zimt (German Edition)
der Küche steht ein Tisch für das Personal. Ich setzte mich auf eine Stuhlkante. Der Chef holt eine Thermoskanne und zwei Becher und setzt sich mir gegenüber.
Während er uns Kaffee eingießt, beäugt er mich kritisch. „Also, du sagst du kannst kochen? Wo bist du ausgebildet worden? Mir erscheinst du noch ziemlich jung.“
„Ich bin fast zeanzig. Ich komme aus Hamburg. Dort habe ich mehrere Jahre in einem großen Haushalt gekocht.“ So. Das klingt doch Okay. Es ist ziemlich in die Sahne gehauen, aber trifft irgendwie schon zu. Soll ich auch meine „Ausbildung“ bei Frau Thelen erwähnen? Warum nicht. Es geht schließlich um die Wurst. Also füge ich hinzu: „Zusätzlich habe ich einen dreijährigen Kochkurs absolviert.“
„Wo?“
„In einer anerkannten deutschen Schule.“ Wow, klingt richtig gut.
„Und kannst du noch weitere Qualifikationen vorweisen?“
„Ja. Außerdem habe ich eine Lehre bei einer erfahrenen englischen Köchin gemacht.“ Jetzt kreuze ich meine Finger hinter meinem Rücken. „Gemacht“ ist schon übertrieben. Im Prinzip bin ich immer noch dabei. Jeden Mittag bei Gladys, bevor ich dann zum „Black Anchor“ muss.
Der Chef nimmt einen großen Schluck von seinem Becher. Dabei sieht er mich über den Rand an. „Würdest du dich trauen, in so einem großen und etablierten Restaurant wie diesem den Chef de Partie zu machen? Mein Sous Chef ist stiften gegangen, aber ich möchte den Posten noch nicht so gerne vergeben, vielleicht kommt er zurück und ist dann muffig mit mir, dass ich so schnell Ersatz gefunden habe.“
Jetzt will ich gerade von meinem Becher trinken, verschlucke mich aber auf höchst unwürdige Weise. Der Chef de Partie! Das ist der sogenannte Postenchef. Normalerweise kommt man nur über eine längere Lehrzeit zu diesem Rang. Mein Herz wummert in meinem Brustkorb. Das ist der totale Wahnsinn. Mit so viel Glück habe ich nicht gerechnet. Der Mann muss schon sehr verzweifelt auf Personalsuche sein, um mir ohne nennenswerte Referenzen solch einen Job anzubieten. Aber immerhin – es ist Hauptsaison. Wenn ein Chef um diese Zeit Personalmangel hat, kann er lange nach Ersatz suchen. Verständlich ist die Sache schon.
Chef de Partie bei einem Sternekoch. Der Wahnsinn.
Ich setze meinen Becher ab. „Was würden Sie mir so in etwa bezahlen?“
„Wäre dreizehntausend Pfund im Jahr Okay?“
Mir wird schwindelig. Dreizehntausend Pfund. Das sind mehr als tausend Euro im Monat. Ein festes Gehalt. Ich werde nicht mehr dumm dastehen, weil mein Vater mir einen Unterhalt verweigert. Ich glaube, die Begeisterung ist in meinem Gesicht deutlich zu sehen, denn der Chef hält eine Hand hoch, um meinen Freudentaumel zu bremsen.
„Natürlich sprechen wir hier noch nicht über eine feste Anstellung. Ich möchte mir eine Probezeit einräumen von – sagen wir – drei Monaten. Dann sehen wir weiter.“
„Fein“, sage ich, „damit bin ich einverstanden.“
„Gut“, der Chef steht auf, „wann kannst du anfangen?“
Mir fällt ein, dass ich offiziell noch bei Humphrey angestellt bin. Ich werde heute Abend noch hingehen und bei ihm kündigen. Heute ist Samstag.
„Sonntag?“
„Ja, prima“, sagt er. „am Montag ist zwar Ruhetag, aber da können wir über das Konzept des Restaurants sprechen und über die Speisekarte. Also dann – bis Sonntag. Elf Uhr geht es los.“
Ich drücke ihm die Hand, winke Gregory zu und verabschiede mich aus dem Lokal.
Draußen empfängt mich blendender Sonnenschein. Am Strand tollen Kinder, während die Eltern sich auf Liegestühlen sonnen. Weiße Segel leuchten wie verstreute Schmetterlingsflügel auf dem blauen Meer bis zum Horizont. Ich schwebe praktisch nach Hause. Das Leben ist wieder schön.
Am Abend gehe ich mit einem weinenden, einem lachenden Auge zum „Black Anchor“. Einerseits habe ich die Arbeit nicht besonders gemocht und Humphrey durchgängig verabscheut. Andererseits ist dies der Ort, wo ich Chris wieder entdeckt habe und wiederholt getroffen habe. Nun werden unsere Wegen wohl endgültig auseinander gehen. Ich glaube nicht, dass die Musiker, auch wenn sie noch so „talentierte verwöhnte Snobs“ sind, ihren Treffpunkt zum „Seaview“ verlagern werden. Das macht mich traurig. Trotz des hohen Ausmaßes an Peinlichkeit, mit dem unser letztes Treffen befrachtet war, kann ich Chris immer noch nicht aus meinem Herzen verbannen.
Mein Plan ist es, erst den Abend hinter mich zu bringen, und dann Humphrey meinen Abschied
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