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Reispudding mit Zimt (German Edition)

Reispudding mit Zimt (German Edition)

Titel: Reispudding mit Zimt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Ellen
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seinen Michelin Stern eingebracht hat, denke ich mir.
    Nun holt er ein makellose Trüffelknolle aus dem Kühlschrank. Die Knolle ist mit Sicherheit so im Stück mehrere hundert Pfund wert. Ganz langsam und fast zärtlich hobelt er auf jede Portion die dunklen, duftenden Pilzflocken.
    Inzwischen sind neue Gäste gekommen. Nadine heftet mehrere Zettel mit weiteren Essensbestellungen an die dafür vorgesehene Leiste. Mir schwindelt. Es sind so viele Dinge, die wir auf einmal machen müssen. Nun kommt Nadine schon wieder mit Bestellungen.
    „Es läuft heute ganz gut“, sagt sie, „eine ganze Gruppe unangemeldeter Gäste ist gerade noch gekommen“, dann verschwindet sie wieder.
    Gregory und ich sind jetzt aufs Äußerste belastet. Wir werfen uns gegenseitig einen gestressten Blick zu.
    Adrian verziert noch die Vorspeise.
    Nadine kommt wieder in die Küche. „Chef“, sagt sie, „die erste Gruppe Gäste beschwert sich. Sie sagen, dass sie nun schon mehr als eine halbe Stunde auf die Vorspeise warten.“
    Adrian richtet sich jäh auf und funkelt sie böse an. „Sag ihnen, dass sie sich, verdammt nochmal, gedulden sollen. Schließlich ist dies hier ein Qualitätsrestaurant und kein Schnellimbiss!“
    Nadine sieht ihn stumm an, ringt mit den Händen und verschwindet wieder.
    Ich riskiere einen Blick durch die Tür zum Gastraum, bevor sie wieder zuschwingt. Da sitzen eine Menge Leute. Alle haben Getränke auf dem Tisch. Noch Keiner hat einen Bissen zum Essen.
    Endlich geht die Vorspeise heraus.
    Adrian macht sich daran, die Hauptspeisen anzurichten. Ich rühre in allen Töpfen auf einmal und schwenke nebenbei noch zwei Pfannen. Gregory rennt hin und her wie ein wild gewordenes Huhn und schleppt Teller herbei, hackt frische Kräuter, verteilt Salat auf Teller, bringt dem Chef die Pfeffermühle und ist überall gleichzeitig.
    Adrian drapiert nun in aller Ruhe Fleisch auf die Teller und bastelt dekorative Verzierungen drauf und drum herum.
    Nadine steht wieder in der Küche und räuspert sich.
    „Chef? Tisch 2 hat noch nichts zu essen!“ Es klingt wie ein verzweifeltes Flehen.
    Er sieht nur kurz auf und schnaubt aus. Dann bastelt er weiter.
    Irgendwie habe ich den Eindruck, dass etwas hier in dieser Küche grundsätzlich nicht so funktioniert, wie es eigentlich sollte.
    Ich sehe zu Gregory hinüber. Er rollt nur mit den Augen, macht eine Grimasse und arbeitet weiter.
    Er und ich machen so ziemlich alle Arbeit in dieser Küche, denke ich mit einem Mal bitter. Wenn wir nicht da wären, wäre die Katastrophe komplett. Einerseits ist es ein schönes Gefühl, so gebraucht zu sein, aber andererseits sind wir bis zum Zusammenbrechen belastet. Ich kann mir in meiner wildesten Fantasie nicht ausdenken, wie es hier in der Küche zugegangen ist, als der Sous Chef gekündigt hatte und Gregory und Adrian alleine klarkommen mussten.
    Es ist tatsächlich erst weit nach Mitternacht, als unsre Arbeit getan ist und wir die Küche so weit aufgeräumt haben, dass wir einkehren können. Adrian hat sich gegen Elf verabschiedet und uns die übrige Arbeit machen lassen.
    Da hätten Gregory und ich uns im Prinzip noch freimütig über den Verlauf des Abends unterhalten können, aber ich bin todmüde und fühle mich so, als stünde ich unter dem Einfluss einer Schlafdroge. Gregory geht es wohl ähnlich.
    Ich denke an Morgen. Morgen ist Montag, eigentlich unser Ruhetag, aber Adrian hat versprochen, mit mir über die Speisekarte und die Betriebsverläufe im Lokal zu sprechen.
    Und ich denke an Chris, Adrians Sohn. Ob er von seinem Vater auch diesen extrem peniblen Perfektionismus geerbt hat, der ihn so lähmend langsam macht? Denn genau das, denke ich mir, ist das Problem in diesem Laden.
     
    Am nächsten Morgen schlafe ich so lange, dass Gladys nach mir gucken kommt. Sie bringt mir eine Tasse Tee ans Bett und zieht die Vorhänge zurück, so dass das Sonnenlicht mir auf das Gesicht fällt.
    „Ich dachte, ich gucke mal, ob du nicht in der Nacht gestorben bist“, stichelt sie. „Es ist gleich halb Elf.“
    Ich bin sofort hellwach. Halb Elf! In einer halben Stunde muss ich im „Seaview“ sein.
    Ich kippe den Tee viel zu schnell und heiß hinunter und schwinge meine Beine aus dem Bett.
    Gladys hat sich auf dem Stuhl neben meinem Bett niedergelassen.
    „Musst du wirklich so schnell weg?“, fragt sie enttäuscht, „Du hast mir doch versprochen, dass du mir alles erzählen willst.“
    Ich wühle mir mit beiden Händen durch die Haare und sehe sie

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