Reispudding mit Zimt (German Edition)
der für die kleinen Gäste des Lokals angelegt zu sein scheint, damit die Eltern am Abend in Ruhe essen können, während die Kleinen sich auf der Schaukel oder im Sandkasten vergnügen.
Als ich wieder einmal aufsehe, kann ich feststellen, dass tatsächlich Kinder im Sandkasten sitzen und dort buddeln. Süß, denke ich. Nette kleine Jungs.
Gregory weist mich darin an, wie ich bestimmte Filetsteaks zu marinieren habe. Ich höre ihm genau zu und bereite dann die Marinade zu. Als ich damit fertig bin, sehe ich wieder hinaus. Jetzt ist eine Frau bei den Kindern. Das Sonnenlicht fängt sich in einem Ohrläppchen der Mutter und ein Blitz reflektiert davon ab.
Da erkenne ich die kleine Truppe; es ist die schöne Liz und die Zwillinge. Chris' Stiefmutter und seine Halbbrüder. Ob ich wohl auch gleich Chris zu Gesicht bekommen werde?, denke ich. Aber der ist bestimmt in seiner „Peter Grimes“ Probe. Mit klopfendem Herzen denke ich an den wundervollen vergangenen Abend und hoffe inständig, dass er den Weg hier her zum Hotel finden wird. Er weiß ja, wo ich bin.
Mittlerweile ist es früher Nachmittag.
Die Tür zur Küche geht auf und der Chef persönlich betritt die Küche.
„Ach, hallo“, begrüßt er mich. Es klingt ein wenig zerstreut, als habe er vergessen, dass es mich überhaupt gibt. „Na, wie sieht es aus? Läuft hier alles Okay?“
Er besieht sich unsere bisherige Arbeit. Er nimmt eine meiner tournierten Kartoffeln aus dem Topf, wo sie schon im Wasser auf ihren Kochprozess warten und dreht sie kritisch hin und her. Dann nimmt er eine andere heraus und sieht sie auch an. Er wirft beide wieder in das Wasser und nickt anerkennend. „Das sieht doch ganz manierlich aus. Hast du dir die angeguckt, Greg? So sehen gut tournierte Kartoffeln aus. Das nächste Mal machst du sie und lässt dir von Anna zeigen, wie sie das gemacht hat.“
Das Lob tut mir gut. Mein erstes Lob von einem Sternekoch.
Er zieht sich seine Kochuniform an und macht sich daran, das Fleisch und den Fisch aus dem Kühlschrank zu nehmen, um es zu präparieren. Mir fällt auf, dass sowohl Fisch als auch Fleisch aus versiegelten Plastikfolien kommen. Als der Chef gerade seinen Rücken zu mir gedreht hat, lese ich die Aufdrucke.
Wow. Das ist aller edelste und kostbarste Ware. Aus Frankreich. Das muss schon in der Anschaffung ein Vermögen gekostet haben. Trotzdem finde ich es ein wenig eigenartig, dass es offensichtlich alles Importware ist. Dabei gibt es in England doch auch gute Fleisch und Fischwaren, die sicherlich um Einiges billiger sind. Vielleicht muss ich noch viel lernen. So geht es in Luxusrestaurants wohl immer zu.
Der Chef sieht auf und betrachtet die spielenden Kinder und Liz. Er hält in seiner Arbeit inne und sah ihnen selbstvergessen zu. Er sieht traurig aus. Was ist mit ihm? Ich kann das Alles nicht deuten.
Nach einer Weile lehnt er sich über den Küchentisch, zieht ein Fenster auf und gestikuliert zu der Frau. Die sieht die Bewegung und guckt fragend in unsere Richtung.
„Hey,“, ruft er, „hast du ein Auge auf den Kleinen? Er läuft gerade zum Strand herunter.“
Liz war gerade mit dem anderen Jungen beschäftigt gewesen und hat es nicht gemerkt.
Sie winkte zurück und eilte hinter dem Ausreißer her.
Grantley macht das Fenster wieder zu und arbeitet weiter.
„Na, da wird die junge Mutter aber froh sein, dass Sie das zufällig gesehen haben“, sage ich im Plauderton.
„Wieso 'die junge Mutter'“, sagt er irritiert, „Das ist doch Liz.“
„Ja, Sie kennen sie anscheinend“, lächle ich.
Nun sieht der Chef mich so an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
„Wäre ja auch seltsam, wenn es nicht so wäre“, sagt er, „schließlich ist sie meine Frau.“
Auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
Ach so ist das! Deswegen hat Chris so seltsam reagiert, als ich gesagte habe, dass ich im
„Seaview“ arbeiten werde. Neben mir an dieser Theke, in weißer Uniform und Kochmütze, steht sein Vater.
Meine Gefühle wirbeln durcheinander.
Gestern habe ich noch seinen Sohn geküsst. Weiß er das? Sicher nicht. Was würde er davon halten, wenn er es wüsste?
Ich muss auch denken, wie seltsam es doch ist, dass die beiden Männer, von denen für mich persönlich und beruflich so gut wie alles abhängt, so eng verwandt sind. Vater und Sohn.
Ist es überhaupt klug unter den gegebenen Umständen für Adrain Grantley weiter zu arbeiten? Man soll doch Privates und Berufliches säuberlich trennen.
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